Dieser Zulieferer jammert nicht

Die Zulieferer leiden unter den explodierenden Kosten bei Material und Energie sowie sinkenden Abrufen der Hersteller. Die Margen schrumpfen. Erste Unternehmen wie Borgers oder Dr. Schneider mussten in den vergangenen Wochen ­Insolvenz anmelden. Doch es gibt nicht nur Trübsal in der Branche.

„Wir haben ein sehr gutes Geschäftsjahr hinter uns und werden erstmals die Marke von 500 Millio­nen Euro Umsatz knacken“, sagte Carlo Lazzarini, Chef des mittelständischen Zulieferers Progress-Werk Oberkirch (PWO), im ­Gespräch mit der Automobilwoche. Trotz stagnierender oder teils rückläufiger Märkte sei der Umsatz innerhalb von zwei Jahren um 35 Prozent gestiegen.

Der Gewinn (EBIT) soll nach angehobener Prognose auf bis zu 26 Millionen statt bis zu 22 Millionen Euro steigen. Beim Neugeschäft über die gesamte Laufzeit erreicht PWO ein Volumen von über 800 Millionen Euro und damit einen neuen Rekord. „Wir haben derzeit mehr Anfragen, als wir ­bedienen können“, sagt Lazzarini.

Das börsennotierte Unternehmen ist mit Produkten wie Instrumententrägern für das Cockpit, Deckel für Steuergeräte und Sitzstrukturen aus Metall vom Antrieb komplett unabhängig. „Von reinen Getriebeteilen für den ­Verbrenner etwa haben wir uns bewusst verabschiedet“, sagt Lazzarini. Auch für die Brennstoff­zelle kann PWO Teile zuliefern.

Der Fokus auf Nachhaltigkeit kommt bei Kunden wie Mitarbeitern gleichermaßen gut an. "Bis 2030 wollen wir unsere absoluten CO2-Emissionen nach Scope 1 und 2 trotz des enormen Wachstums um 46,2 Prozent gegenüber dem Basisjahr 2019 reduziert haben", Lazzarini. Bei den Leichtbauteilen setze man auf Stahl, da dieser perfekt für eine Kreislaufwirtschaft geeignet sei. Es gebe bereits heute grünen Stahl, in absehbarer Zeit sei dieser Basis für die CO2-neutrale Mobilität.

Das Unternehmen unterhält acht Standorte auf drei Kontinenten. Das Wachstum erfordert ­zusätzliche Kapazitäten. „In Südosteuropa planen wir ein drittes Werk, das 2024 an den Start gehen soll und unsere beiden Werke in Tschechien ergänzt“, sagt Lazzarini. Auch in Nordamerika könnte eine neue Fertigung entstehen. In ­China will er nicht zuletzt wegen der politischen Rahmenbedingungen „eher auf Sicht“ fahren.

Sorgen macht der Standort Oberkirch, nicht zuletzt wegen der hohen Preise für Strom und Gas im Vergleich etwa zum ­nahe gelegenen Frankreich. „Wir müssen in Deutschland interna­tional wettbewerbsfähige Ener­giekos­ten erreichen, sonst wird die ­Industrie abwandern und wir ­werden hier unseren hohen Wohlstand gefährden“, sagt Lazzarini.

Dazu kämen hohe Lohnkosten und kurze Arbeitszeiten. 300 Stellen wurden in den vergangenen Jahren sozialverträglich abgebaut. Weitere Einschnitte seien nicht geplant, sagt Lazzarini. „Aber wir sehen, dass auch unsere Kunden verstärkt nach Osteuropa abwandern.“

Aus dem Datencenter:

Die 100 umsatzstärksten Zulieferer weltweit 2021