Geringere E-Auto-Prämie lässt Mercedes kalt

Mercedes-Chef Ola Källenius erwartet durch die beschlossene Kürzung der E-Auto-Prämie keinen großen Auswirkungen auf die Nachfage nach elektrischen Fahrzeugen mit dem Stern. "Wir können hier nicht nur auf einen einzelnen Markt schauen, da es in vielen Ländern ganz unterschiedliche Regelungen gibt und diese sich laufend ändern", sagte Källenius in einer Telefonkonferenz vor Journalisten. Strategisch sei die Priorisierung von rein elektrischen Fahrzeugen geplant. "Aber wir brauchen in den nächsten Jahren auch noch die Plug-In-Hybride."

Die Koaltion hatte sich darauf geeinigt, die Förderung für E-Autos ab Anfang 2023 deutlich zu kürzen. Für Fahrzeuge unter 40.000 Euro sinkt sie etwa von 6000 Euro auf 4500. Bei Autos, die einen Nettolistenpreis von 40.000 Euro bis 65.000 Euro haben, soll es 3000 Euro statt bisher 5000 Euro geben. Für Plug-in-Hybridfahrzeuge, für die es bisher eine Prämie von bis zu 4500 Euro gibt, soll die Förderung Ende 2022 auslaufen. Vom 1. September 2023 wird die Förderung auf Privatpersonen beschränkt – Unternehmen gehen dann leer aus. Die Finanzmittel sollen von fünf Milliarden im Jahr 2022 auf 1,3 Milliarden im Jahr 2023 sinken.

Bei Mercedes ist der Anteil an rein elektrischen Fahrzeugen und Plug-In-Hybriden im ersten Halbjahr 2022 auf 64.000 und damit 13 Prozent des Gesamtabsatzes von 487.000 Einheiten gestiegen. Im Vorjahr waren es noch elf Prozent. Dabei hat sich der Mix verändert. Während 2021 nur ein Drittel der Fahrzeuge einen rein elektrischen Antrieb hatten, waren es 2022 bereits die Hälfte. "Unser klares Ziel ist, bis 2030 nur noch rein elektrische Fahrzeuge in den Markt zu bringen, wo immer das möglich ist", so Källenius.

Derzeit bereitet Mercedes sein Produktionssnetzwerk auf eine neue Generation von elektrischen Fahrzeugen vor, die ab 2024 auf neuen Plattformen basieren. So sollen beispielsweise in Sindelfingen neue AMG-Modelle gebaut werden, während Kecskemet zu Fahrzeugen der neuen Kompaktklasse "Entry Luxury" auch rein elektrische Modelle der MB.EA-Plattform im Segment von C- und E-Klasse erhalten soll. Dafür werde Mercedes neben vielen Milliarden Euro für die Entwicklung auch "einige Milliarden Euro" in die Produktion und Anlagen stecken. Genauere Zahlen wollte Källenius nicht nennen. Es gehe aber hauptsächlich um die Flexibilisierung der Werke für zukünftige Produkte.

Trotz Preissteigerungen, Zinserhöhungen und allgemeiner Unsicherheit rechnet Källenius nicht mit einer baldigen Eintrübung der Nachfrage. "Wir sind jetzt im dritten Jahr, in dem der Markt mit weniger Fahrzeugen versorgt wird als eigentlich nachgefragt", so Källenius. Ein Teil dieses Nachfrageüberhangs könne auch im Jahr 2023 erhalten bleiben. Finanzchef Harald Wilhelm verwies auf die "sehr gute Produktsubstanz" im Portfolio. So kommt etwa der Bestseller GLC in einer neuen Generation auf den Markt, außerdem laufen in den USA die elektrischen SUVs auf Basis von EQS und EQE an.

Die hohe Nachfrage habe es bisher auch ermöglicht, Preissteigerungen bei Material und Rohstoffen an die Kunden weiterzugeben. Allerdings sei dies nicht beliebig fortsetzbar. "Wir schauen da natürlich auf den Wettbwerb und wie die Kunden darauf reagieren", so Wilhelm. Diese müssen derzeit außerdem sehr lange Lieferzeiten in Kauf nehmen. Man arbeite mit Hochdruck daran, diese zu verkürzen. Vor allem im zweiten Halbjahr soll die Verfügbarkeit von Fahrzeugen besser werden. Wilhelm erwartet daher für das Gesamtjahr einen leichten Absatzanstieg, dies bedeutet ein Plus von 2,5 bis 7,5 Prozent. Mit plus zehn Prozent soll der Absatz im Segment der Top-End-Fahrzeuge mit Modellen wie S- oder G-Klasse sowie Maybach oder EQS wieder überproportional zulegen – so wie es die Luxus-Strategie vorsieht.

Diese Aussagen stünden unter dem Vorbehalt der geopolitischen Lage sowie der Versorgung mit Halbleitern und anderen Teilen. Vor allem eine mögliche Gasknappheit könnte die Wachstumspläne durchkreuzen. Mercedes arbeitet daher an einer Reduzierung der Abhängigkeit von Gas um bis zu 50 Prozent.  Die Hebel hierfür seien der Umstieg auf Strom oder Öl, Einsparungen etwa durch geringere Temperaturen in den Fabrikhallen oder mehr Effizienz in den Prozessen. So könne etwa am Standort Sindelfingen, wo der EQS, die S‑Klasse und zahlreiche Mercedes-Maybach-Modelle produziert werden, die Lackiererei im Notfallmodus ohne Gasversorgung betrieben werden.

Aus dem Datencenter:

Modellvorschau EQ-Modelle 2022 bis 2024