Kräftiger Gegenwind für Auto1

Der Gebrauchtwagenhändler Auto1 bekommt kräftig Gegenwind. Nach rückläufigen Absatz- und Umsatzzahlen im zweiten Quartal hat die Onlineplattform ihre Erwartungen fürs Gesamtjahr leicht nach unten angepasst. Für die Branche könnte dies ein Warnsignal sein.

Insgesamt verkaufte der Gebrauchtwagenhändler im zweiten Quartal 2023 rund 142.000 Fahrzeuge. Im Jahresvergleich entspricht dies einem Minus von knapp 15 Prozent.

Deutlich stärker als die Absatzzahlen sanken die Erlöse: Zwischen April und Juni 2023 erzielte die Auto1-Gruppe einen Umsatz von 1,34 Milliarden Euro, im zweiten Quartal 2022 waren es noch 1,74 Milliarden Euro.

Auf Jahressicht ist Auto1-Chef Christian Bertermann nun skeptischer: Insgesamt rechnet er mit einem Absatz von 625.000 Gebrauchten (+/- 5 Prozent), zuvor ging die Gruppe von bis zu 690.000 Gebrauchtwagen aus.

Die Börse äußerte sich mit Skepsis und schickte die Aktie auf Talfahrt: Im Laufe des Tages lag die Aktie zeitweise mit mehr als elf Prozent im Minus. Seit dem Börsengang Anfang 2021 rauschte das Wertpapier um knapp 85 Prozent in den Keller.  

Auch andere spüren das schwierige Umfeld in der Branche. Doch als Großhändler bekam die Auto1-Gruppe die Entwicklung bereits frühzeitig mit. Die Preise im B2B-Geschäft ging bereits Ende vergangenen Jahres zurück.

Jetzt bekommt es zunehmend der Einzelhandel zu spüren. „In Deutschland gehen die Preise im Retail Market derzeit Schritt für Schritt nach unten“, sagte Bertermann im Analysten-Call. Sprich: Wollen die Händler ihre Gebrauchten verkaufen, müssen sie aufgrund der schwachen Nachfrage die Preise senken.

Allerdings ist die Entwicklung nicht europaweit einheitlich. So haben die Preise für Gebrauchtwagen in Frankreich eine andere Entwicklung.

Den schwierigen Marktbedingungen begegnete Auto1 mit einer besseren Aufstellung und effizienteren Strukturen. Gespart wird beispielsweise am Markenaufbau, in den Auto1 viel Geld investierte: Das Sponsoring von Paris Saint German und Hertha BSC Berlin hat die Plattform auslaufen lassen.

Die Investition will sich Bertermann künftig sparen: „Wir haben mittlerweile eine hohe Markenbekanntheit, die wollen wir nun halten.“ Dafür reicht ein kleines Marketingbudget. Ein Grund dürfte allerdings auch sein, dass sich der gestrauchelte Wettbewerber Cazoo in seinen Heimatmarkt Großbritannien zurückgezogen hat.

Stattdessen will der Auto1-Chef in Wachstum investieren. „Wir wollen unseren Kunden einzigartige Erlebnisse bieten und unsere Plattform zum zentralen Anlaufpunkt für Gebrauchtwagen in Europa machen. Damit sind wir in der Lage, einen der größten Märkte der Welt neu zu erfinden.”

Neue Produkte beispielsweise rund um die Finanzierung will Auto1 auf der Plattform integrieren. Zudem will der Gebrauchtwagenhändler seinen Ankauf ausbauen: Europaweit sollen mehr als 1000 kleine Standorte für den Zukauf von Gebrauchten an viel frequentierte Plätze wie Supermärkten hinzukommen.

Aus dem Datencenter:

B2B-Preisentwicklung für Gebrauchtwagen 2015 bis 2023