Great Wall an Nissan-Werk interessiert

Der chinesische Autokonzern Great Wall könnte der erste Autobauer des Landes mit einer eigenen Produktion in Westeuropa werden. Das Unternehmen ist an der Übernahme des bisherigen Nissan-Werkes im spanischen Barcelona interessiert, das im Dezember endgültig die Produktion einstellen wird.

Das spanische Wirtschaftsministerium und die katalonische Regionalregierung bestätigten jetzt, dass Great Wall sein Interesse bekundet habe, Gespräche sollten in Kürze beginnen. Neben den Chinesen ist aber auch noch die belgische Punch-Gruppe und ein Konglomerat unter Führung des spanischen Technologieunternehmens QEV Technologies an der Produktionsstätte interessiert. Beide wollen das Werk für die Herstellung und Montage von Elektrofahrzeugen nutzen.

Darüber hinaus hat sich die spanische Elektromotorradmarke Silence darum beworben, ein weiteres, kleineres Nissan-Werk in Montcada i Reixac zu übernehmen.

Das spanische Nissan-Hauptwerk beschäftigt noch mehr als 3000 Mitarbeiter. Von Entlassung bedroht sind aber nur 1600 Mitarbeiter, da für die übrigen bereits Vorruhestandslösungen und andere Beschäftigungsmöglichkeiten gefunden wurden.

Gebaut wird in Barcelona noch der Pick-Up Navarra und eine elektrische Version des Lieferwagens NV-200. Von 2022 an wird Nissan den Navarra aber nicht mehr in Europa anbieten. Ursprünglich sollte das Werk schon im Dezember 2020 geschlossen werden, nach scharfen Protesten und politischer Intervention wurde die Schließung aber um ein Jahr aufgeschoben.

Great Wall ist ein Mehrmarken-Konzern, deren Hauptmarken Haval, Wey, Ora und GWM sind. Wey und Ora waren jüngst bei der IAA in München mit großen Ständen vertreten und erregten große Aufmerksamkeit mit ihren Modellen.

Mit der Übernahme des Nissan-Werkes würde der Konzern auf einen Schlag über eine Jahreskapazität von rund 200.000 Fahrzeugen im Jahr in Westeuropa verfügen. Im russischen Tula südlich von Moskau hatte Great Wall bereits 2019 ein großes Werk errichtet und dafür rund eine halbe Milliarde Euro investiert. Dort wird der Haval F7 gebaut, die Jahreskapazität des Werkes liegt bei 150.000 Einheiten.

Zuletzt wurden in dem Werk in Barcelona immer weniger Einheiten produziert, nach Angaben aus dem Unternehmensumfeld waren es weniger als 30.000 Einheiten. Konkrete Angaben zur Zahl der Mitarbeiter bei einer Übernahme nannte Great Wall nicht. Aus dem Umfeld des Unternehmens hieß es aber, man rechne mit Job-Möglichkeiten für etwa 1300 Mitarbeiter.

Great Wall ist derzeit schon in gut 60 Ländern mit Verkaufsaktivitäten präsent, 2020 wurden außerhalb Chinas rund 600.000 Einheiten verkauft. In Deutschland betreibt Great Wall einen Entwicklungsstandort für Brennstoffzellen-Technik.

Das belgische Unternehmen Punch will in Barcelona ab dem Jahr 2025 jährlich zunächst 46.000 Fahrzeuge produzieren und dieses Volumen bis 2030 auf rund 75.000 Einheiten vergrößern. Bis 2027 wollen die Belgier dazu 650 Millionen Euro investieren. Gestartet werden soll mit klassischen Diesel-Kombis, später aber will auch Punch auf E-Mobilität umsteigen und dazu unter anderem auch Fahrzeuge mit Wasserstoff-Antrieb bauen.

Der dritte ernst zu nehmende Wettbewerber für den Standort ist das Konglomerat unter Führung von QEV Technologies, an dem auch die schwedischen Unternehmen Inzile und Volta beteiligt sind. Es will in Barcelona rund 300 Millionen Euro investieren und bis 2025 sogar 3500 Arbeitsplätze schaffen. Ziel ist der Bau einer breiten Palette von E-Fahrzeugen und Wasserstoff-Fahrzeugen, darunter auch von Bussen und kleinen zweisitzigen Modellen. Das Konsortium setzt dabei auf eine Lizenz zum Weiterbau des Nissan-Transporters NV-200.

Lesen Sie auch:

Nissan nimmt Navarra in Europa vom Markt

Werk in Barcelona macht erst Ende 2021 zu: Nissan verschiebt Werksschließung

Navara und NV200 auch künftig in Europa verfügbar: Nissan verspricht Modellvielfalt

Ende Mai ist Schluss: Mercedes stellt erst 2017 gestartete X-Klasse wieder ein

Aus dem Datencenter:

Zulassungen nach Segmenten von Januar bis Dezember 2020