Wie ist es bei KPIT zur starken Fokussierung auf das softwaredefinierte Fahrzeug gekommen?
2019 haben wir bei KPIT die mutige Entscheidung getroffen, unser Augenmerk ausschließlich auf die Automobil- und Mobilitätsbranche zu richten. Dafür gab es mehrere Gründe. Über 15 Jahre lang haben wir uns auf CASE-Technologien konzentriert und Kompetenzen in allen wichtigen Bereichen der Automobilsoftware aufgebaut. Seit 2019/2020 begann die CASE-Software zu expandieren, und ein neues Paradigma von softwaredefinierten Fahrzeugen wurde geboren.
Die meisten Fahrzeughersteller weltweit wollten ihre Reise damit beginnen, um den Start der softwaredefinierten Fahrzeugprogramme mit SOP ab 2025/2026 anzustreben. OEMs brauchen einen starken Softwarepartner, ebenso wie sie einen Partner für Halbleiter oder die Cloud benötigen. KPIT verfügt über starke Kompetenzen bei der Softwareentwicklung und ist unabhängig.
Können Sie das näher erläutern?
Das heißt, dass wir auf keine spezifische Hardware und keine spezifischen Chips oder Cloud-Ökosysteme angewiesen sind. Diese einzigartige und starke Positionierung hat uns geholfen, strategischer Partner für Fahrzeughersteller zu werden, um gemeinsam softwaredefinierte Fahrzeugstrategiepläne zu erstellen. Dies ist nun der Schwerpunkt von KPIT. Mehr als 80 Prozent unserer Arbeit ist hochmodernen Programmen zum softwaredefinierten Fahrzeug gewidmet. Bei sechs von neun dieser Programme weltweit spielen wir eine zentrale Rolle. Nicht zuletzt gewinnen Halbleiterhersteller und Technologieunternehmen in der Automobilindustrie immer mehr an Bedeutung. Es ist auch offensichtlich, dass bei so vielen Softwareinhalten die Integration verschiedener Software oder von Software mit Hardware, und somit die Aufgabe eines Softwareintegrators von entscheidender Bedeutung ist. Mit einem starken Netzwerk von Allianzen sind wir einzigartig positioniert.
Renault und Honda haben KPIT als einen strategischen Technologiepartner für die nächste Generation softwaredefinierter Fahrzeuge auserkoren. Wie wichtig sind diese Aufträge für Ihr Unternehmen?
Der Auftrag von Renault ist ein Meilenstein für uns. Diese Rolle des Softwareintegrationspartners ist bei softwaredefinierten Fahrzeugen genauso wichtig wie die eines kompetenten Halbleiter- oder Cloudpartners. Renault hat bereits Partner in den Bereichen Cloud und Halbleiter und mit KPIT jetzt auch einen starken Softwarepartner. Honda kündigte eine ähnliche Partnerschaft mit KPIT für die Entwicklung ihrer Software an, um eine Mobilitäts-Roadmap für die nächsten zehn Jahre zu definieren. Mehr als 2000 unserer Ingenieure arbeiten an softwaredefinierten Fahrzeugen. Wir freuen uns sehr und sind stolz darauf, dass führende globale Automobilhersteller ihr Vertrauen in uns setzen, und wir zusammen die Mobilität neu denken können.
Erwarten Sie eine solche Kooperation auch mit deutschen Automobilherstellern?
Möglich wäre es. Wir arbeiten mit deutschen Automobilherstellern im Softwarebereich zusammen und spielen für sie bereits eine wichtige Rolle.
In Deutschland unterhält KPIT auch Partnerschaften mit Zulieferern wie ZF Friedrichshafen oder dSpace. Möchten Sie Ihr Netzwerk weiter ausbauen?
Zunächst würde ich gerne hervorheben, dass die Middleware bei softwaredefinierten Fahrzeugen eine besondere Rolle spielt, die eine intensive Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Unternehmen erfordert. Deshalb haben KPIT und ZF eine Entwicklungskooperation mit Qorix ins Leben gerufen. Wir glauben, dass ein unabhängiges Unternehmen ein Katalysator für die Entwicklung standardisierter Lösungen sein kann. Qorix wird sich auf den Aufbau eines ausgereiften, modularen und skalierbaren Middleware-Stacks konzentrieren, der für die Branche von großem Nutzen sein wird. Wir gehen auch davon aus, dass weitere Unternehmen dieser Partnerschaft beitreten werden. Ich bin sicher, dass diese Partnerschaft einen immensen Mehrwert schaffen wird.
