Unternehmen droht Stecker gezogen zu werden

Hohe Strompreise in Deutschland gefährden nach Einschätzung von Industriegewerkschaften Hunderttausende Jobs. Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IGBCE (IG Metall, IG BAU und IG Bergbau, Chemie, Energie) hatte im Februar erklärt: „Es gibt Länder, da zahlen sie gerade fünf Cent pro Kilowattstunde, hierzulande ist es aktuell ein Vielfaches." Ende Februar kostete die Kilowattstunde für die Industrie in Deutschland 40,1 Cent.

Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, hatte die Bundesregierung aufgefordert, beim Industriestrompreis lenkend einzugreifen. Energieintensive Branchen wie die Stahlerzeugung oder die Aluminiumindustrie würden sonst über kurz oder lang aus Deutschland verschwinden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte erklärt, im ersten Halbjahr Vorschläge für einen staatlich subventionierten Industriestrompreis vorzulegen.

Der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) unterstützt die Forderung der IG Metall nach einem bezahlbaren Industriestrompreis. Doch er geht in seiner Forderung weiter: Der Industriestrompreis müsse schnell und „er muss für alle kommen“, betont der Verband. „Wer den politisch gelenkten Strompreis auf ‚energieintensive Unternehmen‘ beschränkt, denkt zu kurz. Das wird die gefürchtete Abwanderung und den Verlust von Arbeitsplätzen nicht flächendeckend verhindern können“, sagt WSM-Hauptgeschäftsführer Christian Vietmeyer. Nicht energieintensiven Unternehmen könne sonst der Stecker gezogen werden.
 
Bezahlbarer, international wettbewerbsfähiger Strom sei für jedes mittelständische Stahl und Metall verarbeitende Unternehmen überlebenswichtig. Hohe Strompreise am Standort Deutschland würden nicht nur energieintensive Branchen wie Stahl- oder Chemieindustrie belasten, sondern sie würden jede Industriesparte treffen.

Vietmeyer weiter: „Insbesondere die Stahl verarbeitenden Industrien in den Wertschöpfungsketten brauchen die Entlastung genauso dringend.“ Er spricht für rund 5000 Unternehmen mit circa 500.000 Beschäftigten, von denen ein erheblicher Teil als „nicht energieintensiv“ eingestuft ist. Ein Großteil der WSM-Mitglieder beliefert die Automobilindustrie.
 
Viele Unternehmen seien bereits am Limit, und lebten von der Substanz, betont der WSM-Geschäftsführer. Die drohenden Folgen der finanziellen Überbelastung würden täglich stärker sichtbar: Weniger Investitionsspielraum, fehlende Mittel für die Transformation, geringere Wettbewerbsfähigkeit. Umso wichtiger ist die schnelle, politisch gesteuerte Begrenzung des Strompreises, die alle Industrieunternehmen mitnimmt. Ausnahmslos.

Dazu aus dem Datencenter:

Kostenanteile ausgewählter Industrien in Europa