Bosch und Rivian: Warum sie um 200 Millionen Dollar streiten

Rivian befindet sich in einem Rechtsstreit mit dem weltgrößten Automobilzulieferer Bosch über die Motoren des Pick-ups R1T und des SUVs R1S. Bosch behauptet, Rivian habe sich geweigert, 204 Millionen Dollar an Rückerstattungen zu zahlen, nachdem der Autohersteller den Vertrag über die Lieferung von E-Motoren gekündigt, die Produktion ins Haus geholt und den Zulieferer mit gestrandetem Kapital und einem großen Loch in den Einnahmen zurückgelassen hatte.

Rivian wiederum wirft Bosch „rücksichtslose Versäumnisse“ im Rahmen des Motorenliefervertrags vor und machte Bosch für Produktionsengpässe verantwortlich, die dazu führten, dass im Jahr 2022 rund 30.000 Fahrzeuge weniger hergestellt wurden als geplant.

Die Anschuldigungen zwischen Rivian und Bosch sind Teil einer juristischen Fehde, die im Juli begann, als der Zulieferer Rivian wegen Vertragsbruchs verklagte. Rivian reagierte daraufhin am selben Tag mit einer eigenen Klage, in der ebenfalls Vertragsbruch und Schadensersatz in einer noch zu bestimmenden Höhe geltend gemacht wurden, wie aus den Akten des Wayne County Circuit Court in Detroit hervorgeht.

In der Zwischenzeit gehen die Probleme mit den E-Motoren von Rivian weiter. In diesem Monat senkte das Unternehmen seine Produktionsprognose für den R1T, R1S und Transporter aufgrund eines Mangels an Komponenten für die hauseigenen Motoren.

Sowohl Rivian als auch Bosch gaben gegenüber der Crain's Detroit Business Erklärungen ab, in denen sie es ablehnten, den Rechtsstreit zu kommentieren. Die Anwälte von Bosch, vertreten durch Dykema Gossett PLLC, und Rivian, vertreten durch Honigman LLP, reagierten nicht auf Bitten um Stellungnahme. Eine Anfrage der Automobilwoche bei Bosch selbst blieb ebenfalls erfolglos.

Streitigkeiten zwischen Automobilherstellern und Zulieferern sind keine Seltenheit, aber nur selten enden sie in Gerichtsverfahren.

Der Fall zwischen Rivian und Bosch bietet einen Einblick in die Produktionsprobleme, die Rivian geplagt haben. Er verdeutlicht auch die zunehmende Komplexität der Beziehungen zwischen Automobilherstellern und Zulieferern.

2019 unterzeichneten Rivian und Bosch eine Vereinbarung über die Entwicklung, Produktion und Lieferung von E-Motoren. Der Motor ist eine entscheidende Komponente für Elektrofahrzeuge, die einige Autohersteller selbst kontrollieren wollen, während andere Tier-1-Zulieferer damit beauftragt haben. Der neuartige Vierfach-Motor von Bosch war komplexer und teurer als andere Optionen, bot aber mehr Leistung, Drehmoment und Traktionskontrolle.

Nachdem Rivian bis 2021 durch einen Börsengang zwölf Milliarden US-Dollar eingenommen hatte, konzentrierte sich das Unternehmen auf den Ausbau der Produktion, wurde jedoch durch Probleme in der Lieferkette behindert.

Bosch hat der Klage zufolge Millionen von Dollar in Technik und Werkzeuge in einem Werk in Deutschland investiert, wo es zunächst mit der Produktion von E-Motoren für Rivian begann. Darüber hinaus hat Bosch in einem Werk in South Carolina eine 30.000 Quadratmeter große Produktionslinie aufgebaut.
 

„Angesichts dieser beträchtlichen Investitionen und der Tatsache, dass es sich bei Rivian um ein Start-up handelte, das noch nie zuvor Fahrzeuge hergestellt hatte, verpflichtete sich Rivian vertraglich dazu, Bosch alle nicht amortisierten Kosten zu erstatten, sollte Rivian das Programm vorzeitig beenden“, heißt es in der Klage.

Im September 2023 kündigte Rivian den Vertrag, nachdem sich das Unternehmen monatelang nicht zu seinen zukünftigen Plänen für die Produktion von E-Motoren geäußert hatte, so die Klage. Bosch hatte einen Vertrag über die Lieferung von 200.000 Motoren im Jahr 2024 abgeschlossen und seine Produktionsanlagen waren voll ausgelastet.

Gleichzeitig hatte Rivian seine eigenen E-Motoren und die Antriebseinheit in einem System namens Enduro entwickelt, das nur zwei Motoren hat und diese mit dem Getriebe und dem Wechselrichter kombiniert, was für den Automobilhersteller eine erhebliche Kosteneinsparung bedeutet.

