Darum baut Mercedes sein eigenes Ladenetz

Der Autobauer Mercedes hat in Deutschland seinen ersten Schnellladepark eröffnet. In Mannheim stehen auf dem Gelände der Niederlassung sechs Ladepunkte mit einer Leistung von jeweils 300 kW. Es ist der Auftakt zum weltweiten Aufbau eines eigenen Ladenetzes mit 2.000 Standorten und 10.000 Ladepunkten bis Ende des Jahrzehnts. „Wir wollen das Ladeerlebnis so attraktiv wie möglich machen und kümmern uns um das Thema Funktionalität, Qualität und Komfort“, sagte Mercedes-Mobility-Chef Franz Reiner bei der Eröffnung.

Es habe sich gezeigt, dass die Adaptionsraten höher seien, wenn der Kunde ein Ökosystem rund um die Elektromobilität vorfinde, sagte Reiner zur Begründung, warum sich Mercedes nach langem Zögern für diesen Weg entschieden hat. Zwar ist Mercedes auch am Schnellladenetz Ionity mit 500 Standorten in Europa beteiligt und bietet seinen Kunden weltweit Zugang zu 1,4 Millionen Ladepunkten. Doch dies reicht offenbar nicht aus, um das gewünschte Tempo beim Umstieg auf rein elektrische Antriebe zu erreichen.

Die Kehrtwende in der Strategie hatte Mercedes-Chef Ola Källenius bei der CES Anfang des Jahres verkündet. Dabei dürfte Pionier der Elektromobilität eine Rolle gespielt haben. „Es war auch ein Erfolg von Tesla, das Laden von Anfang an mitgedacht zu haben. Um so besser, dass Mercedes dies in Europa nun selbst in die Hand nimmt“, sagt der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann. Man brauche das Engagement der Wirtschaft. Allein in Baden-Württemberg sei 2030 mit zwei Millionen rein elektrischen Fahrzeugen zu rechnen. Dafür benötige man bis zu 100.000 Schnelllader. Stand heute gibt es im Südwesten 20.000 Ladepunkte insgesamt.

Als Partner für Europa hat Mercedes den Energieversorger E.ON ausgewählt. E.ON unterstütze bei der Standortsuche und Planung, dem Bau, Betrieb sowie begleitenden Services. Dazu gehörten auch smarte Lösungen wie die vorausschauende Wartung der Ladeinfrastruktur auf Basis von künstlicher Intelligenz sowie weitere Funktionen. So kann eine Ladesäule beispielsweise aus dem Auto heraus für bis zu 15 Minuten reserviert werden. Die Kosten für das Laden sollen bei 72 Cent pro Kilowattstunde liegen und auch für Kunden anderer Marken gelten. „Die Ladestationen werden auch in andere Ökosysteme wie etwa Ionity oder EnBW integriert“, so der Ladenetz-Verantwortliche Nico Dettmer. Es gebe keinerlei Diskriminierung.

Nach Atlanta (USA), Chengdu (China) und Foshan (China) ist Mannheim der vierte Schnellladepark, den Mercedes in eigener Regie an den Start bringt. In Europa liegt der Schwerpunkt neben Deutschland ab 2024 unter anderem in Italien, Spanien und Frankreich. Die Hubs sollen vor allem an wichtigen Verkehrsknotenpunkten, aber auch beispielsweise in Einkaufszentren entstehen. Bis Ende nächsten Jahres sollen 2.000 Ladepunkte gebaut sein, davon 500 in den USA, 200 in Europa und 1200 in China und dem Rest der Welt.

„Das ist ein ganz klares Symbol der Transformation in Richtung CO2-Neutralität“, sagte Mercedes-Finanzchef Harald Wilhelm. Er hofft auf eine schnelle Genehmigung der anvisierten Standorte. Wichtig für den Wandel hin zur Elektromobilität sei es, vor allem überzeugende Produkte anzubieten. „Wir investieren Unsummen in unsere neuen Plattformen“, so Wilhelm. Doch auch das komfortable Laden sei ein entscheidender für den Umstieg. Während die Early Adopters nun versorgt seien, müsse die breite Masse überzeugt werden. Dazu gehöre auch, dass das Laden ein schönes Erlebnis biete und in Zukunft attraktiv sei.

Aus dem Datencenter:

Aufbau von Schnellladestationen in Deutschland 2022