VW macht Ernst mit autonomem Shuttle

Autonom fahrende Ridepooling-Fahrzeuge gelten als wichtiger Teil der Lösung von Verkehrsproblemen in verstopften Städten. Anders als Robotaxis mit oft nur einem Fahrgast können sie deutlich mehr Passagiere befördern und so für mehr Entlastung sorgen. In Deutschland arbeitet vor allem der Volkswagen-Konzern mit seiner Mobilitätstochter Moia an der Serienreife. Testflotten sind in München und Hamburg unterwegs, um Trainingskilometer abzuspulen und die Zuverlässigkeit zu erhöhen. Zwar ist hier noch ein Sicherheitsfahrer an Bord, doch spätestens ab 2026 soll der Regelbetrieb in der Hafenstadt beginnen.

Der Zeitplan ist ehrgeizig, zumal sich Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN), wo das Programm angesiedelt ist, vor rund einem Jahr vom langjährigen Technologiepartner Argo AI getrennt und auf Mobileye umgesattelt hatte.

VWN-Vorstand Christian Senger, der für das autonome Fahren zuständig ist, sieht darin keinen Nachteil. "Die Erfahrungen, die wir seit 2021 bei der Integration des Selbstfahrsystems in unseren ID-Buzz-Serienfahrzeugen sammeln konnten, haben uns beim Systemwechsel zum neuen Partner sehr geholfen", sagte er der Automobilwoche. Zudem habe man Top-Softwareexperten von Argo AI gewonnen. Diese würden helfen, das Programm mit noch mehr Tempo zu verfolgen und größeres internes Know-how aufzubauen.

Die vollelektrischen ID-Buzz-AD-Fahrzeuge (AD für Autonomous Driving) sind mit Serientechnologie und mit einem Self-Driving-System von Mobileye ausgestattet. Das Fahrzeug bietet Platz für bis zu vier Passagiere. Die Testflotte sammelt dabei Daten in einer Vielzahl von Fahrszenarien. Erprobt wird dabei nicht nur in den deutschen Großstädten München und Hamburg, sondern auch im texanischen Austin.

"Das AD-System kann bereits heute eine beeindruckende Fahrleistung vorweisen, die nur noch sehr wenige Eingriffe durch den Sicherheitsfahrer erfordert", sagt Senger. Zwar sind andere Robotaxi-Anbieter wie die Google-Schwester Waymo oder die GM-Tochter Cruise schon weiter und lassen ihre Fahrzeuge in San Francisco ohne Sicherheitsfahrer rund um die Uhr Passagiere befördern. Doch Unfälle mit Fußgängern vor allem bei Cruise haben das Vertrauen in die Technik jüngst erschüttert und sogar zu einem vorübergehenden Verbot des Dienstes geführt.

"Entwickler haben zu lange außer Acht gelassen, dass es beim autonomen Fahren nicht nur auf perfekte Algorithmen ankommt, sondern auch auf die breite Akzeptanz der Bevölkerung. Und da ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten", sagt Andreas Nienhaus, Automobilexperte und Partner der internationalen Unternehmensberatung Oliver Wyman.

Das soll sich bei Moia nicht wiederholen. Senger ist optimistisch, dass sich Diskussionen wie in San Francisco in Hamburg vor dem Start des Regelbetriebs vermeiden lassen. "Die jahrelange vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Stadt sowie den Einsatzkräften vor Ort ist für uns die wesentliche Grundlage", sagt Senger.

Das Thema Sicherheit habe oberste Priorität. "Um diese zu garantieren, führen wir umfangreiche Validierungs-und Testaktivitäten vor Ort durch und nutzen unseren Testtrack, um besonders herausfordernde und seltene Situationen im Voraus abseits vom öffentlichen Straßenverkehr zu erproben", sagt Senger. Außerdem ist für den Regelbetrieb ein Netz aus mehreren Sicherheitsebenen vorgesehen, welches gefährliche Situationen verhindern soll, bevor sie entstehen. Hierzu gehört laut Senger unter anderem ein sogenanntes Remote Guidance System, also eine Art Einsatzleitstelle, in der das Fahrzeug in schwierigen Verkehrssituationen menschliche Unterstützung erhält.

Aus dem Datencenter:

Umfrage zum Fortschritt beim autonomen Fahren