Und in China?
Auf China entfallen aktuell etwa acht Prozent unseres Absatzes, somit haben wir noch deutlich Luft nach oben. Unser klarer Fokus liegt hier allerdings nicht auf den gewerblichen Transportern, sondern auf Vans für den privaten Bereich. Somit stellen wir bei den zukünftigen Fahrzeugen für den chinesischen Markt den Anspruch der Kunden nach Luxus noch mehr in den Vordergrund.
Was wird sich mit der neuen Elektro-Plattform ändern, die ab 2026 kommen soll?
Unsere neue Elektro-Architektur VAN.EA wird in der Zukunft das Rückgrat unserer Produkte sein. Erstmals werden wir mit nur einer Architektur für mittelgroße und große Elektro-Vans alle relevanten Segmente bedienen und Anwendungsfälle abdecken: Von der V-Klasse bis zum Sprinter. Hierdurch können wir die Komplexität deutlich reduzieren, Skaleneffekte generieren und Prozesse maßgeblich beschleunigen. Gleichzeitig wollen wir mit VAN.EA den Maßstab bei Vernetzung und digitalen Anwendungen setzen.
Heißt das, es gibt zukünftig eine Architektur für alle Einsatzzwecke?
Absolut. Zum Beispiel ist die Branche der Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP) mit einem jährlichen Wachstum von sechs bis acht Prozent ein starker Treiber der Elektromobilität. Wir werden mit einer speziellen Variante für genau diesen Anwendungsfall auf den Markt kommen. Oder auch bei Reisemobilen: Auf Basis von VAN.EA werden wir auch unser Reisemobil-Portfolio erweitern. Wir planen neue Modelle mittelgroßer und großer vollelektrischer Camper ab Werk und arbeiten zusammen mit unseren internationalen Reisemobil-Partnern an einem neuen Industriestandard für Elektro-Camper. Im Segment der Midsize-Vans planen wir privat positionierte Vans im Luxussegment auf Basis VAN.EA. Dabei reicht die Bandbreite an Fahrzeugen von Vans für Lifestyle-orientierte Kunden mit hohen Ansprüchen, Vans als VIP-Shuttle, als lokal CO₂-emissionsfreies mobiles Büro bis hin zum Van für freizeitaktive Familien. Und nicht zuletzt: Die neue Architektur wird auch im Bereich Connectivity neue Möglichkeiten eröffnen und Maßstäbe setzen.
Inwiefern?
Mit MB.OS, dem Mercedes-Benz Operating System, schaffen wir die Grundlage für den weiteren Ausbau unserer digitalen Services. Sowohl im gewerblichen Bereich als auch im privaten Bereich werden wir unseren Kunden so einen hohen Mehrwert bieten, unter anderem mit der Integration von Google Maps sowie dem Zugriff auf Smartphone Apps. Basierend auf MB.OS wollen wir für unsere Privatkunden bis Ende des Jahrzehnts hochautomatisiertes Fahren nach Level 3 erreichen, während wir im gewerblichen Bereich vollautomatisiertes Fahren nach SAE Level 4 anstreben, um die Potenziale des fahrerlosen Transports zu erschließen. Mit Einführung des VAN.EA bieten wir aber bereits teilautomatisiertes Fahren auf SAE Level 2 an.
Wie sehr schmerzt Sie, dass die Kooperation mit Rivian für das neue Werk in Polen gescheitert ist?
Wir haben die Entscheidung für unseren neuen Standort in Jawor unabhängig von der angedachten Kooperation mit Rivian getroffen. Wir wollen als einziger Hersteller weiterhin große Vans am Standort Deutschland bauen, müssen dabei aber sicherstellen, dass wir bei steigenden Material- und Produktionskosten wettbewerbsfähig sind und bleiben. Um unser Produktionsnetzwerk mit Blick auf die Elektromobilität für die Zukunft aufzustellen, bauen wir daher zukünftig die großen VAN.EA auch in Polen.
Amazon setzt auch in Europa auf Rivian. Fürchten Sie die neue Konkurrenz?
Wir teilen mit Rivian immer noch das gemeinsame strategische Ziel: Elektromobilität weiter zu etablieren und die Kunden davon zu überzeugen, dass die Zukunft der Mobilität auch und besonders im Transporterbereich elektrisch ist. Um das zu erreichen, sind alle Marktteilnehmer gefragt. Wir haben uns in den vergangenen Jahrzehnten mit unseren Transportern in eine sehr gute Position gebracht und sind überzeugt, dass wir diese mit attraktiven Angeboten auch in den kommenden Jahren weiter ausbauen werden. Hierzu haben wir bereits heute ein extrem attraktives Portfolio und mit VAN.EA einen konsequenten Weg nach vorne.
Was versprechen Sie sich vom neuen eSprinter, der eine deutlich größere Reichweite hat?
Mit dem neuen E-Sprinter bringen wir zum ersten Mal einen vollelektrischen großen Van auf den US-Markt. Dieser unterscheidet sich in einigen wichtigen Aspekten von unserem Heimatmarkt in Europa, da die Kunden andere Ansprüche und Bedarfe haben. Die Reichweite ist in den USA wegen höherer Distanzen ein viel größeres Thema. Der neue E-Sprinter ist auf diese Bedürfnisse angepasst und das richtige Angebot für den Einstieg in einen großen und umkämpften Markt.
Was bedeutet mehr Reichweite konkret?
Das haben wir mit einer Testfahrt auf einer anspruchsvollen Strecke von Las Vegas nach Long Beach im Februar bewiesen: Die 113 kWh-Batterie für die 443 km Route musste nicht einmal nachgeladen werden. Der Dreiklang aus Effizienz, Reichweite und Ladevolumen macht die neue Generation des E-Sprinter zu einem sehr vielseitigen Alleskönner, den wir in rund 60 Märkten anbieten werden. Der E-Sprinter wird mit zwei Aufbauformen und -längen sowie drei Batteriegrößen verfügbar sein und bildet auch dank der hohen Nutzlast eine attraktive Basis für zahlreiche Aus- und Aufbauvarianten.
Wären Brennstoffzelle oder Wasserstoffmotor eine Alternative?
Wir haben in den vergangenen Jahren verschiedene Optionen für uns als Hersteller geprüft und uns klar für die Batterie als Antrieb entschieden, weil wir davon überzeugt sind, dass diese Technologie für die meisten Anwendungszwecke ideal ist – das zeigen auch unsere Daten-Analysen zu den heutigen Nutzungsgewohnheiten unserer Kunden.
Aus dem Datencenter:
Wer liefert was für den Mercedes EQT 2022