ZF: Großauftrag von Nio für Steer-by-Wire-Lenkung

ZF stattet das Elektro-Flaggschiff ET9 des chinesischen Herstellers Nio mit der neuesten Generation seines Steer-by-Wire-Systems aus. Zum Lieferumfang gehören Lenkrad- und Lenkgetriebeaktuator sowie die dazugehörige Software. Die Limousine fährt damit ohne mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Vorderrädern.

Bereits Anfang des Jahres hatte ZF einen Großauftrag im Bereich Brake-by-Wire-Bremssysteme bekannt gegeben. Fast fünf Millionen Fahrzeuge eines weltweit agierenden Fahrzeugherstellers werden mit elektromechanischer Bremstechnologie des Zulieferers ausgestattet.

Das Unternehmen verfügt mit seiner Anfang des Jahres neu gegründeten Division „Chassis Solutions“ über ein Portfolio rein elektronisch gesteuerter Lenkungen und Bremsen, sowie über geregelte Dämpfungssysteme. Diese bilden in Kombination mit der ZF-eigenen Software cubiX die Basis für das software-definierte Fahrzeug.

„Schon heute liefern wir Kunden die Lenkung der Zukunft. Mit unserem serienreifen Steer-by-Wire-Lenksystem starten wir die Ära des software-definierten Fahrzeugs“, erklärte Peter Holdmann, Mitglied des ZF-Vorstands und verantwortlich für die Division Chassis Solutions. „Damit etabliert sich ZF als Technologieführer in diesem Bereich und ermöglicht Automobilherstellern wie Nio neue Freiheiten bei Design, Komfort, Fahrfunktionen und Sicherheit.“

Auch Danilo Teobaldi, Principal Chief Engineer bei Nio, sieht in der Steer-by-Wire-Technologie „ein Schlüsselelement für das softwaredefinierte Fahrzeug“. In diesem Zusammenhang verweist er auf die bereits im Jahr 2022 begonnene strategische Partnerschaft mit dem Unternehmen vom Bodensee, um die Technologie zu industrialisieren.

Beim Steer-by-Wire-Lenksystem von ZF ist ein mechatronischer Aktuator zwischen den Rädern die einzige Quelle der Lenkkraft. Eine mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Lenkgetriebe entfällt. Die Steuerbefehle gibt ein Lenkradaktuator im Cockpit, der über eine entsprechende Drehwinkelsensorik verfügt.

Über einen elektrischen Antrieb – die sogenannte Torque-Feedback-Unit – werden laut Zulieferer das natürliche Lenkgefühl und die Rückmeldung von der Straße reproduziert. Dabei passe das ZF-System die Lenkübersetzung individuell an, sodass bei unterschiedlichen Fahrgeschwindigkeiten oder -situationen die Übersetzung des Lenkradwinkels zum Radeinschlagswinkel „optimal angepasst“ wird.

Auch die Entwicklung neuer, kompakterer Lenkräder, bei denen Fahrerinnen und Fahrer beim Einparken nicht mehr umgreifen müssen, sei möglich. In Summe führe dies zu einer erheblich besseren Manövrierbarkeit, da sich der Lenkradwinkel beim Einparken oder bei langsamen Fahrmanövern reduziert. Kombiniert mit der ZF-eigenen mechatronischen Hinterradlenkung AKC soll auch bei E-Fahrzeugen mit verlängertem Radstand der Fahrkomfort deutlich steigen.

Neben Nio setzt ein zweiter Automobilhersteller die Lenk-Technologie im industriellen Maßstab ein. Auch in Europa gibt es Kundenaufträge für das Steer-by-Wire-System, erklärte ZF. Um das Potenzial im künftigen Fahrwerksgeschäft auszuschöpfen, hatte ZF im Januar 2024 die Divisionen „Aktive Sicherheitstechnik“ und „Pkw-Fahrwerktechnik“ zu einer Einheit zusammengeführt.