Continentals Optionen für die Zukunft

Mit Spannung blickt die Automotivebranche auf Continentals Kapitalmarkttag am 4. Dezember. Hier soll sich zeigen, wie Vorstandschef Nikolai Setzer und Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle die Automotive-Sparte des Konzerns umbauen wollen. Das Unternehmen muss dringend effizienter werden. Dafür soll alles auf den Prüfstand.

Der Druck ist groß, denn das Automotivegeschäft darbt weiter. Im dritten Quartal lag die bereinigte Ebit-Marge der Sparte bei 2,8 Prozent. Berücksichtigt man Abschreibungen auf Zukäufe und sonstige Sonderfaktoren, schreibt der Bereich rote Zahlen. Allerdings fiel das Minus geringer aus als im Vorjahr. In der Sparte mit mehr als 100.000 Mitarbeitern und rund 18 Milliarden Euro Umsatz bündelt der Konzern Elektronik, Sensorik und Software.

Für Jürgen Pieper, freier Automobilanalyst, ist es unverständlich, „dass ein Unternehmen mit so großen Kompetenzen in der Software, den Assistenzsystemen, dem Fahrwerk und den Bremsen, so schwach performt.“

Zulieferer Conti, der weltweit rund 200.000 Menschen beschäftigt, darunter 21.000 Software- und IT-Spezialisten, hat jüngst bereits einen Stellenabbau im mittleren vierstelligen Bereich angekündigt. Betroffen ist davon in erster Linie die Verwaltung. Zudem will Automotive-Chef Philipp von Hirschheydt die Struktur innerhalb der Automotivesparte ändern. Smart Mobility soll als eines der sechs Geschäftsfelder aufgelöst werden. Dort bündelt der Zulieferer unter anderem Aktuatoriklösungen für Pkw, Elektronik für Nutzfahrzeuge und das Ersatzteilgeschäft. Contis Ziel: Ab 2025 sollen jährlich 400 Millionen Euro eingespart werden. Auch die Ausgaben im Bereich Forschung und Entwicklung stehen auf dem Prüfstand. Die Automotivesparte von Continental hatte im Geschäftsjahr 2022 13 Prozent des Umsatzes in F&E investiert.

Eine im Vorfeld diskutierte Option betrifft die Abspaltung der Automotivesparte vom hochprofitablen Reifengeschäft und der Industriesparte. Eine Lösung, mit der Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle liebäugeln soll. Doch dagegen regt sich Widerstand von anderen Vertretern des Kontrollgremiums sowie von Seiten der Arbeitnehmer und aus dem Vorstand.

Zu den ebenfalls diskutierten Szenarien zählt, dass der Konzern einzelne Teile der Automotivesparte verkauft. Auch Partnerschaften sind eine Option. Spekuliert wird, dass der Zulieferer das Zukunftsgeschäft mit dem autonomen Fahren in ein Gemeinschaftsunternehmen einbringt. Dabei ist sogar eine Rolle Contis als Partner in einer Minderheitsbeteiligung denkbar. Denn die Aufwendungen in diesem Bereich sind enorm. Conti hat in Entwicklungen für das autonome Fahren über viele Jahre Milliarden investiert. Und dieser Bereich wird auch künftig große Mittel erfordern.

Analyst Pieper kann auf der einen Seite nachvollziehen, wenn der Konzern für ein solch komplexes und aufwendiges Thema einen Partner sucht. „Trotzdem hätte ich dem Unternehmen vor ein paar Jahren zugetraut, das alleine zu stemmen.“ Die jetzige Partnersuche sei „schon ein Ausdruck von Schwäche“.

Eine Partnerschaft oder ein Verkauf könnten auch eine Option für Produkte wie Cockpit- und Bildschirmsysteme sowie das Infotainment sein. Auch hier sind weiterhin hohe Investitionen notwendig. Nur wenig Aussicht auf Erfolg sehen Branchenbeobachter für einen Verkauf von Teilen der Industriesparte ContiTech. Derzeit dürfte es sehr schwer sein, einen geeigneten Käufer zu finden.

Simon Schnurrer, Partner bei der Unternehmensberatung Oliver Wyman, hält jedoch „ein sortenreines Geschäft für sehr wichtig, um einen Zugang zum Kapitalmarkt zu erhalten“. Für ihn ist es problematisch, dass der Bereich Automotive in einem Atemzug mit dem Reifen- und Industriegeschäft genannt wird. Der Branchenexperte hält es für sinnvoller, „einige Bereiche autonomer aufzustellen und entsprechend zu positionieren – auch mit Partnern“.

Eine Möglichkeit sieht Schnurrer darin, das Softwaregeschäft, „ein absolut wichtiger Kernbereich von Continental, separater zu positionieren“. Aber derzeit werde die Software als Teilbereich des Komponentengeschäfts wahrgenommen. Das Geschäftsmodell Software und dessen Vermarktung an die OEMs kranke daran, dass es von den Kunden als ein Zulieferergeschäft wahrgenommen werde, wo der Lieferant letztlich über den Teilepreis bezahlt wird. „Doch diese Modelle funktionieren im Softwareumfeld nicht.“

Nicht zuletzt sieht Schnurrer Continental mit einem Imageproblem konfrontiert, weniger bei den direkten Kunden, sondern vor allem an den Kapitalmärkten. „Wer in Deutschland kennt Conti schon als einen der führenden Player im Bereich Software?“

Einige Branchenbeobachter sind skeptisch, was die Umbaupläne generell angeht: „Es ist ja nicht das erste Mal, dass Continental die Bereiche neu strukturiert. Diese Umorganisationen erscheinen schon ein wenig wie ein vordergründiger Aktionismus“, sagt Automobilanalyst Pieper. Innerhalb des Unternehmens führe das häufig monatelang zu Irritationen. Unter anderem weil Vorgesetzte wechseln, Gruppen neu zusammengestellt und Zuständigkeiten verändert werden. „Solche Umstrukturierungen sind selten ein Schlüssel zum Erfolg.“

Dazu aus dem Datencenter:

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