Nach vorläufigen Veröffentlichungen der jeweiligen nationalen Automobilverbände lagen die westeuropäischen Neuzulassungen im September mit rund 1.198.000 Pkw in etwa auf Vorjahresniveau. Allerdings hinkt der Vorjahresvergleich: Zum 1. September 2019 und 2018 erfolgte in den westeuropäischen Märkten jeweils eine Umstellung auf das WLTP-Messverfahren. Dadurch war es in den Vormonaten zu starken vorgezogenen Zulassungen gekommen, wodurch der September dann sehr schwach ausfiel. Der diesjährige September lag acht Prozent unterhalb eines mittleren Septembers der vergangenen 20 Jahre.
Langsam geht es wieder aufwärts
Nach neun Monaten liegen die Neuzulassungen 29,5 Prozent im Minus. Niemals zuvor wurden in Westeuropa in diesem Zeitraum so wenig neue Pkw zugelassen. In den Monaten März bis Mai war das öffentliche Leben durch die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung soweit eingeschränkt worden, dass die Produktion und die Zulassungen von Neuwagen sehr erschwert wurde. Allein in diesen drei Monaten wurden in Westeuropa mehr als 2,4 Millionen weniger Pkw zugelassen als in der ursprünglichen Prognose angenommen worden war. Der Tiefpunkt wurde im April erreicht, als die Neuzulassungen um 80 Prozent gegenüber dem Vorjahr einbrachen.
Ein Teil dieser nicht realisierten Zulassungen wird noch einige Monate lang nachgeholt werden, sodass sich in den kommenden Monaten Neuzulassungen ergeben können, die über dem tatsächlichen Nachfrageniveau liegen. Darüber hinaus kann es zum Jahresende zu vorgezogenen Zulassungen kommen, da Anfang kommenden Jahres die CO2-Grenzwerte verschärft werden. Unter Umständen werden Hersteller und Händler CO2-starke Pkw zum Jahresende verstärkt zulassen.
Nachdem im Sommer die Infektionszahlen deutlich zurückgegangen waren, ist in ganz Westeuropa zurzeit wieder ein starker Anstieg zu beobachten. Im Moment ist ein erneuter flächendeckender Shutdown nicht im Gespräch, aber für einige Länder auch nicht mehr auszuschließen. Dadurch könnte es bis Anfang kommenden Jahres zu erneuten deutlichen Einbrüchen kommen.
Für das Gesamtjahr 2020 erwartet die Automobilwoche zurzeit ein Neuzulassungsvolumen von zirka 10,8 Millionen Pkw. Dies wäre gegenüber dem Vorjahr ein Rückgang um fast 25 Prozent oder 3,5 Millionen Pkw. Für das verbleibende Quartal bedeutet die einen Rückgang um weniger als acht Prozent. Allerdings könnte sich dies aus den oben genannten Gründen noch deutlich ändern. Dabei muss beachtet werden, dass mögliche vorgezogene Zulassungen dann zu Lasten der Entwicklung im kommenden Jahr gehen werden.
Der Effekt der Covid-19 Krise (Prognose mit Istwert Februar ohne Einfluss der Krise gegenüber der aktuellen Prognose) wäre minus 2,95 Millionen Neuzulassungen.
Auch wenn die aktuelle Prognose noch mit vielen Unsicherheiten ausgestattet ist, das Jahr 2020 wird sicher das niedrigste Neuzulassungsergebnis aller Zeiten in Westeuropa mit einem wiedervereinigten Deutschland erleben.
Selten war eine Prognose im Herbst für das kommende Jahr mit so vielen Unsicherheiten behaftet. Viel wird davon abhängen wie sich die Pandemie weiter entwickelt und wie die wirtschaftlichen Auswirkungen sein werden. Allgemein wird im Moment für Westeuropa ein Anstieg der Wirtschaftsleistung um gut fünf Prozent erwartet, nach einem Rückgang in diesem Jahr um knapp acht Prozent. Nach der momentanen – vorsichtig optimistischen - Einschätzung der Automobilwoche werden die Neuzulassungen auch aufgrund von Nachholeffekten auf zirka 13 Millionen Neuzulassungen ansteigen, ein Plus von 20 Prozent. Es wären neun Prozent weniger als in einem mittleren Jahr in diesem Jahrtausend.
In dem Land, in dem Brexit-Problematik lange Zeit in den Hintergrund gedrängt wurde, lagen die Neuzulassungen im vergangenen Monat mit 328.041 Pkw um 4,4 Prozent unter Vorjahr. Der bisherige Tiefpunkt war der April. Damals lagen die Neuzulassungen gut 97 Prozent im Minus. Nach neun Monaten beträgt das Minus 33,2 Prozent.
Für das Gesamtjahr 2020 erwartet die Automobilwoche nun 1,7 Millionen Neuzulassungen, ein Rückgang um 26,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für das kommende Jahr ist neben der Pandemie auch der Ausgang der Brexit-Verhandlungen ausschlaggebend. Unter der Voraussetzung, dass es nicht zu einem Austritt ohne Abkommen kommt, werden 2,15 Millionen Neuzulassungen erwartet. Abgesehen von diesem Jahr wäre es das niedrigste Ergebnis seit 2012.
In Frankreich gingen die Neuzulassungen im September um drei Prozent zurück. Im April betrug der Rückgang 89 Prozent. Nach neun Monaten liegt der Markt 28,9 Prozent im Minus
Statt der 2,14 Millionen Neuzulassungen, die ohne Covid-19-Pandemie erwartet wurden, ist die Prognose für dieses um 450.000 Pkw auf nun 1,7 Millionen Neuzulassungen gesenkt worden, ein Minus von 23,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für 2021 wird von einem Anstieg auf zwei Millionen ausgegangen, ein Plus von 17,6 Prozent, aber immer noch deutlich unterhalb des Niveaus der vergangenen Jahre.
Italien war als erstes Land in Westeuropa von der Covid-19-Pandemie betroffen. Bereits im März gab es bei den Neuzulassungen ein Minus von 85 Prozent. Im April wurden es 97 Prozent. Der September brachte aufgrund von Nachholeffekten und Kaufanreizen ein Plus von 9,5 Prozent. Nach neun Monaten beträgt das Minus 34,3 Prozent. Das schon vorher wirtschaftlich angeschlagene Land wird durch die aktuelle Situation besonders gebeutelt. Der Wirtschaftsleistung wird nach aktuellen Prognosen um zirka zehn Prozent zurückgehen.
Die Prognose vor Covid-19 sah für das Gesamtjahr ein Neuzulassungsvolumen von 1,88 Millionen Pkw vor. Nach der aktuellen Einschätzung werden es dieses 1,36 Millionen Pkw werden, 29 Prozent weniger als vor einem Jahr. Das kommende Jahr könnte ein Plus von 30 Prozent bringen. Die dann erreichten 1,77 Millionen Neuzulassungen liegen aber immer noch 14 Prozent unterhalb des langjährigen Mittels.
Die Monate März bis Mai waren für die Neuzulassungen in Spanien äußerst schlecht. Die Veränderungen begannen mit minus 69 Prozent im März, steigerten sich auf minus 97 Prozent im April und waren auch im Mai mit minus 73 Prozent noch sehr schwach.
Der September brachte mit minus 13,5 Prozent alles andere als eine Erholung. Im bisherigen Jahresverlauf liegen die Neuzulassungen 38,3 Prozent unterhalb des Vorjahres. Dies ist die höchste negative Abweichung aller großen westeuropäischen Märkte.
Statt der ursprünglich erwarteten 1,23 Millionen Neuzulassungen wird aktuell nur noch mit 860.000 Pkw gerechnet. Das Minus gegenüber dem Vorjahr beträgt dann 31,7 Prozent. Kommendes Jahr sollten unter günstigen Voraussetzungen 1,15 Millionen, plus 33,7 Prozent, erreichbar sein. Dies bedeutet ebenfalls ein deutlich niedrigeres Niveau als im langjährigen Mittel.
Mit minus 25,5 Prozent nach neun Monaten fällt der Rückgang in Deutschland relativ niedrig aus. Der September brachte ein Plus von 8,4 Prozent. Auch hierzulande wird es einige Nachholeffekte geben, die aber nicht so stark ausfallen dürften wie in anderen Ländern mit wesentlich stärkeren Rückgängen in den vergangenen Monaten.
Aufgrund des überhöhten Vorjahresergebnisses war schon in der ursprünglichen Prognose für dieses Jahr mit einem Rückgang um 7,4 Prozent auf 3,34 Millionen Neuzulassungen gerechnet worden. Nach der aktuellen Einschätzung werden es noch einmal 520.000 Pkw weniger werden. Die nun erwarteten 2,82 Millionen Neuzulassungen bedeuten einen Rückgang um 21,8 Prozent. Dies wären über 787.000 Pkw weniger als im Vorjahr.
Für 2021 geht die Automobilwoche von einem Plus von 11,7 Prozent auf 3,15 Millionen Neuzulassungen aus. Verglichen mit den hohen Zulassungszahlen der vergangenen fünf Jahre wären dies fast 18 Prozent weniger.
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