Warum gehen Sie auch Partnerschaften mit Zulieferern ein?
Erstens: Um Kunden eine umfassende und ganzheitliche Lösung anbieten zu können, bringen wir die relevanten Partner zusammen. Zweitens: Für Softwarelösungen, die für den Fahrzeughersteller nicht differenzierend sind, kann es für einen OEM von Vorteil sein, Softwarelösungen auf Basis von Standards zu haben und nicht von bestimmten Lieferanten abhängig zu sein. KPIT ist ein unabhängiges Unternehmen und wir konzentrieren uns darauf, Plattformen und Lösungen zu entwickeln, die über Chip-, Hardware- und Cloud-Ökosysteme hinweg funktionieren.
Warum haben Sie 2022 das Münchner Unternehmen Technica Engineering übernommen?
Wie schon gesagt, bei softwaredefinierten Fahrzeugen gibt es umfangreiche Möglichkeiten über den gesamten Technologie-Entwicklungslebenszyklus. Technica Engineering hat seine Stärken bei der Entwicklung produktionsreifer Prototypen, E/E-Fahrzeugnetzwerkarchitektur, Automotive Ethernet und bei Validierungstools. Damit erweitern wir unser Portfolio für OEMs rund um das softwaredefinierte Fahrzeug. Dies wird unser Technologieportfolio ergänzen und dazu beitragen, eine intelligente und effiziente Architektur für unsere Kunden zu schaffen. Branchenführer wissen unsere gemeinsamen Angebote sehr zu schätzen.
Planen Sie weitere Akquisitionen?
Wir sind weltweit offen für Akquisitionen, wenn sie unser Know-how in den neuen Technologien weiter verbessern.
Softwarespezialisten sind sehr gefragt. Finden Sie genügend neue Mitarbeiter?
Wir konzentrieren uns darauf, erstklassige Talente zu gewinnen und im Unternehmen zu halten. Wir haben bei KPIT eine Mission namens „Best Place to Grow“. Dank unserer konsequenten Bemühungen konnten wir in den letzten Jahren zahlreiche Mitarbeiter für unser Unternehmen gewinnen. Auf der anderen Seite bieten wir auch viele Trainings an. Generell suchen wir Experten mit ganz bestimmten Fachkenntnissen. KPIT ist ein reines Technologieunternehmen, das mit verschiedenen Fahrzeugherstellern zusammenarbeitet und weltweit Karrieremöglichkeiten anbietet. Das hat sich herumgesprochen.
Wie viele neue Mitarbeiter möchten Sie 2023 einstellen?
Während viele Technologieunternehmen vorsichtig und zurückhaltend wirken, befinden wir uns in einer Wachstumsphase. Weltweit haben wir im Geschäftsjahr 2022/23 über 3000 Mitarbeiter eingestellt. Und wir planen weiter zu wachsen.
Haben Sie neben der Automobilindustrie in Deutschland auch andere Branchen im Visier?
Wir fokussieren uns ganz auf den Fahrzeug- und Mobilitätssektor. Da gibt es für uns noch sehr viel zu tun.
Wo wird KPIT in zehn Jahren stehen?
Automobile Mobilität ist ein spannender Bereich, bei dem Software immer wichtiger wird. Wir werden in den nächsten zehn Jahren auf diesem Gebiet weiter wachsen. Wenn wir in anderen Bereichen tätig werden, sollte dies auch für die Automobilindustrie von Relevanz sein. Aber die Technologie ändert sich schnell, und wir sind agil und beobachten Veränderungen aufmerksam. Wir sind flexibel genug, um auf Veränderungen reagieren zu können.
Wie wichtig ist der KPIT-Standort in München?
München ist unser größter Standort außerhalb Indiens und neben den deutschen und europäischen Kunden auch für unsere globalen Kunden wichtig. Wir haben hier Zugang zu exzellenten Talenten und diejenigen, die sich für die Welt des Automobils und der Mobilität begeistern. Unsere asiatischen und nordamerikanischen Kunden besuchen ebenfalls das Münchener Entwicklungszentrum, um sich unsere Arbeit anzuschauen und mit unseren Teams zu interagieren. Einige unserer Technologiekompetenzzentren befinden sich nur hier. München ist ein globales Kompetenzzentrum für KPIT. Hier sind Mitarbeiter aus 25 verschiedenen Nationen tätig. Dies ist wichtig, um Innovationen und die unterschiedlichen Möglichkeiten, an Aufgaben heranzugehen und zu fördern. Wir mögen die europäische Vielfalt.
Dazu aus dem Datencenter: