Angebotskrise hat Neuzulassungen weiter fest im Griff

Im Juni 2022 wurden in Deutschland 224.558 Pkw neu zugelassen. Dies entspricht einem Minus von 18,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat und ist das zweitniedrigste Juni-Ergebnis aller Zeiten. Nur der Juni 2020 lieferte aufgrund der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung ein noch niedrigeres Ergebnis. Verglichen mit den fünf Jahren vor der Pandemie betrug das Minus im abgelaufenen Monat 31,5 Prozent.

Kumuliert liegen die Neuzulassungen elf Prozent unter Vorjahr. Es ist – abgesehen vom Pandemiejahr 2020 - das niedrigste Ergebnis nach sechs Monaten seit der Wiedervereinigung. Verglichen mit dem entsprechenden Zeitraum vor der Pandemie beträgt das Minus 30,7 Prozent.

Seit Beginn der Pandemie spiegeln die Neuzulassungen die tatsächliche Nachfrage nicht mehr wider. Bis Mitte 2021 wurden sie hauptsächlich durch die eingeschränkten Verkaufsmöglichkeiten beeinflusst. Als sich dies zu normalisieren begann, kam die Halbleiterkrise, die zu Produktionsausfällen führte. Wann wieder ausreichend Halbleiter zur Verfügung stehen werden, ist im Moment noch nicht abzusehen. Mit Beginn des Krieges in der Ukraine sind neue Produktionseinschränkungen durch fehlende Komponenten hinzugekommen. Niemand kann zurzeit sagen, wann dieser Krieg zu Ende geht und wie schnell die Lieferketten danach wieder funktionieren. Hinzu kamen in einigen Regionen Chinas steigende Corona-Infektionen, die den Hafen von Schanghai vorübergehend stilllegten. Zwar hat sich die Situation dort normalisiert, aber noch haben nicht alle Containerschiffe ihre Zielhäfen erreicht.

Die aktuelle Situation ist eindeutig eine Angebotskrise. Das Potenzial für einen starken Anstieg der Neuzulassungen ist auf jeden Fall vorhanden. So melden die beiden Automobilverbände VDA und VDIK, dass sich die Auftragsbestände auf einem historisch hohen Niveau befinden. Eventuelle Folgen des starken Anstiegs der Lebenshaltungskosten spiegeln sich in der aktuellen Neuzulassungsentwicklung noch nicht wider. Allerdings muss – wenn der hohe Auftragsbestand abgebaut sein wird – mit deutlich geringeren Neuzulassungen aufgrund rückläufiger Nachfrage als in den Jahren vor dieser Krise gerechnet werden.

Für die verbleibenden sechs Monate geht die Automobilwoche von einem Plus von insgesamt 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum aus. Das würde für das Gesamtjahr Neuzulassungen in Höhe von 2,5 Millionen Pkw bedeuten. Damit würde das Vorjahresergebnis um knapp fünf Prozent verfehlt. Bei diesem – vorsichtig optimistischen - Szenario wird davon ausgegangen, dass die Neuzulassungen in den kommenden Monaten erst einmal auf dem jetzigen niedrigen Niveau bleiben, bevor sie sich im Laufe des vierten Quartals wieder leicht erholen.

Würde die aktuelle negative Dynamik – auch ohne Verschärfung – bis zum Jahresende weiter bestehen, gingen die Neuzulassungen auf 2,35 Millionen Pkw zurück.

Die privaten Zulassungen entwickelten sich mit minus 11,6 Prozent nicht ganz so negativ wie der Gesamtmarkt. Der Anteil lag mit 35,7 Prozent 2,1 Punkte über dem des Vorjahres. Nach Ablauf von sechs Monaten liegen die privaten Neuzulassungen nun mit 1,9 Prozent im Minus. Die gewerblichen Neuzulassungen gingen um 21,3 Prozent zurück; nach sechs Monaten beträgt das Minus 15,4 Prozent.

Nach dem starken Jahresende 2021 mit einem Anteil von über 50 Prozent zeigen die alternativen Antriebe in Summe im bisherigen Jahresverlauf kaum Dynamik. Sie kamen vergangenen Monat nach 43,7 im Mai auf 44,0 Prozent. Der Vergleich mit Juni 2021 zeigt ein Plus von 3,5 Prozentpunkten.

Die reinen Diesel-Pkw kamen auf zirka 42.500 Neuzulassungen und büßten gegenüber dem Vorjahresmonat über 22 Prozent ein. Der Marktanteil betrug 18,9 Prozent; im Vorjahr lag er bei 19,9 Prozent. Die Benziner verbuchten ein Minus von 23,2 Prozent und kamen auf eine Marktdurchdringung von 37 Prozent. Gegenüber dem Vorjahresmonat bedeutet dies Rückgang von 2,5 Prozentpunkten.

Nachdem die reinen E-Mobile im zweiten Halbjahr vergangenen Jahres Monat für Monat neue Rekorde verbucht hatten, kam es am Jahresanfang zu einem deutlichen Einbruch auf 11,3 Prozent. Im abgelaufenen Monat betrug das Minus 3,5 Prozent und der Marktanteil lag mit 14,4 Prozent zwar etwas höher als in den vergangenen Monaten, aber doch deutlich unter den alten Höchstständen von bis zu 21 Prozent. Im Vorjahresvergleich gibt es aber immer noch ein Plus von 2,2 Prozentpunkten.

Die Hybride ohne Stecker verloren 13,5 Prozent und erzielten einen Marktanteil von 17,4 Prozent. Damit lagen sie wieder klar hinter den reinen Diesel-Pkw und verfehlten den Rekordmarktanteil von über 20 Prozent aus März deutlich.

Die Plug-in Hybride verloren 16,3 Prozent und erzielten einen Marktanteil von 11,7 Prozent. Dies ist geringfügig mehr als im Vorjahresmonat.

Bei einem Gesamtmarktrückgang von 18,1 Prozent gab es drei Marken unter den Top 15, die ihre Neuzulassungen im Vorjahresvergleich steigern konnten. Das deutlichste Plus mit 40,3 Prozent verzeichnete – wie schon im Mai - Dacia. Die 5683 Neuzulassungen brachten die Marke auf Platz 14 des Herstellerrankings. Vor einem Jahr lagen sie lediglich auf Rang 19. Mercedes konnte mit plus 9,5 Prozent ebenfalls deutlich zulegen.

Die deutlichsten Verluste fuhren Peugeot (minus 34,0 Prozent), Renault (minus 33,8 Prozent) und Fiat mit minus 30,2 Prozent ein.

Trotz leicht überdurchschnittlicher Verluste von 24 Prozent bleibt VW eindeutiger Marktführer. Der Marktanteil betrug im Juni 19,4 Prozent. Mit einem Anteil von 8,8 Prozent belegte BMW Platz zwei vor Mercedes (8,6 Prozent). Die Nummer vier, Audi, kam auf einen Marktanteil von 7,8 Prozent. Opel komplettierte mit einem Marktanteil von 6,1 Prozent die Top Fünf.

Nach sechs Monaten und einem Gesamtmarktrückgang von elf Prozent sind drei der Top 15 Marken im Plus. Die stärksten Gewinne verzeichnet Dacia mit plus 45,0 Prozent vor Kia (plus 18,7 Prozent) und Toyota mit plus 9,3 Prozent. Die größten Verluste im bisherigen Jahresverlauf mussten Renault, Peugeot (beide minus 27,9 Prozent) und VW mit minus 18,9 Prozent hinnehmen.

Die schwache Entwicklung bei den Neuzulassungen hat auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt Spuren hinterlassen. Im Juni lagen die Besitzumschreibungen 24,8 Prozent unter Vorjahr. Es war das niedrigste Ergebnis in einem Juni seit der Wiedervereinigung. Nach sechs Monaten liegen sie 14.6 Prozent im Minus. Verglichen mit dem mittleren Wert des entsprechenden Zeitraums von 2015 bis 2019 beträgt das Minus mehr als 22 Prozent.

Aus dem Datencenter:

Neuzulassungen in Deutschland Juni 2022

Neuzulassungen in einem Juni in Deutschland von 2000 bis 2022

Marktanteile der Top-15-Marken im Juni 2022 in Deutschland

Top 15 Markenentwicklung Juni 2022 Deutschland

Marktanteile von deutschen Premium- und Volumenmarken und Importeuren – Juni 2022 und Entwicklung

Monatliche Marktanteile und Neuzulassungen der alternativen Antriebsarten in Deutschland Januar 2019 bis Juni 2022

Marktanteile nach Antriebsarten im Juni 2022

Marktanteilsveränderung nach Antriebsarten in Deutschland im Juni 2022

CO2-Ausstoß der neuzugelassenen Pkw in Deutschland bis Juni 2022

Pkw-Besitzumschreibungen in Deutschland von Januar 2019 bis Juni 2022