Porsche-Chef Oliver Blume und Finanzchef Lutz Meschke sind am Ziel. Der Sportwagenbauer hat den Börsengang erfolgreich vollzogen. Der Ausgabepreis der Vorzugsaktien lag wie erwartet mit 82,50 Euro am obersten Ende der Spanne. Das spricht angesichts der mehr als unsicheren Umfelds für die Anziehungskraft des Unternehmens. "Mit Abschluss des Börsengangs schlagen wir ein neues Kapitel in der einzigartigen Geschichte unseres Unternehmens auf“, sagte Porsche-Chef Oliver Blume, der Seit Anfang September auch den Volkswagen-Konzern leitet. Doch trotz der vielen Stärken schreibt sich die Story für Investoren nicht von selbst, wie unsere Analyse zeigt.
Die Stärken und Schwächen von Porsche
Die Volkswagen-Tochter Porsche betritt am Donnerstag das Frankfurter Börsenparkett. Die Analyse zeigt, wo die Stärken und Schwächen des Unternehmens liegen und was sich mit dem Aufstieg von Porsche-Chef Oliver Blume an die Konzernspitze verändert hat.
FINANZKRAFT: Das wohl größte Argument für einen erfolgreichen Börsengang ist die Finanzkraft von Porsche. Das Unternehmen ist seit vielen Jahren Maßstab der deutschen Autoindustrie bei der Profitabilität. Selbst während der Corona-Krise 2020 gelang es, die strategische Rendite von 15 Prozent zu erreichen. Doch Meschke verspricht mehr. In diesem Jahr sollen 17 bis 18 Prozent vom Umsatz als Gewinn hängen bleiben, 2025 sollen es 17 bis 19 Prozent sein. Langfristig peilt das Unternehmen sogar mehr als 20 Prozent an. Als treibende Faktoren nennt Meschke den guten Produktmix, die daraus resultierende Preisdurchsetzung und die Zwei-Plattform-Strategie bei den rein elektrischen Fahrzeugen, die Kosteneinsparungen bringt. Im Gegensatz zu Nischenherstellern könne man von Skaleneffekten profitieren. „Das Unternehmen hat die richtigen Schlagwörter genannt“, urteilt Bernstein-Analyst Daniel Röska.
AUS EINER HAND: Obwohl manche Analysten die neue Doppelrolle von Oliver Blume als Konzern- und Porschechef kritisch sehen, so hat die Konstellation auch ihre Vorteile. Mit seiner strategischen Neuausrichtung und einem Zehn-Punkte-Plan hat Blume in Wolfsburg bereits viele Sympathien gewonnen. So kann Blume mit Rückendeckung der Eigentümerfamilien und der Porsche Holding SE, in dessen Vorstand auch Finanzchef Lutz Meschke vertreten ist, den Konzern und die Sportwagen-Tochter nun aus einer Hand leiten. Außerdem ist auf diese Weise gewährleistet, dass die Interessen des Sportwagenbauers in Wolfsburg auch angemessen berücksichtigt bleiben. Und eine stabile Führung in Wolfsburg nutzt letztlich auch Porsche. Die unternehmerische Freiheit, die Blume und Meschke versprochen haben, können und müssen sie nun selbst garantieren.
Börsengang im vierten Quartal?
Derzeit ist der Börsengang für das vierte Quartal vorgesehen. 50 Prozent des Grundkapitals der Porsche AG sollen je zur Hälfte in Stammaktien mit Stimmrechten und stimmlose Vorzugsaktien geteilt werden. Nur letztere würden an der Börse gehandelt. Die von den Familien Porsche und Piech kontrollierte Holding Porsche SE als VW-Mehrheitseigner würde mit 25 Prozent plus einer Stammaktie eine Sperrminorität bei wichtigen Entscheidungen erhalten.
MODELLE: Gute Produkte sichern den Erfolg. Porsche hat beim Absatz in der Vergangenheit immer dann einen Schub gemacht, wenn neue Sportwagen auf den Markt gekommen sind. Bestes Beispiel dafür sind die beiden SUVs Cayenne und Macan, die heute mit je über 80.000 Einheiten Volumentreiber sind. Auch der elektrische Taycan erreicht bereits über 40.000 Einheiten pro Jahr und konnte damit sogar die Ikone 911 überflügeln. Mit dem Projekt K1, das Porsche-Chef erstmals offiziell bestätigte, will das Unternehmen in ein neues Segment vorstoßen. „Wir haben die Idee eines sehr sportlich ausgelegten SUV oberhalb des Cayenne, das höhere Margen verspricht“, kündigte Blume an. Das neue Modell könnte 2027 an den Start gehen und soll in Leipzig produziert werden. Es ist vor allem für die Schlüsselmärkte USA und Asien konzipiert.
