Automobilzulieferer: "Die größten Auswirkungen auf die Beschäftigung liegen noch vor uns"

Europas Automobilzulieferer werden auch im kommenden Jahr massiv Stellen streichen. „Hauptproblem ist für unsere Branche der viel zu langsame Hochlauf der Elektromobilität“, sagte der Präsident des Verbandes der europäischen Automobilzulieferer (CLEPA), Schaeffler-Manager Matthias Zink, der Automobilwoche.

Große deutsche Konzerne wie Bosch, ZF und Continental haben bereits den Abbau mehrerer Tausend Stellen angekündigt. CLEPA-Generalsekretär Benjamin Krieger befürchtet, dass die angekündigten Entlassungen in der Branche nicht die letzten sein werden. „Die größten Auswirkungen auf die Beschäftigung liegen wahrscheinlich noch vor uns", sagte er.

„Die Lage ist bedenklich. Zwei Drittel unserer Mitglieder erreichen nur eine Marge von weniger als fünf Prozent, ein Viertel schreibt sogar rote Zahlen“, sagte Zink, der die Sparte Powertrain & Chassis beim deutschen Autozulieferer Schaeffler leitet.

„Mit solchen Margen ist die Transformation zum elektrischen Fahren nicht zu schaffen. Die Unternehmen verdienen zu wenig, um die notwendigen Investitionen für die Transformation zu finanzieren“, warnte er. Europas Autobranche drohe deshalb an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren.

Der Verbandschef forderte die Autohersteller auf, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein. „Wir müssen wieder in ein Fahrwasser kommen, in dem Innovationen belohnt werden. Die aktuelle Unwucht zwischen OEM und Lieferant hat auf Dauer keine Zukunft.“

Die Branche erlebe eine ungewöhnliche Ballung von Problemen, die noch nicht bewältigt seien, erklärte Zink. „Die zahlreichen Verwerfungen der jüngeren Zeit, geopolitische Krisen, Lieferkettenprobleme, steigende Energie- und Rohstoffpreise, bestehen trotz punktueller Verbesserungen im Wesentlich weiter.“

Dennoch sieht der CLEPA-Präsident auch Grund zur Zuversicht: „Ich gebe Europa nicht auf. Mit unseren Tugenden – Innovationen und Pioniergeist – werden wir diese Krise meistern.“

CLEPA-Generalsekretär Krieger rechnet vor: Seit 2020 seien in der Branche in Europa bereits rund 86.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Auch netto – unter Berücksichtigung neuer Jobs in neuen Arbeitsfeldern – übersteige der Stellenabbau den Zuwachs.

„Trotz der Prognosen, dass bis 2025 mehr als 100.000 neue Arbeitsplätze geschaffen würden, ist in der Realität ein Nettoverlust von fast 56.000 Stellen zu verzeichnen“.

Deutschland ist dabei besonders betroffen. 2024 wurden bis Juli weitere 32.000 Jobstreichungen angekündigt. Krieger: „Das übertrifft die schlimmste Zeit der Pandemie und macht deutlich, dass die größten Auswirkungen auf die Beschäftigung wahrscheinlich noch vor uns liegen.“