Kein Einbruch, nur Sondereffekt im Vorjahr

Im August 2020 wurden in Deutschland 251.044 Pkw neu zugelassen. Dies entspricht einem Minus von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Was nach einem dramatischen Einbruch aussieht, ist tatsächlich ein gutes Ergebnis. Die August-Werte 2018 und 2019 waren aufgrund von vorgezogenen Neuzulassungen im Rahmen der jeweiligen WLTP-Umstellungen zum 1. September deutlich überzeichnet. In diesen beiden Monaten gab es die mit Abstand höchsten Augustzulassungen in diesem Jahrtausend. Verglichen mit den Neuzulassungen der vergangenen 20 Jahre lag der abgelaufene Monat vier Prozent über einem mittleren August.

Dieser vergleichsweise hohe Wert spiegelt mitten in der stärksten Rezession seit Bestehen der Bundesrepublik kein normales Nachfrageverhalten wider, sondern ist Nachholeffekten aus den vergangenen Monate geschuldet. In den Monaten März bis Juni wurden 590.000 Pkw weniger zugelassen als im Vorjahr.

Nach acht Monaten sind 1.776.604 Pkw neu zugelassen worden, dies sind 28,8 Prozent oder fast 720.000 Pkw weniger als im Vorjahr. Dies sind die niedrigsten Neuzulassungen, die jemals in diesem Zeitraum im wiedervereinigten Deutschland beobachtet wurden.

Bei der Analyse der privaten Zulassungen müssen wiederum die Besonderheiten des Vorjahres beachtet werden. Vor einem Jahr wurden speziell durch den Handel Neuzulassungen vorgezogen, wodurch der Anteil der privaten Zulassungen auf unter 33 Prozent fiel. Im diesjährigen August erreichte der Privatkundenanteil mehr als 38 Prozent, die privaten Zulassungen gingen um sieben Prozent zurück. Beide Werte entsprechen in etwa dem Niveau der unverfälschten Jahre 2016 und 2017.

Zum dritten Mal in Folge lagen die Besitzumschreibungen aufgrund von Nachholeffekten im Plus. Nach plus 14 Prozent im Juni und plus 13 Prozent im Juli, normalisierte sich die Entwicklung im August und es gab einen Zuwachs von knapp vier Prozent. Kumuliert liegen sie dennoch mehr als sechs Prozent im Minus. Im bisherigen Jahresverlauf wurden 300.000 gebrauchte Pkw weniger umgeschrieben als im Vorjahr.

Für die künftige Entwicklung ist natürlich entscheidend wie der weitere Verlauf der Pandemie in Deutschland sein wird. Obwohl die Neuansteckungen hierzulande wieder leicht ansteigen, sind sie weiterhin auf einem niedrigen Niveau. Ein erneuter flächendeckender Shutdown scheint nach heutigem Kenntnisstand ausgeschlossen. Allerdings zeigen die Zahlen in einigen anderen Ländern weiter oder wieder stark nach oben. Dies bedeutet auch ein zunehmendes Risiko für den globalen Handel und die notwendigen Lieferketten.

Positive Signale kommen von einigen Frühindikatoren wie dem IFO-Index und den Vertrauensindizes. Sie sind nach einem dramatischen Einbruch wieder stark gestiegen. Ob sich diese V-förmige Entwicklung auch bei der Pkw-Nachfrage widerspiegeln wird, darf bezweifelt werden. Zwar wurde das Kurzarbeitergeld bis Ende kommenden Jahres verlängert, dennoch sind aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage 5,4 Millionen Menschen von Kurzarbeit betroffen. In Durchschnitt des vergangenen Jahres waren es 145.000.

Für die verbleibenden vier Monate ist eine genaue Prognose kaum möglich. Unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung gibt es einige Unsicherheiten: Wann und in welcher Höhe werden die nicht durchgeführten Neuzulassungen der Monate März bis Juni weiter aufgeholt werden und sind die Hersteller lieferfähig? Gibt es zum Jahresende vorgezogene Zulassungen aufgrund des Auslaufens der verringerten Mehrwertsteuer? Versuchen Hersteller und Händler CO2-starke Pkw zum Jahresende wegen der verschärften Grenzwerte im kommenden Jahr in den Markt zu drücken?

