Jeder dritte Gebrauchtwagen wird exportiert

Der Gebrauchtwagenmarkt in Europa wird immer internationaler. Das belegen Zahlen der B2B-Auktionsplattform BCA für die Automobilwoche. Schon jetzt wurde von den 1,5 Millionen über BCA in Europa (inklusive Großbritannien) gehandelten Fahrzeugen jedes dritte in ein anderes Land exportiert. Aufgrund der Größe und flächendeckenden Präsenz von BCA dürften diese Zahlen auch für den Gesamtmarkt ein Indikator sein.

Und die Europäisierung dürfte sogar noch weiter Fahrt aufnehmen. Davon ist Philipp Berg, Geschäftsführer des deutschen Ablegers BCA Autoauktionen überzeugt: "Sieht man von auch zukünftig möglichen Sondereinflüssen wie Corona und dem Krieg in der Ukraine ab, wird die sogenannte cross-border-Quote bis 2030, unter Beibehaltung ihrer bisherigen Steigerungsrate, die 40- Prozent-Schwelle überschreiten."

Hintergrund der Entwicklung sind unter anderem die Nachfrageunterschiede zwischen einzelnen Ländern, die sich Händler dank der fortschreitenden Digitalisierung des B2B-Gebrauchtwagengeschäfts einfacher als früher zunutze machen können. "Wer international zu- oder verkauft, hat die Chance auf Arbitragegewinne", erklärte jüngst Denis Belan, Chef der B2B-Sparte des Gebrauchtwagenriesen Auto1 im Interview mit der Automobilwoche.

Das gelte gerade in der aktuellen Situation, wo der Gebrauchtwagenmarkt sich zu drehen beginnt. "Einige Autos, die Händler vor zwei Monaten noch ohne weiteres an Privatkunden verkaufen konnten, finden hierzulande im Moment keine Käufer mehr. In anderen Ländern sind diese Autos aber oftmals begehrt. Über uns können sich Händler das zunutze machen. Das funktioniert umgekehrt natürlich auch beim Zukauf", so Belan. Auto1 vermarktete 2021 europaweit rund 550.000 Autos B2B.

Sind hierzulande vor allem etwas höherpreisige Mittelklassemodelle und (nach wie vor) Kombis beliebt, sind in vielen südeuropäischen Ländern vor allem Kleinwagen gefragt. "Des Deutschen liebstes Kind, um ein Stereotyp zu bemühen, ist nicht jedem anderen Europäer – im Wortsinn – so teuer", erklärt Berg einen der wichtigsten Unterschiede.

Von den Fahrzeugen, die aus Deutschland exportiert werden, kommen mit 18 Prozent die meisten in die Niederlande. Dahinter folgen Österreich (16 Prozent), Polen (8 Prozent), Portugal (7 Prozent) und Frankreich (6 Prozent). Einen Sonderfall stellen E-Modelle dar. Hier dominiert Norwegen, gefolgt von den Niederlanden, Schweden und Portugal. Grund hierfür seien steuerliche Vorteile in diesen Ländern, die den Kauf gebrauchter und dank der Neuwagensubventionen günstiger E-Modelle aus Deutschland begünstigen, erklärt Berg. Wie attraktiv gebrauchte E-Autos aus Deutschland sind, zeigt die Exportquote: 90 Prozent der Plug-in-Hybride und E-Autos aus Deutschland, die über BCA vermarktet werden, gehen ins Ausland (Verbrenner: 20 Prozent).

Beim Import wiederum dominieren Dänemark, Schweden und die Niederlande. "Die Fahrzeugstruktur in Dänemark, Schweden und den Niederlanden ist der deutschen sehr ähnlich. Dementsprechend sind die Fahrzeuge von dort für deutsche Kunden sehr attraktiv. Das erklärt die hohe Importquote aus diesen Ländern", sagt Berg. Sechs Prozent der Fahrzeuge werden aus den Niederlanden importiert, Zwölf Prozent aus Schweden und 79 Prozent aus Dänemark. Dieser Wert sei allerdings auf einen Sondereffekt zurückzuführen, betont Berg: "Die BCA-Kollegen dort haben sich darauf spezialisiert, aus ganz Europa Ware anzukaufen und sie dann in andere Länder weiterzuverkaufen." Ansonsten seien die Fahrzeugströme bei BCA weitgehend repräsentativ für den Gesamtmarkt.