Mercedes denkt über einen Nachfolger des Zweisitzers seiner Tochter Smart nach. "Der Fortwo ist ja noch immer da. Und wer weiß, ob wir nicht irgendwann wieder ein Fahrzeug im A-Segment nachlegen, wenn der Vorgänger wirklich ausläuft", sagte Smart-Europa-Chef Dirk Adelmann im Interview mit der Automobilwoche. Derzeit wird der zweisitzige Smart im französischen Hambach vom Autobauer Ineos im Auftrag von Mercedes gefertigt. Das rein elektrische Modell soll noch bis 2024 produziert werden.
Smart will zunächst seinen neuen Viertürer #1 auf den Markt bringen und ist mit dem Start in China zufrieden, wo das Auto auch hergestellt wird. "Als wir im Juni in China die Auftragsbücher aufgemacht haben, waren innerhalb von 48 Stunden 15.000 Fahrzeuge mit einer verbindlichen Anzahlung verkauft. Da sind wir also gut beschäftigt. Für alle weiteren Bestellungen gibt es derzeit eine Warteliste", betonte Adelmann.
Mercedes hatte Smart 2020 in ein Joint-Venture mit Geely eingebracht. In Europa wurden bisher nur 1000 Einheiten des #1 angeboten, die aber auch bereits reserviert seien. "Wir gehen davon aus, dass die Kontingente bei den ab Oktober verfügbaren Linien mit dem sportlichen Brabus ebenfalls schnell verkauft sein werden."
Lesen Sie hier das Interview im Wortlaut:
Herr Adelmann, wie viel China steckt im neuen Smart?
Für uns ist das ein internationales Projekt. Das komplette Design kommt ja von Mercedes-Benz unter der Ägide von Gordon Wagener. Das Engineering passiert vor allem in China bei Geely und smart Automobile,, auch die Produktion ist in China. Das ganze Thema Qualität liegt auf dem bei Mercedes-Benz und Geely üblichen Niveau. Auch der Vertrieb in Europa läuft über die Mercedes-Händler. Aber eine Umfrage unter potenziellen Kunden hat gezeigt, dass der großen Mehrheit die chinesischen Wurzeln aber ohnehin egal sind.
Smart ist also nach wie vor an Mercedes angegliedert?
Der #1 wird im Showroom bei den Mercedes-Händlern stehen. Da sich Mercedes mit der Luxus-Strategie aus diesem Segment zurückzieht, ist es für uns eine logische Ergänzung des Portfolios im Einstiegsbereich für Premiumfahrzeuge. Aber eben kein Luxus. Und weil Mercedes auch das gesamte Werkstatt-Geschäft mit Ersatzteilen betreibt, ist das für den Kunden vertrauter als eine komplett neue Marke aus China, die jetzt nach Europa kommt.
Aber wofür steht die Marke noch?
Wir haben in 25 Jahren mit Smart ein klares Profil herausgearbeitet von Nachhaltigkeit über Spaß am Leben bis hin zu pfiffigen neuen Ideen. Das haben wir übertragen auf das neue Auto, denn viele Kollegen:innen sind schon sehr lange bei der Marke und absolute Überzeugungstäter. Wir haben gerade in Europa bewusst versucht, die DNA von Smart zu erhalten.
Aber das Konzept des urbanen Zweisitzers ist ja weg, oder?
Der Fortwo ist ja noch immer da. Und wer weiß, ob wir nicht irgendwann wieder ein Fahrzeug im A-Segment nachlegen, wenn der Vorgänger wirklich ausläuft. Aber wir haben mit dem #1 einen klassischen Smart-Vertreter. Es ist ein sehr kompaktes Fahrzeug für das B-Segment mit einem wahnsinnig großen Innenraum. Dieses Raumgefühl war schon immer typisch für Smart. Was wir hinzugewonnen haben, ist Reichweite und Einsatzfähigkeit.
Was heißt das konkret?
Wir haben jetzt einen Fünfsitzer. Wir können auch mal raus aus der Stadt, und wir haben mit rund 440 Kilometer Reichweite pro Ladung auch ein Erstfahrzeug, was wir so bisher noch nicht hatten. Es bleibt aber auch ein tolles Zweitfahrzeug für Mercedes-Kunden. Ich verstehe manche Skepsis, aber aus meiner Sicht ist der #1 die logische Fortsetzung der Smart-Geschichte, zumal der Fortwo ja noch da ist.
Auch ein Fiat 500e ist ein komplettes Autos und kostet im Einstieg rund 10.000 Euro weniger?
Aber der Fiat 500e hat zu diesem Preis keine 440 Kilometer Reichweite. Wir werden voraussichtlich nächstes Jahr eine Modellvariante vorstellen mit kleinerer Batterie, die dann auch preislich anders gestaltet ist. Aber sie kann mehr mit fünf vollwertigen Sitzen und ganz anderen Paketen wie etwa unser Fahrassistenzsystem auf Level 2, unser Infotainment, das Schlüssel-Sharing und vieles mehr. Ich behaupte, das hat in diesem Segment sonst keiner. Wir verstecken uns mit diesem Auto auch nicht vor einem VW ID.3.