„Noch sind die Systeme zu dumm“

Der Begriff Künstliche Intelligenz (KI) ist eng verknüpft mit Themen wie autonomes Fahren, Vernetzung oder Industrie 4.0. Und die Entwicklung auf diesem Gebiet schreitet stark voran. „Durch tiefenneurale Netzwerke hat es in der Vergangenheit dramatische Fortschritt gegeben“, so die Erfahrung Philipp Slusallek, Wissenschaftlicher Direktor am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz. Er war einer der Teilnehmer an der T-Systems Breakfast Session mit dem Titel „Virtuelle Assistenten und Künstliche Intelligenz – der neue Treibstoff für den digitalen Wandel?“, die im Rahmen des Automobilwoche Kongress 2017 in Berlin stattfand.

Slusallek, dessen Forschungseinrichtung die weltweit größte für KI ist, verweist beispielsweise auf Erfolge von KI bei der Wahrnehmung von Sprache. Auch beim Thema autonomes Fahren seien Fortschritte erreicht worden. Doch das Thema KI und seine Anwendungsformen sei noch lange nicht abschließend erforscht: „Wir kennen die Bäume, sehen aber den Wald noch nicht“, zog Slusallek einen Vergleich.

So könne derzeit noch nicht sicher vorhergesagt werden, wie sich beispielsweise Fußgänger im Straßenverkehr bewegen. Solche Vorhersagen seien jedoch notwendig um autonomes Fahren sicher zu mache. Da sich Fälle wie "Kind läuft vor Auto" natürlich nicht mit realen Daten durchspielen lassen, arbeitet das DFKI mit "synthetischen Daten".

Es gebe heute zwar Chrashtests um die Sicherheit von Fahrzeugen zu testen, aber keine Methoden, um das zukünftige Hirn des Autos zu testen. Daran forsche man.

Andreas Reitschuster sieht in KI-Systemen einen Schlüssel für die Digitalisierung des VW-Konzerns. Er arbeitet im Münchner Data Lab des Autobauers Volkswagen. Informatiker Reitschuster verantwortet dort als Teamleiter unter anderem Projekte, die sich mit den Themen Connected Car, also dem vernetztem Fahren auseinandersetzen.

So wird im Raum München derzeit untersucht, wie Verkehr zu verstehen ist. Ziel sei es für einen beliebigen Autofahrer vorherzusagen zu können, wohin er als nächstes fährt. „Letztlich geht es um die Vermeidung von Staus“, bringt es Reitschuster auf den Punkt. Im Idealfall bekomme in der Zukunft jeder Verkehrsteilnehmer seine individuelle Strecke vorgeschlagen.

Sven Krüger sieht im Mobilfunkstandard 5G eine wichtige Voraussetzung für viele Technologien: „Ab 2021 sollten wir es haben“, so Krüger, der sich neben seiner Rolle als Marketingchef von T-Systems seit vielen Jahren mit dem Thema künstliche Intelligenz in Marketing, Wirtschaft und Gesellschaft beschäftigt.

Die Bedeutung von 5G hatte auf dem Kongress auch Telekom-Chef Tim Höttges betont: „5G ist kein schnelleres 4G! Es ist ein kompletter technologiescher Quantensprung. 1000 Mal mehr Kapazität, 100 Mal mehr Geschwindigkeit, 10 Mal geringere Latenz. Davon profitiert die Autoindustrie.“

Autonomes Fahren ist für VW-Mann Reitschuster ein Beispiel für die Notwendigkeit von 5G. Eine Herausforderung sieht er darin, dass beim autonomen Fahren so viele Daten entstehen, dass sie gar nicht mehr durchs Netz transportiert werden können.

Die Ansicht von Tesla-Chef Elon Musk, der vor Künstlicher Intelligenz warnt, teilen die Wissenschaftler nicht. Reitschuster räumt zwar ein, dass man sich dazu Gedanken dazu machen müsse „aber es ist jetzt noch deutlich zu früh“. Wissenschaftler Slusallek verweist darauf, dass Maschinen bislang nur Einzelaspekte beherrschen wie beispielsweise das Brettspiel Go.

Allerdings, so schränkt er ein, „können wir nicht ausschließen, dass Maschinen irgendwann die gesamte Palette abdecken können.“ Es müsse die Diskussion geführt werden, welche Art von Künstlicher Intelligenz der Mensch will und was nicht. „Aber noch sind die Systeme zu dumm.“

Lesen Sie auch:

Amazon folgt Bosch, Daimler, Porsche und ZF: Push für die künstliche Intelligenz in Baden-Württemberg

Fünf Fragen an Elmar Frickenstein, BMW: "Es ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen"

Exklusiv - Telekom-Chef: Höttges wettert gegen niedrige Steuern für Apple