Herr Schultze, haben klassische Automobilmessen überhaupt noch eine wichtige Funktion für die Autobauer?
KlassischeAutomessenwerden auch in Zukunft noch für die Markenbildung und den Launch neuer Produkte eine Rolle spielen – aber der Markt wird sich auch hier konsolidieren. Es werden unserer Meinung nur wenige überbleiben besonders die auf denen Fahrzeuge direkt vermarktet werden, sowie zwei bis drei Leitmessen. Aber daneben werden sich neue Konzepte wie z.B. die CES in Las Vegas auch als „Autoshow" etablieren.
Wir sehen in den vergangenen Jahren eine Zunahme der Eventkultur auch bei Automobilherstellern. Was können solche Events besser als klassische Automessen?
Die Vermarktung von Fahrzeugen wird sich immer weiter vom klassischen Retail-Händlermodell entfernen. Der Showroom und Point of Sales nähert sich immer wieder dem Kunden an – und aus diesem Grund sind die oben genannten Präsentationsformen ein gutes Modell, um seine Marke und Modelle zu präsentieren. Oft ist dies preisgünstiger als ein Messeauftritt und lokale Händler werden eingebunden um direkte Verkäufe zu generieren. Diesen Trend sieht man auch bei der Errichtung von Outlets in Einkaufszentren oder Pop Up Stores in „Hot Spots".
Braucht es im digitalen Zeitalter und mit dem Aufkommen von 3D-Technologien überhaupt noch große stationäre Ausstellungen für ein Produkt wie das Auto?
Im Moment sehen wir hier tatsächlich einen Trend in Richtung 3D und VR und AR. Aber man darf nicht vergessen, dass es auch noch weniger technikaffine Kunden gibt. Zusätzlich zu einem virtuellen „Ersterlebnis" - in welcher Form dieses auch stattfindet - möchten viele Kunden auch aus der Generation Y/Z immer noch ein Fahrzeug fühlen – riechen und probefahren. Um den Kunden diese Möglichkeit zu geben, haben Händlernetze und stationäre Ausstellungen eine Daseinsberechtigung und sind wichtig für die Kaufentscheidung.
Wie schaffen die Automarken dann am besten eine Emotionalisierung des Themas Auto?
Jeder Kunde hat einen anderen emotionalen Ansatz und aus diesem Grund müssen sich die Autohersteller „Omnichannel 360 Grad" aufstellen um möglichste viele Kunden unterschiedlich emotional zu erreichen. Das kann die Präsenz auf einem Event, durch eine Online- oder Offlinepräsens geschehen und ist nur durch gute Kundenbedürfnis-Analysen möglich.
Und worauf kommt es dabei besonders an?
Wichtig für das emotionale Produkterlebnis sind hier neben dem Produktdesign und den Produktfeatures die Erlebniswelt am digitalen und physischen Point of Sales. Hier wird von allen Herstellern sehr viel gemacht, wie zum Beispiel In-Dealer-Videowalls zum on- und offline Produkterlebnis, personalisierte 3D-Online Konfiguration, oder der Produktexperte am POS.
Welche Kunden sollten Automarken besonders ins Visier nehmen?
Wir rechnen damit, dass schon 2020 rund 40 Prozent aller Kunden im Retail der "Generation Z" zuzurechnen sind, also die Altersgruppe, die etwa zwischen 1995 und 2010 geboren wurde. Diese Gruppe darf man nicht aus den Augen verlieren.