Nachdem der geplante Deal zwischen Canoo und dem BMW/Mini-Auftragsfertiger Nedcar im Frühjahr geplatzt war, könnte die Serienversion der Studie Mini Urbanaut ab 2025 in den USA vom Band laufen. Als Standort bieten sich die Canoo-Werke in Arkansas oder Oklahoma an, wo das Start-up den Output schrittweise von aktuell ein paar Dutzend auf etwa 80,000 Einheiten steigern will. Noch ungeklärt ist allerdings die Finanzierung. Während der Canoo-CEO Tony Aquila vor Investoren von kurzfristig verfügbaren Mitteln in Höhe von 600 Millionen Dollar sprach, lassen anhaltende Verluste und wiederholt verspätete Anläufe Zweifel an der Kenterfestigkeit des elektrischen Kanus aufkommen - trotz der ermutigenden Neuaufträge von Walmart und der US-Armee.
Das Mini-Produktprogram vom Dreitürer bis zum Countryman, das zügig elektrifiziert wird, steht im Prinzip bis in die zweite Hälfte des Jahrzehnts - mit zwei Ausnahmen. Die eine dreht sich um ein mögliches fünftüriges Coupé auf Basis der in China gebauten E-Plattform, die andere betrifft den ebenfalls noch nicht bestätigten Urbanaut, der den Clubman als Mini-Van neu erfinden soll. Die Ende 2020 erstmals gezeigte Mini-Studie sieht dem Canoo people mover verblüffend ähnlich. Das liegt wohl auch an Ulrich Kranz - dem Vater von Project i (BMW i3 und i8) -, der 2017 nach einem kurzen Umweg über Faraday Future gemeinsam mit dem früheren Opel-Chef Karl-Thomas Neumann und dem Ex-BMW Manager Stefan Krause bei Evelocity gelandet war, das wenig später in Canoo umbenannt wurde. Für Kranz und Krause stand angeblich schon damals eine Kooperation mit ihrem früheren Arbeitgeber im Raum.
Lässt Mini den Urbanaut MPV in Amerika fertigen?
Mini sucht eine technische Basis und einen Produktionsstandort für die Serienversion der Studie Urbanaut. Eine Kooperation mit Canoo könnte beide Probleme lösen.
Inzwischen hat sich das Rad weitergedreht. Kranz verließ nach knapp drei Jahren Canoo und wechselte im Juni 2021 zu Apple, wo er am iCar mitarbeitet. Schon rund ein Jahr vor seinem Abgang kam BMW mit Canoo ins Gespräch, denn der als intern als Spaceman gelistete Urbanaut war ein Entwurf ohne abgesicherte Erbanlagen. Der iX1 wäre als technische Basis nur eine Übergangslösung gewesen, die voll elektrische Neue Klasse hätte den Preisrahmen gesprengt, der Fokus der China-Plattform liegt ganz klar auf Kleinwagen. Was also tun? Der Canoo MPV hält als Kleinbus mit seinem Radstand von 2850 Millimetern und einer Länge von 4650 Millimetern genug Abstand zum Countryman, dem aktuell größten Mini. Ähnliches gilt für die fünf, von 20 bis 80 kWh skalierbaren Batteriepakete, die Mindestreichweite von 300 km und den ebenso drehmoment- wie leistungsstarken (Allrad-)Antrieb.
Nach dem Wechsel an der Mini-Führungsspitze im Frühjahr ist das Projekt zwar in Stocken geraten, doch falls die Zahlen stimmen, die Betriebssysteme kompatibel sind und die Qualität keine Probleme macht, dürfte der erste Mini aus amerikanischer Produktion in den Münchner Vorstandsgremien durchaus eine Chance haben. Zumal die Gerüchteküche verlauten lässt, dass Ulrich Kranz und seine Chefs neben Foxconn und Magna seit kurzem sogar Canoo als verlängerte Werkbank für Prototypen und Vorserienautos des iCar in Betracht ziehen. Von der möglichen Dreiecksbeziehung zwischen Mini, Apple und Canoo könnte im Endeffekt auch BMW profitieren, wo ein innovatives Betriebssystem für selbstfahrende Autos auf der Prioritätenliste ganz oben steht.
Aus dem Datencenter: