Neuzulassungen steigen – Nachfrage bricht ein

Im Juni wurden in Deutschland 280.139 Pkw neu zugelassen. Das entspricht einem Plus von 24,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Es ist der höchste Zuwachs gegenüber dem Vorjahr seit Jahresbeginn. Es kamen 55.581 neue Pkw mehr auf die Straße als vor einem Jahr. Verglichen mit den fünf Jahren vor den Krisen betrug das Minus im abgelaufenen Monat 14,5 Prozent.

Kumuliert liegen die gesamten Neuzulassungen nun 12,8 Prozent über Vorjahr, aber noch deutlich (minus 22 Prozent) unter dem Mittel der fünf Vorkrisenjahre 2015 bis 2019. Abgesehen von den vergangenen drei Krisenjahren ist es das niedrigste Halbjahresergebnis seit der Wiedervereinigung.

Die aktuelle Entwicklung ist weiterhin vom hohen Auftragsbestand geprägt. Diesen bauen die Hersteller zwar allmählich ab, er liegt aber laut dem Verband der Automobilindustrie (VDA) noch deutlich über dem langjährigen Durchschnitt.

Die 15.930 Neuzulassungen von Plug-in-Hybriden bedeuten einen Rückgang um 39,2 Prozent (minus 10.273 Neuzulassungen) gegenüber dem Vorjahresmonat. Der Marktanteil halbierte sich im Vorjahresvergleich und betrug 5,7 Prozent, nach 5,6 Prozent im Mai. Im Dezember hatte er das Rekordniveau von 22,9 Prozent erreicht.

Die reinen E-Mobile kamen auf 52.988 Neuzulassungen, ein Plus von 64,4 Prozent (plus 20.754 Neuzulassungen) gegenüber Juni 2022. Der Marktanteil, der im Dezember den Rekordwert von 33,2 Prozent erreicht hatte, war im Januar auf 10,1 Prozent gefallen. In den vergangenen Monaten konnten die Stromer ihre Marktanteile wieder kontinuierlich steigern. Im Mai wurden 17,3 Prozent erreicht und der Juni brachte eine weitere Steigerung auf 18,9 Prozent. Dies sind 4,6 Punkte mehr als vor einem Jahr. 

Die Plug-in-Hybride, deren Förderung komplett gestrichen wurde, werden es schwer haben, die alten Marktanteilswerte von deutlich über zehn Prozent wieder zu erreichen. Für die reinen E-Mobile läuft die Förderung für gewerbliche Kunden zum 1. September aus und für die privaten Kunden wird sie zum Jahreswechsel noch einmal reduziert.

Die Neuzulassungen der Hybride ohne Stecker stiegen um 59,1 Prozent und kamen auf einen Marktanteil von 22,2 Prozent. Damit liegt ihr Marktanteil seit Jahresbeginn immer über 20 Prozent und damit deutlich über den Vorjahresergebnissen. Allerdings ist seit einigen Monaten keine neue Dynamik zu beobachten.

Reine Diesel-Pkw stiegen um unterdurchschnittliche 10,3 Prozent und erzielten mit 16,7 Prozent einen um 2,2 Prozentpunkte niedrigeren Marktanteil als im Vorjahr. Die reinen Benziner kamen auf ein Plus von 19,8 Prozent und erreichten einen Marktanteil von 35,6 Prozent.

Laut dem VDA hat sich die Inlandsproduktion der deutschen Hersteller gegenüber dem Vorjahr zwar um 31 Prozent (kumuliert: plus 32 Prozent) erhöht, liegt aber nach sechs Monaten zehn Prozent unter dem Wert von 2019. Der durch die niedrigen Neuzulassungen im Zuge der Pandemie und der Chipkrise stark erhöhte Auftragsbestand wird aktuell zwar abgebaut, ein vollständiger Abbau der überhöhten Auftragsbestände ist aber erst ab dem vierten Quartal zu erwarten.

Die Folgen des starken Anstiegs der Lebenshaltungskosten spiegeln sich in der aktuellen Neuzulassungsentwicklung noch nicht wider und werden auch – bezüglich der gesamten Neuzulassungen – in den kommenden Monaten kaum Einfluss haben.

Dabei ist die Situation von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich. So kann sich bei einigen Baureihen bereits in nächster Zeit der Nachfragerückgang bemerkbar machen. Darüber hinaus muss – wenn der hohe Auftragsbestand insgesamt abgebaut sein wird – mit geringeren Neuzulassungen aufgrund der rückläufigen Nachfrage als in den Jahren vor dieser Krise gerechnet werden.

Einen Hinweis auf die sinkende Nachfrage liefern die Auftragseingänge: Wie der VDA berichtet, sind die inländischen Auftragseingänge für deutsche Marken im Juni um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gesunken. Damit liegen die Auftragseingänge seit April vergangenen Jahres ununterbrochen unter den entsprechenden Vorjahreswerten. Im bisherigen Jahresverlauf sind 27 Prozent weniger Aufträge eingegangen als im Vorjahreszeitraum.

Im November und Dezember vergangenen Jahres gab es sehr viele vorgezogene Neuzulassungen von Plug-in-Hybriden und reinen E-Mobilen aufgrund der Änderungen beim Umweltbonus. Zum Ende dieses Jahres wird der Umweltbonus weiter reduziert und es wird sicher wieder vorgezogene Neuzulassungen geben. Diese werden aber deutlich geringer ausfallen als im vergangenen Jahr, da Plug-in-Hybride schon jetzt nicht mehr gefördert werden und ab September nur noch Privatpersonen Anträge für reine E-Mobile stellen können. Dadurch werden die entsprechenden Neuzulassungen zum Jahresende deutlich unter denen des Vorjahres liegen.

Daraus ergibt sich, dass sich die Neuzulassungen im zweiten Halbjahr schwächer entwickeln werden und leicht unter denen des zweiten Halbjahres 2022 liegen werden. Dabei wird der Abbau des stark erhöhten Auftragsbestands die Neuzulassungen noch einige Zeit stützen. Danach werden dämpfende Effekte aufgrund des wirtschaftlichen Umfelds, insbesondere der starken Reallohnrückgänge, die Neuzulassungen belasten.

Hinzu kommt eine zunehmende Verunsicherung der Verbraucher über die künftigen Kosten aufgrund des Energiespargesetzes. Unter diesen Voraussetzungen erwartet die Automobilwoche für das laufende Jahr zirka 2,8 Millionen Neuzulassungen, ein Plus von 5,6 Prozent gegenüber vergangenem Jahr. Dies wären dann immer noch fast 19 Prozent weniger als im Mittel der fünf Vorkrisenjahre und – abgesehen von den Jahren 2021 und 2022 – die niedrigsten Neuzulassungen im wiedervereinigten Deutschland.

Die privaten Neuzulassungen verzeichneten im Juni mit plus 7,3 Prozent ein schlechteres Ergebnis als die gewerblichen Zulassungen, die um 34,4 Prozent zulegten. Seit Oktober vergangenen Jahres fällt die Entwicklung der privaten Zulassungen schwächer aus als die der gewerblichen Neuzulassungen. Der Anteil von 30,7 Prozent für die privaten Zulassungen liegt fast fünf Prozentpunkte unter Vorjahr.

Es ist der niedrigste Privatkundenanteil in einem Juni, der jemals beobachtet wurde. Während nach sechs Monaten die gewerblichen Zulassungen fast 20 Prozent im Plus liegen, liegt der Privatmarkt in etwa auf Vorjahresniveau.

Bei einem Gesamtmarktanstieg von 24,8 Prozent gab es bei den Top-15-Marken im Juni deutliche Unterschiede. Das deutlichste Plus mit fast 177 Prozent verzeichnete Tesla auf Platz 13 des Herstellerrankings. BMW konnte im Mai noch ein Plus von 60,2 Prozent verzeichnen, musste aber im Juni als einzige Top-15-Marke einen leichten Rückgang gegenüber dem Vorjahr hinnehmen.

Die Wettbewerber Mercedes (plus 29,9 Prozent) und Audi (plus 42,5 Prozent) verbuchten überdurchschnittliche Gewinne und schlossen den Juni mit einem Unterschied von nur 284 Neuzulassungen ab.

Von den Top-15-Marken schlossen fünf Marken das erste Halbjahr mit Verlusten ab. Die stärksten Rückgänge verzeichneten Renault (minus 19,5 Prozent), Opel (minus 5,7 Prozent) und Ford mit minus 4,8 Prozent. Tesla konnte seine Zulassungen in den ersten sechs Monaten fast verdoppeln und belegt nun Platz zwölf in der Herstellerrangliste, sechs Plätze besser als im Vorjahreszeitraum.

Dacia ließ über 40 Prozent mehr Pkw zu und liegt auf Rang 14 vor Renault. VW ist und bleibt auch nach sechs Monaten eindeutiger Marktführer. Das Plus beträgt 16,2 Prozent und brachte einen Marktanteil von 18,6 Prozent. Auf Platz zwei liegt Mercedes (plus 30,4 Prozent; Marktanteil 10,4 Prozent) vor Audi mit plus 24,2 Prozent und einem Marktanteil von neun Prozent.

Aus dem Datencenter:

Pkw-Neuzulassungen in Deutschland im Juni 2023

Neuzulassungen in einem Juni in Deutschland 2000 bis 2023

Entwicklung der inländischen Auftragseingänge für deutsche Marken bis Juni 2023

Marktanteile der Top-15-Marken im Juni 2023 in Deutschland

Top 15 Markenentwicklung Juni 2023 Deutschland

Marktanteile von deutschen Premium- und Volumenmarken und Importeuren – Juni 2023 und Entwicklung

Monatliche Neuzulassungen und Marktanteile nach alternativen Antriebsarten in Deutschland Januar 2019 bis Juni 2023

Marktanteile nach Antriebsarten im Juni 2023

Marktanteilsveränderung nach Antriebsarten in Deutschland im Juni 2023 nach Antriebsarten in Deutschland im Mai 2023

CO2-Ausstoß der Pkw-Neuzulassungen bis Juni 2023

Besitzumschreibungen in Deutschland in einem Juni der Jahre 2000 bis 2023