Im Rahmen der Euro-7-Norm sollen künftig gesundheitsschädliche Stoffe wie Feinstaub, der durch Reifenabrieb oder Bremsen entsteht, erstmalig bei Neufahrzeugen reguliert werden. Nach dem neuen Richtwert dürfen Autos im 8:33 AMP-Zyklus nur noch weniger als sieben Milligramm pro Kilometer Bremsenfeinstaub emittieren. Betroffen sind davon PM10, Partikel mit einem Durchmesser von weniger als zehn Mikrometer. „Die gesetzliche Regelung kommt zwar erst in ein paar Jahren, aber das ist für die Automobilindustrie praktisch übermorgen. Es gibt einen Gesetzentwurf der EU-Kommission, mit dem Stichtag 1. Juli 2025. Das wäre eine Katastrophe für die Industrie“, sagte Phillip Utsch, Geschäftfsführer von HPL Technologies, im Gespräch mit der Automobilwoche. Er rechnet mit einer Einführung für das Jahr 2026 oder 2027 und verweist auf laufende Diskussionen im EU-Parlament.
HPL Technologies hat mit Wecodur ein Laserbeschichtungsverfahren entwickelt, das die Entstehung von Bremsenfeinstaub um bis zu 90 Prozent reduzieren soll. „Bei unserem Verfahren beschichten wir eine Standard-Grauguss-Bremsscheibe. Anschließend wird diese geschliffen, mit Standard-Korrosionsschutz versehen und dann einbaufertig in einem Fahrzeug ohne bauliche Modifikationen eingesetzt.“ Da die bearbeiteten Bremsscheiben künftig kaum noch verschleißen, wird ein auf die Beschichtung abgestimmter Belag benötigt. Dafür arbeitet HPL mit verschiedenen Bremsbelagherstellern zusammen. Utsch ist zuversichtlich, dass der Bremsbelag „vermutlich nur marginal teurer“ wird.
Ideen für weniger Bremsenfeinstaub
Zulieferer entwickeln Verfahren, um die künftigen Grenzwerte für Feinstaub im Rahmen der Euro-7-Norm einhalten zu können. Die Zeit drängt.
Die zusätzlichen Kosten sind abhängig von der Größe und Beschichtung der Bremsscheiben. Je nachdem ob es sich um eine Bremse für einen Kleinwagen oder für ein High-Performance-Fahrzeug handelt, rechnet Utsch mit Mehrkosten für das Beschichten und Finishen der Bremsscheiben zwischen weniger als zehn und bis zu 70 Euro im Vergleich zu konventionellen Bremssystemen.
Doch es gibt weitere Anbieter, die sich auf diesem Feld engagieren. Im Frühjahr hatte Trumpf ein Hochgeschwindigkeit-Laserauftragsschweißen zur Industriereife gebracht und bereits Käufer von Serienanlagen für das Beschichten von Bremsscheiben gefunden. Kundennamen will Trumpf noch nicht nennen. Das Unternehmen liefert in der Regel Laser sowie dazugehörige Optiken und Pulverzufuhrdüsen. Europäische Anlagenhersteller integrieren und verketten diese Komponenten zu kompletten Produktionsanlagen.
Einen anderen Weg geht Mann + Hummel. Gemeinsam mit Partner Hitachi Astemo hat der Filtrationsspezialist einen „passiven Bremsstaubpartikelfilter mit Metallfaservlies“ entwickelt. Dieser sitzt direkt am Bremssattel und fängt die Partikelemission unmittelbar an der Bremse auf. Der Filter lässt sich auf unterschiedliche Bremsengrößen und -konzepte anpassen. Die Vorserienerprobung ist abgeschlossen.