ELEKTRO-STRATEGIE: Kaum ein deutscher Hersteller setzt so konsequent auf die Elektromobilität wie Porsche. Bis zum Jahr 2030 sollen 80 Prozent der Neuwagen rein elektrisch auf den Markt kommen. Nur die Ikone 911 dürfte dann noch nicht umgestellt sein oder zumindest parallel mit mehreren Antriebsarten laufen. Mit dem Taycan hat Porsche aber bewiesen, dass Sportwagen nicht zwingend einen röhrenden Verbrennungsmotor haben müssen. Es gelingt sogar, neue Kunden für die Marke zu gewinnen. „Porsche kommt als etablierter Hersteller Tesla am nächsten“, sagt Bloomberg Intelligence Analyst Michael Dean. Zudem schafft es Porsche, die Profitabilität trotz teurer Batterie hochzuhalten. Kleine Abstriche gibt es für die Batterietechnologie. Bei der Reichweite ist die Konkurrenz wie etwa Mercedes zum Teil schon weiter.
MARKE: Zu den großen Stärken von Porsche zählt zweifellos die starke Strahlkraft der Marke mit der großen Tradition. Auch beim Kapitalmarkttag ließ es sich Blume nicht nehmen, Ferry Porsches berühmten Satz zu zitieren, wonach er seinen Traumwagen erst selber bauen musste, weil er ihn nicht finden konnte. In den Rankings zum Markenwert oder auch zu den beliebtesten Arbeitgebern taucht Porsche meist auf den vorderen Plätzen auf. Exklusiv, aber nicht abgehoben soll das Image sein – und zahlt damit auf die Profitabilität ein. Denn mit meist limitierten Heritage-Modellen, die sich im Design auf Zitate aus der Vergangenheit berufen, lässt sich gutes Geld verdienen.
HANDEL: Der Vertrieb spielte bei den Präsentationen praktisch keine Rolle, kann aber getrost als Vorteil gewertet werden. So setzt Porsche in den Autohäusern anders als viele Konkurrenten bewusst nicht auf das Agenturmodell. „Die Rolle des Händlers als Gesicht der Marke gegenüber dem Kunden ist bei Porsche wichtiger denn je. Wir setzen sehr stark auf Unternehmertum“, sagte Vertriebschef Detlev von Platen kürzlich im Interview mit der Automobilwoche. Dafür werden sie bei Porsche mit einer guten Rendite entlohnt. Von Platen setzt auf eine motivierte Mannschaft als Teil des Erfolgs.
SOFTWARE: Das mit Abstand größte Problem hat Porsche derzeit mit der Software. Schon länger sind Blume und Meschke mit dem Tempo der zuständigen Konzerntochter Cariad unzufrieden. Statt eine konzernweite Plattform 2.0 zu entwickeln, haben sich Porsche und Audi kürzlich aus dem Projekt verabschiedet. Beide Premium-Töchter setzen nun auf die abgespeckte Variante 1.2, um weitere Verzögerungen etwa beim E-Macan zu verhindern. Dieser soll nun erst 2024 zu den Kunden kommen. Zuvor war von 2023 die Rede gewesen. „Wir werden Teile des Systems übernehmen, aber bei Infotainment und automatisiertem Fahren mit den großen Tech-Unternehmen in den USA und China zusammenarbeiten“, kündigte Meschke an. Diese Partnerschaften müssen aber erst funktionieren, weitere Verzögerungen von Fahrzeugprojekten wie etwa die Elektrifizierung der Zweitürer Boxster und Cayman oder das geplante Luxus-SUV aus Leipzig scheinen daher nicht ausgeschlossen.
VERFLECHTUNGEN: Zwar verspricht Meschke von „unternehmerischer Unabhängigkeit“, die Verflechtungen mit Volkswagen bleiben aber. So wird Porsche beispielsweise bei den Elektroplattformen auf die Scalable Systems Platform (SSP) zurückgreifen, die für den konzernweiten Einsatz ab 2025 entwickelt wird. Wie bei der Software ist Porsche auch hier weitgehend an das Tempo in Wolfsburg gebunden. Da der Konzern auch nach dem Börsengang 75 Prozent der Aktien hält, hat er die Kontrolle. „Ich glaube nicht, dass sich in der Praxis viel ändern wird“, sagte LBBW-Analyst Frank Biller bereits bei der Bekanntgabe der Pläne im Frühjahr.
KONKURRENZ: Mit seiner Profitabilität war Porsche schon immer ein Vorbild für die anderen deutschen Premiumhersteller. Insbesondere Mercedes mit seiner Luxusstrategie und Marken wie EQ, AMG und Maybach will sich nun ebenfalls deutlich höher positionieren als bisher. BMW und Audi ziehen nach. Die Luft im von Porsche beanspruchten Segment dürfte in Zukunft also deutlich dünner werden.
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