Seine Konzepte sollen die Produktion von Audi fit machen für die Zukunft. Gerd Walker, der das Ressort Produktion und Logistik im Februar von Peter Kössler übernahm, ist aber auch kurzfristig gefordert. Das Exklusiv-Interview mit Audis Mann der Werke.
Herr Walker, seit Februar führen Sie bei Audi das Vorstandsressort Produktion. Angesichts der Ausfälle in den vergangenen Monaten müsste Ihr Bereich derzeit wohl eher "Keine Produktion" heißen.
Gerd Walker: So schlimm ist es nicht. Natürlich bekommen wir wie alle Unternehmen in der Branche die Versorgungsprobleme und die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu spüren, aber wir geben alles dafür, um möglichst viele Autos produzieren zu können, und haben in der ersten Jahreshälfte sehr gute Ergebnisse erzielt. Wir sind noch nicht auf dem Niveau der Zeit vor der Pandemie, aber unsere Jahresziele bleiben ambitioniert.
Was haben Sie in den kommenden Monaten vor?
Die zweite Jahreshälfte haben wir voll ausgeplant. Das heißt, dass wir unserer Kundschaft die bestellten Fahrzeuge so schnell wie möglich ausliefern. Natürlich haben wir aktuell noch nicht die Lieferzeiten, die wir uns vorstellen – aber das lässt sich aufgrund der globalen Situation nicht vermeiden. Trotzdem bleiben wir flexibel, sodass wir auch kurzfristig mehr Autos bauen können.
Viel schwerer beherrschbar wird ab Herbst die Situation rund um die Gasversorgung Ihrer Werke. Droht ein kompletter Produktionsstopp?
Wir haben verschiedene Szenarien entworfen. Als Richtwert kann man sagen, dass wir mit rund 20 Prozent weniger Gas auskommen könnten. Das gelingt uns über entsprechende technische und organisatorische Lösungen. Aber damit sind wir noch nicht da, wo wir hin müssten, falls das Gas knapp werden würde.
Das heißt?
Das heißt, dass wir Ersatzbrennstoffe beschafft haben, die uns bei der Wärmeversorgung flexibler machen. Wir haben keine so großen eigenen Tanks an unseren Standorten, dass wir Brennstoffe für den täglichen Betrieb auf Dauer vorhalten können, aber wir haben uns zumindest eine Reserve gesichert. Das hätten wir in normalen Zeiten nicht gebraucht. In Ingolstadt, zum Beispiel, decken wir knapp die Hälfte unseres Wärme- und Energiebedarfs mit Gas. So sind wir etwas flexibler.
Wie ist es mit den Fertigungsanlagen an sich?
Wenn die Versorgung mit Gas knapp werden sollte, fehlen uns als Automobilhersteller vor allem die Prozessgase, also Brennstoff für unsere Lackiererei, die thermische Nachverbrennung oder unsere Aushärteöfen, die mit Gas betrieben werden. In diesem Bereich gibt es nicht so schnell alternative Brennstoffe, die eingesetzt werden könnten. Das wäre die Mindestmenge an Gas, die wir brauchen – ungefähr ein Zehntel dessen, was wir normalerweise an Gas für Wärme verbrauchen. Eine Umstellung auf elektrische Öfen wäre nur langfristig möglich und auch nur dann sinnvoll, wenn sie mit Ökostrom betrieben werden.
Gibt es ein Szenario, bei dem Sie die Temperatur in den Werken absenken, aber die Produktion am Band weiterläuft?
Das wäre sicherlich eine Maßnahme, die wir erst ganz zuletzt ergreifen würden. Und selbstverständlich würden wir in diesem Fall zuerst mit der Arbeitnehmervertretung sprechen. Eine Absenkung der Temperatur könnte aber ab Spätherbst ein Thema werden – nicht nur in der Produktion, auch in unseren Büros. Das ist tatsächlich einer der Bestandteile der ermittelten 20 Prozent Einsparungspotenzial. Und besser, als gar nicht mehr zu produzieren.