Herr Wagner, welche Bedeutung hat das Ersatzteilgeschäft für Continental?
Continental nutzt natürlich auch Möglichkeiten, Geschäft unabhängig von den Schwankungen des Erstausrüstergeschäfts zu betreiben. Da ist der Aftermarket eine gute Lösung, denn der Fuhrpark ist stabil, während die Produktionszahlen volatil sind.
Wo sehen Sie Chancen?
Das Wachstum kommt aus verschiedenen Ecken. Wir sind global aufgestellt und wachsen in vielen Märkten, und zwar nicht nur durch unser Produktportfolio, sondern auch mit unseren Services. Und wir sind sehr stark involviert bei den Technologien für das Auto der Zukunft. Da haben wir Erkenntnisse, die wir über unsere Schulungsabteilungen an die Werkstätten weitergeben. Diese müssen sich auf die neuen Anforderungen, etwa von Fahrassistenzsystemen, einstellen. Wir investieren daher global sehr stark in das Thema Weiterbildung und Services für die freien Werkstätten. Denn letztlich kommt es darauf an, dass die Werkstätten bei den Technologieschüben, wie wir sie aktuell sehen, mithalten können.
Wie wirkt sich die Digitalisierung aus?
Digitalisierung ist vor allem ein Enabler, Prozesse effizienter und kundennäher zu machen. Dabei unterstützen wir die Werkstätten. Zwei Beispiele: Werkstätten können viele unserer Produkte scannen und dann ein Anschauungsvideo über Einbau und Eigenschaften direkt auf ihr Smartphone bekommen. Außerdem haben wir mit Sindri eine Appbasierte Lösung für eine komplett digitale Dialogannahme geschaffen. Der Meister wartet also nicht mehr mit dem Klemmbrett auf den Kunden, sondern kann Fehler sehr schnell auslesen, auf dem Tablet anzeigen und Reparaturvorschläge direkt mit dem Kunden besprechen. Wir arbeiten daran, dass er in Zukunft auch die Ersatzteile gleich online bestellen kann.
E-Autos boomen, haben aber weniger Teile. Ein Problem?
Eine aktuelle Studie von Boston Consulting und der CLEPA sagt, dass 2030 erst rund sechs Prozent der Fahrzeuge in Europa rein elektrisch betrieben werden. Daneben werden viele Hybride unterwegs sein, die alle Komponenten eines Verbrenners an Bord haben. Es bleibt also Zeit, die wir produktiv nutzen. Wir wollen unser Angebot stärker ausbauen, um die zukunftsrelevanten Themen zu besetzen. Wir haben schon Produkte wie Scheibenwischer, Kabinenfilter oder Bordnetz-Batterien ins Programm genommen, die vom Antrieb unabhängig sind. Und wir setzen stärker auf das Wachstumsfeld digitale Services, mit denen wir Werkstätten fit machen, um Kunden noch enger zu binden und Zusatzgeschäft zu erschließen.
Werden die Kunden preisbewusster angesichts der aktuellen Inflation?
Wir sind sicher nicht die Günstigsten, und die Autos in Deutschland sind im Durchschnitt länger als zehn Jahre auf der Straße. Wir stellen aber fest, dass die Halter ihre Autos trotzdem mit hochwertigen Ersatzteilen ausstatten, weil es um die Sicherheit geht. Außerdem wollen die Werkstätten keine Rückläufer, weil das zusätzlicher Aufwand ist. Da haben wir mit der Continental und der ATE zwei ganz starke Marken, die wir natürlich nutzen.
Wie schätzen Sie die Konkurrenz aus Fernost ein?
Der Wettbewerb ist ja schon länger da. Auf der letzten physischen Automechanika 2018 war die Anzahl der asiatischen Hersteller größer als in diesem Jahr. Durch die Pandemie und Reisebeschränkungen ist die Präsenz wieder kleiner geworden. Die Globalisierung beim Ersatzteilgeschäft hat die Grenzen erreicht. Wir sehen einen Gegentrend. Kapazitäten werden eher in Europa oder Nordamerika aufgebaut, also wieder näher am Markt selbst. Preisvorteile werden durch die gestiegenen Transportkosten aufgezehrt.
Aus dem Datencenter: