Luca de Meo freut sich über "Green Deal"

Die ganze Autowelt jammert über die strikte CO2-Regulierung der Europäischen Kommission. Die ganze Autowelt? Nicht ganz. Renault-Vorstandschef Luca de Meo erklärte am Dienstag beim Automobilwoche Kongress in Ludwigsburg, warum die notwendige Transformation der Auto- und Mobilitätsbranche auch eine Chance ist.

"Ich mag Veränderung", sage de Meo im Gespräch mit Automobilwoche-Herausgeber Helmut Kluger. Die Branche stehe in der aktuellen "elektrischen und digitalen Revolution" zweifellos vor enormen Herausforderungen, sie habe aber auch ganz neue Geschäftsmöglichkeiten. Gerade die Europäer sollten diese Chancen nutzen.

"In Europa hatten wir im Grunde bislang keine einheitliche Industriepolitik. Mit dem Green Deal aber ist zum ersten Mal ein Rahmen geschaffen worden, hinter dem sich alle EU-Staaten versammelt haben." Diese klare Ausrichtung auf das elektrische Automobil biete Europas Autobranche die Möglichkeit, technologisch die Entwicklung anzuführen.

"In der digitalen Welt haben wir in Europa den Zug verschlafen, da sind andere Weltregionen an uns vorbei gezogen." Diesen Fehler dürfe die Autobranche bei der Elektrifizierung nicht wiederholen.

De Meo fand aber nicht nur Lob für die politischen Vorgaben. "Europa hat das Prinzip der staatlichen Neutralität bei technischen Fragen vergessen. Technische Lösungen sollten von den Ingenieuren entwickelt werden, nicht von der Politik." So sollte die Regulierung nicht den Fehler begehen und andere denkbare "Zero-Emission"-Lösungen wie Wasserstoff oder synthetische grüne Kraftstoffe unterbinden.

Zur Entwicklung bei Renault sagte de Meo, die eingeleitete Transformation im Rahmen seines "Renaulution"-Programmes sei noch lange nicht abgeschlossen. "Wir müssen noch stark an unserer Kostenseite arbeiten. Aber wir haben schon eine Menge auf den Weg gebracht", lautete seine Zwischenbilanz der Veränderungen im Konzern.

"Wir haben unter anderem in nur sechs Wochen unser gesamtes Produktportfolio neu ausgerichtet." Ab 2023 werde Renault vermutlich über das beste Portfolio seiner Geschichte verfügen. 2022 wird Renault den neuen elektrischen Mégane auf den Markt bringen, 2023 kommt dann der Nachfolger des Kompakt-SUV Kadjar und voraussichtlich auch der rein elektrische R5. Der elektrische R4 ist bereits in der Entwurfsphase.

"Renault ist wahrscheinlich das am meisten unterschätzte Unternehmen in der Autobranche", klagte de Meo ein wenig. So sei der Konzern nicht nur zurück zu schwarzen Zahlen gekommen, sondern habe sich auch nachhaltig von seiner alten Volumenstrategie verabschiedet.

Ein wesentlicher Hebel für künftiges Wachstum sei eine Umkehr zur höheren vertikalen Integration des Ökosystems Auto, sagte der Renault-Chef. "In den vergangenen Jahren gab es in der Autobranche immer größere Verluste bei vertikaler Integration." Diese Entwicklung habe letztlich auch in die aktuell schwierige Lage bei der Rohstoffversorgung und insbesondere bei den Halbleitern geführt.

Abschließend plädierte de Meo für eine Besinnung auf die emotionale Seite des Automobils. "Wir können das Auto nicht nur denken als Monitor auf Rädern. Beim Thema Auto sollten wir auch nicht nur über Synergien sprechen. Das Auto wird ein emotionales Produkt bleiben und wir sollten versuchen, die Magie des Automobils nicht auszublenden."

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