Die Verantwortlichen geizen nicht mit Superlativen: „Die Qualifizierung der Mitarbeiter ist eine Aufgabe von historischer Dimension“, so Continental-Personalvorständin Ariane Reinhart. „Wir starten in Zwickau eine der größten Qualifizierungsoffensiven der Automobilindustrie“, sagt Dirk Coers, Personalchef bei VW Sachsen.
Sie sprechen dabei von der Qualifizierung der Mitarbeiter für die Digitalisierung in der Produktion, für die Fertigung von elektrischen und mit immer mehr Elektronik ausgestatteten Fahrzeugen.
Das geht ins Geld. „Bei der Qualifizierung von nur 20 Prozent der Belegschaft in Deutschland über einen Zeitraum von neun Monaten entstünden Kosten in Höhe von einer Milliarde Euro“, rechnet Reinhart vor. Das dürfte vor allem Mitarbeiter umfassen, die von Anlernjobs zu Fachkräften weitergebildet würden und von Fachkräften in der Produktion, die für zunehmende IT-Anforderungen fit gemacht würden.
Continental könne angesichts der hohen Kosten eine „bedarfsgerechte Qualifikation nicht alleine leisten“, sagt Reinhart und fordert eine „vernünftige Lastenteilung“. Die Mitarbeiter sieht sie in der Pflicht, auch Freizeit in ihre Qualifizierung zu investieren.
Continental geht die Weiterbildung unter anderem mit dem neu gegründeten Institut für Technologie und Transformation an, das ab September Un- und Angelernten eine IHK-zertifizierte Weiterbildung ermöglicht und später Weiterbildungen für alle Mitarbeiter in Deutschland anbieten soll. Auch die Standorte sind aktiv. So wurden in Regensburg Ausbildungsgänge initiiert, um Ungelernte zu Elektronikern für Betriebstechnik, Fachkräften für Lagerlogistik und Mechatronikern weiterzubilden.
Bosch hat in den vergangenen fünf Jahren über eine Milliarde Euro in die Weiterbildung investiert, 280 Millionen davon 2018. 600.000 Tage hätten Beschäftigte 2018 in Seminaren und Webinaren verbracht und fast ebenso viel Zeit in Selbstlern-Trainings – 17 Prozent mehr als im Vorjahr. In der Fertigung bietet Bosch Weiterbildungen für ungelernte wie ausgebildete Mitarbeiter an, etwa den mit der IHK erarbeiteten Lehrgang zur Fachkraft für Industrie 4.0, der 104 Stunden umfasst.
Bei Daimler verbrachte 2018 jeder Mitarbeiter im Durchschnitt 3,2 Tage in Schulungen. Dafür gab Daimler allein in Deutschland 123 Millionen Euro aus. Für Produktionsmitarbeiter geht es dabei sowohl um Digitalisierung als auch um die E-Fahrzeug-Produktion.
Ein riesiges Einzelprojekt setzt das VW-Werk in Zwickau um, wo ab November der ID.3 vom Band läuft. Das Werk wird mit allen 8000 Mitarbeitern komplett von Verbrenner-Fertigung zur „digitalen Vorzeigefabrik“ für die E-Fahrzeug-Produktion umgestellt. Die erste Qualifizierungswelle mit 13.000 Trainingstagen soll 2019 beendet werden. Aktuell sind gut 60 Prozent davon abgehakt.
VW sprich von der „größten Qualifizierungsoffensive in der Unternehmensgeschichte“. Rund 1500 Mitarbeiter erwerben eine Hochvolt-Qualifikation unterschiedlichen Umfangs. 3000 Mitarbeiter werden zu anderen Elektrothemen in der Produktion geschult. Die Schulungen dauern von wenigen Tagen bis zu zwei Jahre.„Insgesamt haben wir 306 verschiedene Schulungsthemen identifiziert, zu denen wir Mitarbeiter entsprechend dem jeweiligen Bedarf qualifizieren“, sagte Holger Naduschewski, Kopf der Zwickauer Trainingsprogramme, der Automobilwoche. Einer der Aspekte ist auch die steigende Automatisierung. In der bislang noch wenig automatisierten Montage soll sie auf etwa 30 Prozent verdoppelt werden.
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