Was Zulieferer an Tesla schätzen – und was sie nervt

Dass Elon Musk ein Freund deutscher Ingenieurkunst ist, wissen wir nicht erst seit der Übernahme des Sondermaschinenbauers Grohmann Engineering und des Start-ups Wiferion. „Die entscheidenden Dinge, die für Musk bei der Lieferantenauswahl im Vordergrund stehen, sind: Innovationsfähigkeit, eine kurze Time-to-Market sowie ein radikal anderes Denken“, sagt Alexander Timmer, Partner bei der Unternehmensberatung Berylls.

Die Wertschöpfungstiefe von Tesla liegt bei etwa 70 Prozent und damit deutlich höher als bei traditionellen Fahrzeugherstellern mit etwa 30 bis 40 Prozent. „Tesla steht damit etwa auf einer Stufe mit dem chinesischen Hersteller BYD“, sagt Timmers. Während sich viele etablierte Autohersteller etwa damit beschäftigen, Sitzproduktionen auszulagern, setzt der Elektroautopionier in seinem neuen Werk in Grünheide auf eine eigene Fertigung.

Das hat seinen Grund: Der Fahrzeugsitz bekommt bei Tesla für das Klimaempfinden der Insassen und aufgrund des Einflusses auf die Reichweite eine größere Bedeutung. Der Hersteller hat sich ein Verfahren patentieren lassen, wie künftig die Sitzfläche im Rücken über eine zirkulierende Flüssigkeit geheizt oder gekühlt werden kann.

Insgesamt konkurriert die Zulieferbranche bei Tesla um geringere Lieferumfänge als bei traditionellen OEMs. Die Lieferanten, die zum Zuge kommen, gehören zu den besten der Branche. Neben Größen wie Bosch, Valeo oder Yanfeng zählen dazu auch viele versteckte Champions. Darunter der Zulieferer von Hochgeschwindigkeitskabeln Coroplast, Elektronikspezialist Kostal, der Anbieter von Verbindungstechnik Kamax oder der Zulieferer von Zugangssystemen Kiekert.

Doch nicht alle Lieferanten fühlen sich bei Tesla wohl. Auf der einen Seite gibt es Unternehmen, die auf großes Interesse für ihre Innovationen stoßen und in dem Autobauer einen Partner sehen, auf den sie schon lange gewartet haben. Auf der anderen Seite gibt es Zulieferer, die unter den Restriktionen des US-Konzerns unter anderem in puncto Geheimhaltungsauflagen stöhnen. Das gilt laut Branchenexperten vor allem für Bereiche, in denen Tesla eine Alleinstellung hat oder eine solche anstrebt.

„Das Thema Innovationsführerschaft ist den deutschen Zulieferern mehr in die Wiege gelegt als Me-too-Lösungen, wie man sie zum Teil aus Asien kennt“, sagt Berylls-Partner Timmer. Allerdings ließen sich daraus keine Gesetzmäßigkeiten ableiten. „Die Unternehmen müssen differenziert betrachtet werden.“

„Kostenbewusstsein heißt bei Tesla bewusst nicht billig“, sagt Timmer. Das liege jedoch nicht allen deutschen Zulieferern. Eine schnelle Markteinführung und kurze Entwicklungszeiten seien „nicht unbedingt die Paradedisziplin aller deutschen Zulieferer“. Einige chinesische Unternehmen könnten da schneller reagieren.
Ebenso wie bei den Zulieferern für Komponenten und Systeme greift Tesla auch im Anlagenbau und in der Produktionstechnologie in seinen Werken auf das Know-how deutscher Unternehmen zurück. So bezieht der E-Auto-Pionier Industrieroboter von Kuka, Gusstechnik von Siempelkamp, Werkzeuge vom Umformspezialisten Hirschvogel Automotive oder Antriebstechnik für Produktionssysteme von SEW Eurodrive.

Zu den Umfängen, die Tesla vorzugsweise inhouse behält und die zu den strategischen Kernkompetenzen des Autoherstellers gehören, zählt der Anlagenbau. Das ist traditionell eine Stärke deutscher Unternehmen. Es begann bei Tesla mit der Übernahme von Grohmann Engineering, dann folgte das Unternehmen ATW Automation. „Andere, für Tesla wichtige Kompetenzen, holt sich der Fahrzeughersteller durch die Übernahme von Start-ups ins Unternehmen“, sagt Timmer.
So hat der US-Autobauer mehrere kanadische Firmen übernommen. Im Jahr 2021 wurde das Batterie-Start-up SilLion gekauft. Ein zweites Beispiel ist das Unternehmen Springpower, das auf eine wassersparende Kathodenfertigung spezialisiert ist. In diese Reihe passt auch die Übernahme der Firma Hibar Systems, die Systeme für die Herstellung von Akkuzellen entwickelt. Nach Analyse des Berylls-Partners kennzeichnen diese Übernahmen eine Gemeinsamkeit: „Sie wurden weitgehend geräuschlos vollzogen.“

Dazu aus dem Datencenter:

Die 100 umsatzstärksten Automobilzulieferer weltweit 2021

Dieser Artikel stammt aus der Sonderbeilage „20 Jahre Tesla“. Hier erfahren Sie mehr