Bosch beschuldigte Rivian, „heimlich“ zu planen, das gesamte Bosch-Geschäft durch das Enduro-System zu ersetzen, obwohl dem Zulieferer gesagt wurde, dass es parallel zu seinem Programm oder in späteren Fahrzeuggenerationen laufen würde.

Bosch zufolge waren die Produktionsprobleme von Rivian hauptsächlich auf einen Mangel an Halbleitern zurückzuführen und nicht auf einen Mangel an E-Motoren, wie der Automobilhersteller in seiner Gegenklage behauptet. Rivian verlor 30.000 bis 40.000 Dollar pro Fahrzeug und wollte unbedingt die Herstellungskosten senken, weshalb es die Motoren extern bezog, argumentiert Bosch.

„Rivians Entscheidung, die Kosten zu senken und ein neues Produkt zu entwickeln, mag zwar verständlich sein, doch kann Rivian nicht einfach seine vertraglichen Verpflichtungen zur Erstattung der Kosten an Bosch ignorieren“, heißt es in der Klageschrift.
Bosch behauptet, dass es zwar einen Engpass bei der Herstellung von E-Motoren gab, dieser aber auf ein fehlerhaftes Bauteil von einem anderen, von Rivian beauftragten Lieferanten zurückzuführen war.

Laut der Klage wird die Bosch-Produktiionslinie in South Carolina nun gereinigt und verpackt, ohne dass es eine alternative Verwendung oder einen Kunden gibt.

Rivian schildert den Ablauf der Geschichte anders. „Das Herzstück des Fahrzeugdesigns von Rivian waren vier Elektromotoren“, heißt es in der Gegenklage des Autoherstellers. „Um diese unternehmenskritischen, maßgeschneiderten Motoren zu liefern, wandte sich Rivian an den größten und etabliertesten Zulieferer von Kraftfahrzeugteilen der Welt: Bosch. ... Das war ein Fehler.“

Der Zulieferer investierte „unzureichende Ressourcen“ und setzte „unqualifiziertes Personal“ für das Programm von Rivian ein, was dazu führte, dass der Zulieferer die Mengenanforderungen dramatisch verfehlte, so die Klage. Bis Ende 2022 hatte er nur 101.000 Motoren geliefert, also weniger als die Hälfte des Bedarfs für das Jahr.

Bosch hat die Produktionslinien von Rivian an einem entscheidenden Punkt des Hochlaufs „abgewürgt“, was zu einem „katastrophalen“ Schaden für die Finanzen und den Ruf des Unternehmens führte, so die Klage. Der Hersteller von Elektrofahrzeugen behauptet, Bosch habe vielen Unternehmen gleichzeitig zu hohe Versprechungen gemacht, was dazu führte, dass das Unternehmen nicht liefern konnte.

„Bosch ging ein kalkuliertes Risiko ein, indem es mehreren Start-ups für Elektrofahrzeuge zu hohe Versprechungen machte, in der Annahme, dass zumindest einige von ihnen bald scheitern würden“, heißt es in der Klageschrift. Der Zulieferer habe "offenbar jugendliche Praktikanten eingestellt, die mit Taschenlampen an der Linie standen, um die Qualität zu kontrollieren“, heißt es in der Klageschrift.

Was die Behauptungen über die mangelhaften Teile angeht, die das Produktionsproblem der E-Motoren verursachten, argumentiert Rivian, dass sich die Lieferungen bereits vor diesem Problem verzögert hätten, und nennt dies eine „bequeme Ausrede für Boschs Versagen“. Rivian hat eigenen Angaben zufolge „Millionen“ ausgegeben, um einen anderen Lieferanten für das problematische Teil zu finden.

In der Klage wird ein Brief von Patrick Hermann, dem damaligen Beschaffungsdirektor von Rivian, an Bosch zitiert, in dem es heißt, dass das Versäumnis, Motoren zu liefern, „die größte Bedrohung für den Erfolg unseres Unternehmens“ sei. Rivian teilte Bosch im September 2023 mit, dass das Unternehmen den Vertrag über die Lieferung von E-Motoren beenden und die Fertigung selbst übernehmen werde.

„Um die Kosten niedrig zu halten und Rivian mehr Kontrolle über seine eigene Lieferkette zu geben, um zu verhindern, dass Lieferantenprobleme Rivians Produktion in Zukunft einschränken“, heißt es in der Klage.

Dieser Artikel ist zuerst bei der amerikanischen Automobilwoche-Schwester Automotive News erschienen. Er wurde von KI übersetzt und von einem Redakteur der Automobilwoche bearbeitet.