Auch wenn das Unternehmen gut durch schwierige Zeiten gekommen sei, gibt es für Marc Llistosella, seit Jahresbeginn Vorstandsvorsitzender beim Zulieferer für Schienen- und Nutzfahrzeuge Knorr-Bremse, „keinen Grund aufzuatmen“. Nach vier Vorstandschefs innerhalb von vier Jahren würden sich die Mitarbeiter vor allem eines wünschen: „Kontinuität und klare Führung“, sagt Llistosella. Er sieht es als eine Aufgabe für den gesamten Vorstand, „für Kontinuität und Stabilität innerhalb der Führung des Unternehmens zu sorgen“. Knorr-Bremse wisse zwar genau, wo sie steht, doch er stelle auch immer wieder fest, „dass wir noch nicht wirklich wissen, wo wir wirklich hinwollen“. Dieses Zielbild gelte es gemeinsam zu erarbeiten.
Eines der Zielbilder betrifft Produktlösungen. „Hier erklären und definieren wir, wie unsere Produkte und Produktlösungen in zehn bis 15 Jahren aussehen sollen und werden.“ In diese Bereiche will der Zulieferer investieren und seine Technologiebasis erweitern. Besonderen Wert legt er auf das Thema Nachhaltigkeit. „Nachhaltigkeit ist ein Fakt, eine Verpflichtung.“ Für Unternehmen, die das Thema Nachhaltigkeit nicht ernst nehmen, werde es künftig „sehr, sehr schwierig werden“.
Was Llistosella mit Knorr-Bremse plant
Nach vier Vorstandswechseln innerhalb von vier Jahren will Marc Llistosella auf dem Chefposten von Knorr-Bremse für Kontinuität sorgen. Die mangelnde Fehlerkultur im Unternehmen nimmt er in Angriff.
Zudem will sich der Knorr-Bremse-Chef dafür einsetzen, Produkte und Services digitaler zu gestalten. Das Unternehmen müsse neue Geschäftsmodelle starten, „um mit Daten und nicht nur mit Hardware Geld zu verdienen“. Zwar sieht er dafür im Unternehmen gute Ansätze, aber Knorr-Bremse müsse schneller werden und sein Innovationsmanagement aktiv vorantreiben. In diesem Zusammenhang bemängelt er, dass es beim Unternehmen an einer gelebten Fehlerkultur mangele. Ohne diese werde es schwierig sein, Innovationen schnell zu entwickeln.
Llistosella plant mit organischem wie anorganischem Wachstum und will sich geschäftsnahe und neue Geschäftsfelder erschließen. „Alles wird analysiert. Wir haben einen klaren Zeitplan und lassen uns dabei auch von niemandem hetzen.“ Erste Ergebnisse will er in diesem Sommer präsentieren. „In diesem Prozess arbeiten wir ergebnisoffen und es gibt keine Denkverbote.“
Einem möglichen Einstieg ins Pkw-Geschäft erteilt er eine klare Absage. „Das ist ein Geschäftsfeld, wo wir keine Kompetenzen haben und auch keine Kompetenz anstreben.“ Ein Unternehmen wie Hella, an dem sich Knorr-Bremse unter dem damaligen CEO Jan Mrosik noch beteiligen wollte, „wäre für uns in der jetzigen Situation gar nicht auf dem Schirm“. Wenn Knorr-Bremse anorganisch wachse, dann müsse es nicht nur inhaltlich passen und strategisch sinnvoll sein, „sondern es muss auch betriebswirtschaftlich Sinn machen. Insbesondere bei größeren Akquisitionen.“
Absehbar ist das Ende des Engagements von Knorr-Bremse in Russland. Das Joint Venture mit dem russischen Nutzfahrzeughersteller Kamaz hat der Zulieferer im Mai vergangenen Jahres gestoppt. Ende 2023 will das Unternehmen in Russland nicht mehr aktiv sein, außer bei bestehenden Verträgen. Derzeit prüfe die Rechtsabteilung des Unternehmens wöchentlich „wie weit wir gehen müssen, um diese zu erfüllen“.
Dazu aus dem Datencenter: