Mann der Extreme

Mehr Reichtum, mehr Einfluss und mehr Disruption geht nicht: Elon Musk ist dem Rest der Autowelt enteilt. Er lebt buchstäblich in einer anderen Welt, auf dem Weg zu den Sternen. Die Person strahlt auch so stark, weil Musk seine Rolle als Multi-Unternehmer als radikale One-Man-Show ausfüllt. Mit Aufsichtsräten, Vorstandsvorsitzenden oder Pressesprechern will er sich nicht abstimmen oder abmühen. Mit der Öffentlichkeit kommuniziert er am liebsten per Twitter. So manche Botschaft, rasch dahingerotzt, hat ihn schon Millionen gekostet und zu Ärger mit der US-Börsenaufsicht geführt.

Doch das juckt einen Elon Musk nicht. Seit dem jüngsten Kurs- sprung der Tesla-Aktie ist der Tesla-Großaktionär und Gründer einiger Tech-Unternehmen der reichste Mensch der Welt mit einem geschätzten Vermögen von mittlerweile rund 300 Milliarden Dollar – das ist mehr als das Brutto- inlandsprodukt etwa von Portugal oder Rumänien.

Doch nicht Geldgier oder Machtwille treiben den 50-Jährigen an, sondern Forscherdrang. Mit einer fast kindlichen Neugier erkundet Musk immer wieder die Grenzen des technisch Machbaren. Geht nicht gibt's nicht, ist sein Lebensmotto. Fokussiert wie ein Brennglas ist er, wenn es vorangehen soll. Ohne diese Haltung wäre der Erfolg von Tesla oder SpaceX nicht denkbar.

Da ist es nicht verwunderlich, dass der in Südafrika geborene und aufgewachsene Musk nur im Mutterland der Start-ups, in Kalifornien, groß werden konnte. Musk hat längst Unternehmensgeschichte geschrieben. Er kann mittlerweile getrost in einem Atemzug genannt werden mit Gottlieb Daimler oder besser noch mit dem US-Erfinder und Unternehmensgründer Thomas Edison. Wie Edison verknüpft Musk neue technologische Möglichkeiten mit geschäftstüchtigen Aktivitäten. Besonders deutlich wird das am Raumfahrtunternehmen SpaceX. Geboren als scheinbar spleenige Milliardärs-Idee, ist SpaceX inzwischen ein wichtiges Standbein für die nationale Raumfahrt-Agenda der USA geworden – und ein Angebot für extrem wohlhabende Weltraumtouristen.

Wie viele Gründer und Selfmade- Milliardäre aus den USA und vor allem aus dem Silicon Valley ist Musk davon überzeugt, dass die Menschheit durch Technologie eine bessere Zukunft hat. Für die Schattenseiten dieser Entwicklung verschwendet er dagegen keine Zeit. So steht Tesla seit dem Jahr 2019 in einem zähen Gerichtsverfahren in den USA, in dem es um tödliche Arbeitsunfälle und unmenschliche Arbeitsbedingungen in den Kobaltminen der Republik Kongo geht.

Wenig Verständnis bringt Musk auch gegenüber all jenen auf, die seine extreme Arbeitsmoral nicht teilen. Er brennt für seine Sache und spricht gerne von Leidenschaft. Das beinhaltet echtes Leiden – eine Arbeitswoche von 70 oder 80 Stunden ist für Musk ein Zeichen von echtem Einsatz. Kon-flikte mit den Mitarbeitern und erst recht mit der Mitbestimmung in Deutschland sind schon jetzt abzusehen.

Dabei erwartet der Tesla-Chef von Mitarbeitern denselben Einsatz, den er selbst zeigt – etwa seine legendären Übernachtungen auf dem Feldbett in einem Büroraum der ersten sogenannten Tesla-Gigafactory in Fremont. Die Produktion des Model 3 kam damals nur stotternd ins Laufen, Musk ging alles nicht schnell genug. Er prägte damals das Wort von der "Produktionshölle" ("production hell"). Kürzlich ist er nach Texas gezogen, wo die nächste Gigafactory entsteht.

Aber Musk nimmt jede Herausforderung an. Er gilt als extremer Perfektionist und gibt sich mit großzügigen Spaltmaßen oder schlechten Fertigungsstraßen niemals zufrieden. Er macht so lange weiter, bis es perfekt ist.

Schön illustriert diese Haltung eine Geschichte aus seiner College-Zeit. Bei einem Test gab ihm der Dozent damals eine Top-Benotung von 98 Prozent. Doch das reichte Musk nicht. Der junge Mann beschwerte sich und holte sich die vollen 100 Prozent ab.

Der Drang zur Perfektion steht auch am Anfang von Musks jüngster Idee zum "Tesla Bot". Beim "Tag der Künstlichen Intelligenz" Ende August 2021 kündigte er einen humanoiden Roboter an. Das war als Antwort auf den Fachkräfte- mangel gemeint. Bereits 2022 will Musk sein Multitalent präsentieren. Vermutlich wird der noch namenlose Roboter als einen der ersten Einsatzorte die neue Auto- fabrik in Grünheide zugewiesen bekommen. Der 1,73 Meter hohe Roboter soll Werkzeuge frei wählen und nutzen können. Wenn der metallische Kollege dann 24/7 schrauben muss, wird er nicht die IG Metall in Alarmbereitschaft versetzen können.

Ausbremsen kann einen Elon Musk letztlich nur er selbst. Irgendwann braucht auch der Supermann aus Südafrika Erholung und Ruhe. Investoren befürchten denn auch nichts mehr als ein Burn-out ihres Idols.

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