Eine Wette auf die Zukunft

In den letzten Wochen des Jahres haben einige Zulieferer ihre Aktivitäten im Bereich Brennstoffzelle noch einmal forciert. So hat der Zulieferer ElringKlinger erst vor wenigen Tagen mit EKPO, einem Gemeinschaftsunternehmen von ElringKlinger und Plastic Omnium, und dem chinesischen Systemintegrator DR Powertrain eine Partnerschaft vereinbart. Im Fokus steht die Entwicklung von Brennstoffzellensystemen für den Automotive-Bereich aber auch andere Anwendungen für den chinesischen Markt.

In einem früheren Interview mit der Automobilwoche hatte ElringKlinger-Vorstandschef Stefan Wolf darauf verwiesen, dass beim chinesischen Fünf-Jahres-Plan ein drastischer Wandel von der batterieelektrischen hin zur Brennstoffzellentechnologie erkennbar sei. Partner Plastic Omnium sieht sich gut gerüstet und unterhält im chinesischen Wuhan bereits ein Zentrum für Forschung und Entwicklung im Bereich Wasserstoff.

Zudem hat Plastic Omnium vor einem Monat eine Zusammenarbeit mit dem österreichischen Entwicklungsdienstleister AVL beschlossen. Die beiden Unternehmen wollen bei der Entwicklung von Wasserstoff-Systemen des oberen und mittleren Leistungsbereichs zusammenarbeiten. Plastic Omnium verspricht sich davon eine schnellere Markteinführung von verschiedenen Wasserstoff-Systemen für alle Fahrzeugkategorien. Die Komplettsysteme liegen im Leistungsbereich von zehn bis 200 kW. Potenzielle Kunden sollen Fahrzeughersteller und Flottenbetreiber sein.

Wolf ist jedenfalls davon überzeugt, dass das Thema Brennstoffzelle zwischen 2025 und 2030 Fahrt aufnehmen wird. Neben Anwendungen im Bereich Nutzfahrzeuge erwartet er, dass Brennstoffzellensysteme vor allem in großen SUVs und Luxusfahrzeugen eingesetzt werden. Plastic-Omnium-Chef Laurent Favre rechnet damit, dass sich die Kosten für den Brennstoffzellenstack bis 2030 auf ein Fünftel reduzieren lassen.

Auch Faurecia-Chef Patrick Koller will den Konzern zu einem führenden Anbieter im Bereich Brennstoffzelle machen und verweist dabei auf die Systemkompetenz des Unternehmens. Um der Technologie zum Durchbruch zu verhelfen, arbeitet Faurecia mit dem Reifenhersteller Michelin zusammen. Koller räumt der Wasserstofftechnologie im Pkw-Bereich gute Chancen ein, auch wenn er eine zeitliche Prognose für den Durchbruch für schwierig hält. Er prognostiziert, dass bis zum Jahr 2030 rund 30 Prozent der produzierten Fahrzeuge vollelektrisch sein werden. Davon könnten etwa ein Sechstel über einen Wasserstoffantrieb verfügen. Die Hälfte davon sollen auf leichte Nutzfahrzeuge entfallen, wie man sie im Lieferverkehr findet.

Große Aufmerksamkeit schenkt der koreanische Zulieferer Hyundai Mobis dem Thema Wasserstoff. Im Oktober war der Spatenstich für ein neues Werk zur Herstellung von Wasserstoff-Brennstoffzellenstacks in Korea. "Wenn das Werk in der zweiten Jahreshälfte 2023 seinen Betrieb aufnimmt, verfügt Hyundai Mobis über insgesamt drei Brennstoffzellenwerke", erklärtAxel J. Maschka, beim Zulieferer verantwortlich für den Bereich Global OE. Derzeit produziere das Unternehmen vor allem Brennstoffzellensysteme für die Kunden Hyundai-Kia für den koreanischen und chinesischen Markt.

Der größte Teil der Systeme wird in E-Fahrzeugen verbaut. "Aber wir wollen unser Geschäft auch auf Off-Highway-Anwendungen wie Baumaschinen oder Traktoren ausdehnen", so Maschka. Er beobachtet bei den Kunden sowohl Aktivitäten im Pkw- wie auch Lkw- und Off-Highway-Bereich. "Ich persönlich halte es für sinnvoller, die Technologie im Bereich Lastwagen auf der Langstrecke einzusetzen. Wann sich der Wasserstoff bei normalen Personenwagen durchsetzt, bleibt abzuwarten."

Auch Wolfgang Bernhart, Experte für die Automobilindustrie bei Roland Berger, äußert sich differenziert. "Wasserstoff kann bei Flottenanwendungen sinnvoll sein. Das gilt insbesondere bei Anwendungen im Bereich von schweren Nutzfahrzeugen oder bei Bussen und im Lieferverkehr, wenn eine entsprechende Infrastruktur zum Betanken zur Verfügung steht. Im SUV- oder Pkw-Bereich bin ich skeptisch", erklärt er im Gespräch mit der Automobilwoche.

Ein Problem bei der Verbreitung der Technologie liegt für ihn darin, dass es nicht ausreichend grünen Wasserstoff gibt. "Zudem mangelt es an Elektrolysekapazitäten zur Herstellung von Wasserstoff. Vermutlich wird der Wasserstoff künftig eher dort eingesetzt werden, wo keine anderen Dekarbonisierungsmöglichkeiten bestehen, wie bei der Stahl- oder Zementerzeugung", erläutert Bernhart. Zwar seien die heute existierenden H2-Tankstellen geeignet, Pkws schnell aufzuladen, doch um ein schweres Nutzfahrzeug zu betanken, würden rund 15 Minuten benötigt. "Das ist eigentlich viel zu lang."

Auch wenn die Kosten für Batterien nicht mehr so stark sinken wie ursprünglich angenommen, so werde es doch weitere Fortschritte geben. Derzeit liegen die Kosten seiner Einschätzung nach bei etwa 120 Euro pro Kilowattstunde – "und dieser Wert wird unter 80 Euro fallen".

Bernhart erwartet zwar bei der Lebensdauer der Brennstoffzelle weitere Fortschritte, doch noch würden diese Antriebe keine acht oder zehn Jahre halten. "Und derzeit sind Brennstoffzellenantriebe noch deutlich zu teuer", stellt er fest. Dabei laufe die Technologie in ein Henne-Ei-Problem: Ohne die Volumen werden die Kosten nicht sinken und ohne niedrige Kosten werden sich die Volumen nicht nach oben entwickeln.

Zudem macht er darauf aufmerksam, dass sich die Ladezeiten für batterieelektrische Fahrzeuge weiter reduzieren werden: "Der Zeitvorteil, den die Betankung eines Wasserstoffautos jetzt noch hat, wird verlorengehen." Darüber hinaus werde es schwierig sein, einen Brennstoffzellenstack in einer sogenannten Skateboard-Plattform unterzubringen, wie sie derzeit weltweit von vielen Fahrzeugherstellern bevorzugt wird.

Vielleicht liegt eine künftige Lösung auch in einer Kombination von Brennstoffzelle und Batterie. Davon jedenfalls ist Plastic-Omnium-Chef Favre überzeugt. "Das wird die neue Form der Hybridisierung."

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