Scholz fordert "realistische Lösungen" für Euro 7

Die geplante Abgasnorm Euro 7 steht in der Branche heftig in der Kritik. Bei seinem Besuch bei VW in Wolfsburg hat sich jetzt auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geäußert – und deutete Unterstützung für die Position der Autobauer an. Der Kanzler war vom Betriebsrat als Gastredner zur Betriebsversammlung eingeladen worden und sprach in Halle 11 vor rund 10.000 Mitarbeitern.

"Natürlich gehört, wenn man die Zukunft gewinnt, dazu, dass man die Gegenwart nicht vergisst", sagte Scholz in seiner Rede. "Deshalb habe ich alles gehört, was hier zu Euro 7 gesagt worden ist und ich sicherlich auch noch gefragt werden werde. Ich kann aber versichern: Die Bundesregierung wird bei dem Blick in die Zukunft die Gegenwart nicht vergessen und immer für realistische Lösungen sorgen, die bewältigt werden können und die dazu beitragen, dass wir unsere wirtschaftliche Kraft als Grundlage für die Erneuerung auch behalten."

Die umstrittene neue EU-Abgasnorm Euro 7 soll starke Verschärfungen bei den erlaubten Emissionen bringen, die allerdings teils komplizierte Technik erfordern und nach Einschätzung der Autobranche vor allem kleine Fahrzeuge verteuern dürften.

Konzernchef Oliver Blume hatte zuvor in seiner Rede an den Kanzler appelliert, die Autoindustrie im Kampf gegen die EU-Pläne zu unterstützen. "Dieser Vorschlag ist zeitlich nicht zu verwirklichen", sagte Blume. "Mit Blick auf den Klimaschutz muss man auch die Frage stellen, warum noch hohe Summen in den Verbrenner investiert werden sollen, obwohl die Technologie ausläuft." Und fügte dann in Richtung Scholz hinzu: "Auch hier setzen wir auf die Unterstützung der Bundesregierung."

Für den Konzern fand Scholz in seiner Rede lobende Worte: "Volkswagen steht wie kaum ein zweites Unternehmen in unserem Land für das 'Modell Deutschland' - für die Verbindung von Hightech 'Made in Germany' und hervorragend ausgebildete Fachkräfte; für unternehmerischen Weitblick und betrieblichen Zusammenhalt; für gute Arbeit und gute Löhne", sagte er. "Hier ziehen Arbeitgeber und Arbeitnehmer an einem Strang. Das ist genau der richtige Weg, mit dem es gelingen wird, Veränderungen gemeinsam umzusetzen und den Aufbruch hin zu einer klimaneutralen Mobilität zu gestalten."

Zuvor hatte der Kanzler am Morgen die Wolfsburger Golf-Produktion besichtigt und sich auch die Ausbildung bei VW angesehen. Begleitet wurde er dabei von Cavallo, Konzernchef Blume, Markenchef Thomas Schäfer, Personalvorstand Gunnar Kilian und Produktionsvorstand Christian Vollmer sowie Niedersachsen Ministerpräsident Stefan Weil (SPD), der auch dem VW-Aufsichtsrat angehört.

Weil zeigte sich anschließend zufrieden mit dem Kanzlerbesuch. "Es war ein gutes und ermutigendes Signal für die VW-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, dass der Bundeskanzler heute nach Wolfsburg gekommen ist", sagte er. "Der vollständige Übergang vom Verbrenner auf die Elektromobilität ist enorm herausfordernd. Wir wollen einen Strukturwandel, keinen Strukturbruch!" Das sei bei VW "ein großer Kraftakt für das Unternehmen und die Beschäftigten, die dabei die Unterstützung durch die Politik brauchen“.

Prominente Gäste aus der Politik sind bei VW-Hauptversammlungen nichts Ungewöhnliches. Zuletzt hatte Ende 2021 Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hier zur Belegschaft gesprochen. Der letzte Kanzlerbesuch auf der Betriebsversammlung liegt aber schon fast 15 Jahre zurück: Angela Merkel kam im September 2008. (mit dpa)

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