Innovative Werkstoffe treiben den Leichtbau voran

Ideen für noch leichtere Bauteile haben Werkstoffexperten viele – doch der Weg ins Serienautomobil ist oft lang. Beispiel Aluminiumschaum: Vor über zwei Jahrzehnten präsentierte Karmann Bauteile aus Aluminiumschaum, leichter als massives Aluminium und – 50 Prozent leichter als Stahlteile.

Doch erst jetzt scheinen sie dank weiterentwickelter Herstellungsverfahren bereit für den Sprung aus der Nische in die Breite. Bislang finden sich Aluschäume nur ausnahmsweise im Automobil, als Crashabsorber am Audi-Q7-Gepäcknetz und im Ferrari Spider 430, wo Verstärkungselemente aus Metallschaum im Seitenschweller verbaut werden.

Aktuell testet Scania Platten aus Alumiumschaum als Seitenabdeckungen für Antriebsbatterien von Elektro-Lkw. Dabei wird der Schaum von Platten aus massiven Aluminium umschlossen. Alternativ und für andere Anwendungen ließe sich der Aluschaum auch mit Kunststoffplatten kombinieren.

"Metallschaum ist nicht nur sehr leicht, sondern zugleich sehr stabil, was Batterien zum Beispiel bei Unfällen schützt. Zudem ermöglicht er eine bessere Temperaturregulierung, was die Lebensdauer von Batterien erhöht", sagt Friedrich Schuller, Geschäftsführer des Unternehmens Havel metal foam, das zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen- und Umformtechnik (IWU) das Herstellungsverfahren entwickelt hat.

Thomas Hipke, der am Fraunhofer-IWU die Leichtbauthemen verantwortet, sieht das Vordringen der Aluminiumschäume ins Automobil derzeit nur durch deren Preis gebremst, der sich aber durch Großserienfertigung senken lasse. Potenziale böten die Schäume etwa als lokale Verstärkungen, wo heute Zusatzbleche oder Kunststoffeinleger verbaut werden, aber auch überall dort, wo man Crasheigenschaften lokal maßgeschneidert einstellen möchte. Denn die Bauteile lassen sich so herstellen, dass gezielt unterschiedliche Dichten und damit Festigkeiten an verschiedenen Stellen entstehen. Beim Einsatz als Batteriegehäuse käme noch der Vorteil hinzu, dass sich direkt bei der Herstellung Wärmespeichermaterialien einbringen oder Leitungen für das Thermomanagement in den Aluschaum integrieren lassen.

Leichtbauhoffnung ruhen auch auf den sogenannten amorphen Metallen, auch als metallische Gläser oder eingefrorene Schmelzen bezeichnet. Sie entstehen, wenn geschmolzene Metalle so schnell abgekühlt werden, dass die Atome weiterhin ihre chaotische Verteilung beibehalten, weil sie keine Zeit haben, sich zu den üblichen kristallinen Strukturen zu verbinden. Dann vereinen sie Eigenschaften, die sich sonst bei Metallen meist ausschließen: hohe Härte und Festigkeit und hohe Elastizität. Damit kommen Bauteile mit geringeren Materialstärken aus. So nennt man bei der Heraeus-Tochter Amloy mögliche Gewichtseinsparungen von 20 bis 40 Prozent gegenüber Titanbauteilen – obwohl die Dichte der amorphen Metalle hier mit rund 6,8 Gramm pro Kubikzentimeter deutlich höher als die der verglichenen Titanliegerungen (rund 4,5 Grammn pro Kubikzentimeter) liegt.

Aktuell setzt Amloy stark auf Zirkoniumbasierte Legierungen, aber auch amorphe Kupfer- und Titanlegierungen konnten schon realisiert werden.

Amloy arbeitet nach eigenen Angaben an Prototypen für die Automobilindustrie, die 2021 Eingang in Nullserien finden könnten.

Allerdings lassen sich mit dem von Amloy entwickelten Druckgussverfahren bislang nur relativ kleine Teile herstellen. Größere Bauteile ermöglicht der 3D-Druck amorpher Metalle, den Trumpf und Amloy derzeit in einer Kooperation weiterentwickeln.

Ein neues Leichtbaupolymer, das gerade den Sprung in erste Serienanwendungen geschafft hat, kommt vom Kraiburg TPE. Das sogenannte Lightweight TPE entsteht, indem das Unternehmen in ein normales Thermoplastisches Elastomer (TPE) mikroskopisch kleine, Glaskügelchen einbettet, die 3M speziell für solche Anwendungen herstellt werden. Daraus lassen sich Kraiburg zufolge "federleichte und dünnwandige, aber mechanisch belastbare Formteile mit ausgezeichneten Oberflächen" und Dichten zwischen 0,7 und 0,9 Gramm pro Kubikzentimeter herstellen. Bei Dachrelings, Fußraumatten oder geräuschdämmenden Elementen im Innenraum kommt Lightweight TPE bereits zum Einsatz. Zudem besitze das Material hervorragende Dichtungseigenschaften und könne bei solchen Anwendungen 50 Prozent Gewicht einsparen, erläutert Matthias Michl von Kraiburg TPE. Für Automobilhersteller habe man bereits mehrere solcher Dichtungsanwendungen realisiert.

Unter anderem um Gewicht zu sparen setzt Ford seit einiger Zeit vereinzelt in US-Modellen Graphen ein. Diese spezielle, zweidimensionale Form des Kohlenstoffs der nur eine Atomlage dick ist, fand sich erstmals im F-150 als Beimischung in den Kunststoffen für Tankverkleidung, Motor- und Pumpenabdeckung. Dort stand zwar die Geräuschreduzierung im Vordergrund. Aber infolge des besseren Werkstoffverhaltens konnte Material eingespart und rund zehn Prozent Gewichtsreduzierung erreicht werden. Inzwischen nutzt Ford Graphen auch im F-250 und Explorer und erforscht derzeit, ob das Material auch in europäischen Modellen Vorteile bringen könnte.

Schon im europäischen Einsatz finden sich bei Ford etwa sogenannte Organosheets aus endlosfaserverstärkten thermoplastischen Kunstoffen. Im aktuellen Focus sorgten sie bei einer integrierten Fensterheber-Führungsschiene für drei Kilogramm Gewichtseinsparung.

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