Fiat-Händlerverband verklagt Stellantis

Der Fiat-Händlerverband reicht Klage gegen Stellantis Deutschland ein. Das kündigte Verbandschef Wilfried Blöbaum heute gegenüber der Automobilwoche an. Anlass ist die neue Bonusregelung, die der Hersteller seinen Partnern im Handel zum Jahreswechsel vorgelegt hat. In dem Dokument, das der Automobilwoche vorliegt, knüpft Stellantis die Zahlung von Boni an das Abschneiden in Kundenzufriedenheitsbefragungen. Das sorgt für Unmut. "Die Händler sind auf den Barrikaden", erklärte Blöbaum. Sowohl der Fiat-Händlerverband als auch der Alfa-Romeo- und Jeep-Händlerverband sahen sich veranlasst, die Regelung von ihren Anwälten prüfen zu lassen (wir berichteten).

Im Fall der Fiat-Händler kam der beauftragte Anwalt Prof. Tim Vogels nun zu dem Schluss, dass die Regelung gegen gültiges Recht verstoße. Ganz anders beurteilt Stellantis die Situation: "Wir teilen die inhaltliche Einschätzung und auch die Rechtsposition des Fiat-Händlerverbands in diesem Fall nicht", erklärte ein Sprecher auf Nachfrage.

Der Fiat-Händlerverband geht indes mit breiter Brust in die Auseinandersetzung. "Ich bin sehr zuversichtlich", sagte Vogels im Gespräch mit der Automobilwoche. Grund dafür sei das Urteil von Österreichs Oberstem Gerichtshof gegen Peugeot im März 2021. Dieses sei "eine Blaupause für den vorliegenden Fall".

Die Richter verurteilten den Hersteller damals, ein ähnliches System, bei dem Prämienzahlungen an Kundenzufriedenheitsumfragen gekoppelt waren, abzustellen. "Das ist genau das, was auch nach deutschem Recht gegolten hätte", erklärte Vogels zum Urteil der obersten österreichischen Richter. Die Grundsätze seien im europäischen Kartellrecht gleich. Auch hier ist Stellantis diametral anderer Meinung: "Die Entscheidung ist ausschließlich im Kontext des österreichischen Rechtssystems gefallen. Wir sehen hier zudem keine inhaltlichen Parallelen zu diesem vollkommen anders gelagerten Fall", teilte Stellantis mit.

Bemessungsgrundlage für die Kundenzufriedenheit in der umstrittenen Bonusregelung ist der so genannte "Net Promotor Score" (NPS). Für diesen müssen Kunden auf einer Skala von 1 bis 10 angegeben, ob sie den Betrieb weiterempfehlen. Danach wird vom prozentualen Anteil der Top-Bewertungen (neun und zehn) der Anteil der schlechten Bewertungen (eins bis sechs) subtrahiert. Heraus kommt der NPS.

Um in einem Monat überhaupt erst am Bonusprogramm teilnehmen zu können, müssen die Händler in den je sechs vorangegangenen Monaten einen NPS von 70 (Vertrieb) bzw. 68 (Service) erreichen. Reißt ein Händler diese Mindesthürde, nimmt er im Folgemonat nicht am Bonusprogramm teil und geht leer aus. Das betrifft beide Bonusbausteine – sowohl den von den Verkaufszahlen abhängigen quantitativen Bonus als auch den von der Kundenzufriedenheit abhängigen Qualitätsbonus.

Um unter 68 zu fallen, reicht es, dass fünf von 30 Kunden sechs oder weniger Punkte verteilen – auch wenn alle anderen die Bestnote geben. Will ein Händler den vollen Qualitätsbonus erreichen, braucht er im Vertrieb einen NPS von 90 und im Service von 88. "Den vollen Bonus zu erreichen ist nahezu unmöglich", sagte Blöbaum. Stellantis dagegen ist der Ansicht, die Ziele zur Kundenzufriedenheit seien fair gesetzt. Zudem helfe man dem Handel, sie zu erreichen.

Die Händler kritisieren an der neuen Regelung auch, dass man dabei von willkürlichen Launen einzelner Kunden abhängig ist. Seien diese mit der Qualität des Autos nicht zufrieden, schlage sich das in der Händlerbewertung nieder, obwohl dieser auf die Fahrzeugqualität keinerlei Einfluss hat. Ähnliches gilt im Service: Kann beispielsweise ein Fahrzeug nicht pünktlich repariert werden, weil Ersatzteile zu spät geliefert werden, schlägt sich das auf die Kundenzufriedenheit nieder, ohne dass der Händler dafür verantwortlich wäre.

Mit der erfolgreichen Klage des Opel-Händlerverbandes (VDOH) gegen Stellantis ist die nun geplante Klage nur bedingt vergleichbar. Denn die Klage der Opel-Händler richtete sich gegen die Commercial Policy als Ganzes. Die Klage der Fiat-Händler richtet sich dagegen gegen einzelne Punkte, die allerdings in ähnlicher Form auch Teil von Opels Commercial Policy sind.

Wenige Tage nach Ankündigung der Klage des Fiat-Händlerverbands ist Wilfried Blöbaum im Alter von 70 Jahren überraschend verstorben. Blöbaum leitete den Verband fast zehn Jahre lang. Neben seiner Verbandstätigkeit stand er bis Anfang 2020 außerdem mehr als 40 Jahre an der Spitze des Autohaus Blöbaum.

Blöbaums Nachfolger im Fiat-Händlerverband ist der bisherige erste Stellvertreter Karl Kleba. Dieser kündigte bereits an, die Linie Blöbaums weiterführen zu wollen.

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