Unter der Annahme, dass sich die aktuelle Situation nicht wieder verschlechtert, erwartet die Automobilwoche für das Gesamtjahr nun einen Rückgang um knapp 22 Prozent auf 2,82 Millionen Neuzulassungen. Daraus ergibt sich, dass die verbleibenden vier Monate in Summe sechs Prozent unter denen des Vorjahres bleiben. Hierbei sind noch keine signifikanten vorgezogenen Käufe zum Jahresende aufgrund der Mehrwertsteueränderung oder der verschärften Grenzwerte berücksichtigt.

Bei der Entwicklung der Antriebsarten verstärkte sich die Entwicklung der vergangenen Monate weiter. Pkw mit ausschließlichem Benzinantrieb verloren fast 39 Prozent gegenüber dem Vorjahr und kamen nur noch auf einen Marktanteil von 47 Prozent, 14,4 Punkte weniger als im Vorjahr. Dies ist der niedrigste Benzinanteil in einem beliebigen Monat überhaupt.

Die Neuzulassungen von Diesel-Pkw verhielten sich ähnlich. Sie verloren knapp 27 Prozent und ihr Anteil verringerte sich gegenüber dem Vorjahr um 2,5 Punkte auf 27,7 Prozent. Dies ist der niedrigste Dieselanteil in einem August seit dem Jahr 2000.

Hybride und reine Stromer konnten im August die Rekordergebnisse des Vormonats volumenmäßig zwar nicht übertreffen, aber sie kamen auf die höchsten jemals beobachteten Marktanteile. Die stärkste alternative Antriebsart stellen die normalen Hybride. Sie kamen auf 29.039 Neuzulassungen, ein Plus von 74 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Marktanteil erhöhte sich auf 11,6 Prozent.

Die Plug-in Hybride legten mit plus 448 Prozent das stärkste Wachstum hin. Die 17.095 Neuzulassungen bedeuteten einen Marktanteil von 6,8 Prozent. Mit einem Plus von 222 Prozent und 16.076 Neuzulassungen kamen die reinen E-Mobile auf einen Marktanteil von 6,4 Prozent.

Bei den Top 15 Marken gab es im August Entwicklungen zwischen minus 64 Prozent und plus 15 Prozent. Dacia verzeichnete die stärksten Verluste und kam auf einen Marktanteil von 1,7 Prozent. Damit lag die Renault-Tochter nur noch auf dem 15. Platz, vier Plätze weiter hinten als im Vorjahr.

Opel hatte mit minus 47 Prozent die zweitstärksten Verluste und der Marktanteil von 3,8 Prozent reichte nur für Rang zehn. Im Vergleich zum Vorjahr mussten die Rüsselsheimer Renault und Hyundai vorbeiziehen lassen.

Der Gewinner des vergangenen Monats war BMW mit einem Plus von 15,2 Prozent wurde ein Marktanteil von 8,6 Prozent erreicht. Weitere Marken mit höheren Neuzulassungen als im Vorjahr waren Toyota (plus 8,9 Prozent), Fiat (plus 1,0 Prozent) und Kia mit plus 0,5 Prozent.

Eindeutiger Marktführer blieb VW mit leicht unterdurchschnittlichen Verlusten von 16,9 Prozent. Dahinter folgten zwei Premium-Marken mit unterschiedlichen Entwicklungen. Während Mercedes (minus 3,7 Prozent) leicht verlor, konnte BMW (plus 15,2 Prozent) auf Platz drei deutlich zulegen. Audi (minus 35,0 Prozent) musste Ford (minus 26,1 Prozent) vorbeiziehen lassen und kam vor Skoda (minus 20,0 Prozent) auf Platz fünf. (dpa/swi)

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