Fords US-Händler setzen sich durch

Autohändler in den USA haben gegenüber ihren Herstellern ungleich mehr Macht als ihre deutschen Kollegen. Den jüngsten Beweis für ihren Einfluss liefern die US-amerikanischen Ford-Händler. Ford wollte, dass die Händler für den Vertrieb von E-Autos massiv investieren, unter anderem in Ladeinfrastruktur. Die diesbezüglichen Vorstellungen von Ford stießen jedoch vor allem bei ländlichen Händlern auf Widerstand.

In den darauffolgenden, monatelangen Verhandlungen über die neuen Standards konnten die Händlervertreter dann schlussendlich maximale Flexibilität durchsetzen. Das berichtet Automotive News, eine Schwesterzeitung der Automobilwoche.Händler können demnach bis zum 31. Oktober frei auswählen, ob und wenn ja in welchem Umfang sie E-Autos verkaufen wollen. "Wir wollen die Händler nicht dazu drängen, Model e-Händler zu werden, bevor ihr Markt oder sie selbst dazu bereit sind", erklärte Ford-Chef Jim Farley.

Votieren Händler gegen die Stromer, kommen keinerlei Investitionen auf sie zu. Allerdings dürfen sie dann auch nur Verbrenner- und Hybrid-Fahrzeuge verkaufen. Wollen sie dagegen E-Autos verkaufen, können sie aus zwei Zertifizierungsstufen wählen, die jeweils unterschiedliche Investitionen in Ladeinfrastruktur und Mitarbeiterschulungen umfassen. Ähnlich wie beim echten Agenturmodell in Europa ist der Preis der Stromer dabei in jedem Fall fest vorgegeben und nicht verhandelbar.

Die höchste der beiden Stufen namens "Model e Certified Elite" umfasst zunächst Investitionen in Höhe von 900.000 Dollar. Diese fließen zum Großteil in Ladeinfrastruktur: Zwei DC-Schnellladestationen sind jeweils vorgesehen. Bis 2026 sind danach weitere  300.000 Dollar fällig, von denen unter anderem ein dritter Schnelllader angeschafft werden muss. Im Gegenzug dürfen die Händler unbegrenzt E-Autos verkaufen und einen Bestand an Lager- und Vorführfahrzeugen vorhalten.

Händler denen das zu viel ist, steht alternativ die zweite Stufe, "Model e Certified" offen. Gerade gegen diese Zwischenstufe hat sich Ford nach Informationen von Automotive News gesträubt, musste sich aber letztlich dem Druck der Händler beugen. Die Zwischenstufe umfasst Investitionen in Höhe von rund einer halben Million Dollar, vornehmlich in Ladeinfrastruktur. Im Gegensatz zu ihren Kollegen mit der höchsten Zertifizierungsstufe dürfen diese Händler pro Jahr allerdings nur 25 E-Modelle verkaufen und keine Lager- oder Vorführwagen halten. Die Kunden müssen ihre Fahrzeuge daher konfigurieren und über den Händler bestellen. Diese hierzulande gängige Art des Neuwagenkaufs ist in den USA eher ungewöhnlich. Verbraucher dort bevorzugen in der Regel sofort verfügbare Lagerfahrzeuge der Händler, um damit gleich vom Hof fahren zu können.

Dass es in Deutschland eine ähnliche Regelung gibt, ist schwer vorstellbar. Hier schreiben die Hersteller ihren Händler zwar nach Betriebsgröße abgestufte, in der Regel aber einheitliche Standards vor, an die sich alle Händler zu halten haben.