Michelin streicht mehr als 1500 Stellen in Deutschland

Der Reifenkonzern Michelin will seine Fertigung an den Produktionsstandorten in Karlsruhe und Trier sowie die Lkw-Neureifen- und Halbfabrikatfertigung in Homburg schrittweise bis Ende 2025 schließen. Davon sind insgesamt 1410 Mitarbeiter betroffen. Das französische Unternehmen wird außerdem sein Kundenkontaktzentrum für Deutschland, Österreich und die Schweiz bis Ende 2025 von Karlsruhe nach Polen verlagern. Davon sind 122 Mitarbeiter betroffen. Danach wir Michelin in Deutschland insgesamt noch rund 2780 Mitarbeiter beschäftigen.

Der größte europäische Produktionsstandort von Michelin für die Runderneuerung von Lkw-Reifen in Homburg und das Pkw-Reifenwerk in Bad Kreuznach sind nicht betroffen. Die Produktion an diesen Standorten wird fortgeführt.

„Diese unumgängliche Entscheidung ist uns sehr schwer gefallen. Das Engagement unserer Mitarbeitenden, die innerbetrieblichen Fortschritte und die Investitionen der vergangenen Jahre in die betroffenen Aktivitäten können den starken Wettbewerbsdruck nicht länger ausgleichen“, sagt Maria Röttger, Präsidentin der Region Nordeuropa von Michelin.

In den vergangenen Jahren hat sich laut Michelin der europäische Lkw-Reifenmarkt deutlich in Richtung importierter Budgetreifen verschoben. Michelin verweist auf eine Roland Berger Studie, wonach zwischen 2013 und 2022 der Marktanteil von Budgetreifen – hauptsächlich aus Niedriglohnländern – um elf Prozentpunkte, auf Kosten des Premium- und mittleren Preis-Segments gestiegen sei. Diese Entwicklung führe zu einem Rückgang des Premium-Segments und somit zu einem Verlust von Marktanteilen.

Die jüngsten gesundheits- und geopolitischen Krisen und deren Auswirkungen auf Energie-, Logistik- und Rohstoffpreise sowie eine hohe Inflationsrate hätten die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland zusätzlich belastet. Im Juli 2023 waren die Industrie-Erdgaspreise in Deutschland mehr als doppelt so hoch wie 2015, während der Strompreis um 51 Prozent stieg, heißt es beim Reifenhersteller.

Zudem seien die betroffenen Standorte nicht mehr in der Lage, wettbewerbsfähig in andere Regionen zu exportieren. Das Unternehmen verfolge zudem die Strategie, näher an den Märkten zu produzieren. Diese Exportstrategie sowie die Marktverlagerung hin zu preisgünstigeren Lkw-Budgetreifen und die nachteiligen Rahmenbedingungen für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands führen nach Angaben des Zulieferers zu strukturellen Überkapazitäten und einer Unterauslastung der betroffenen Produktionsstandorte.

Das Unternehmen will nun im Austausch mit den mit den betroffenen Mitarbeitenden deren weiteren beruflichen Weg besprechen und ein Maßnahmenpaket anbieten. Zu diesem könnten die Dienste einer Transfergesellschaft ebenso gehören wie Weiterbildungsangebote und das Prüfen interner Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Gespräche mit den Betriebsräten und der Gewerkschaft IGBCE über die Umsetzung der betrieblichen Änderungen sowie mögliche Alternativen für die künftige Nutzung der betroffenen Standorte werde nun fortgesetzt.

Die Pkw-Reifenproduktion im Werk Bad Kreuznach sei für das Unternehmen ein entscheidender Erfolgsfaktor in der künftigen Marktdurchdringung der Reifengrößen 18 Zoll und größer. Zudem fertigt der Standort auch strategische High-Tech-Reifen. Die Michelin-Gruppe wird auch seine größte europäische Produktion für die Runderneuerung von Lkw-Reifen in Homburg beibehalten. Der Standort wird außerdem weiterhin RFID-Chips verarbeiten. Michelin wird beide Produktionsstandorte modernisieren, um sie kosteneffizienter und umweltfreundlicher für die Zukunft aufzustellen.

Erst vor wenigen Tagen hatte Goodyear angekündigt, dass das Werk in Fulda bis zum Ende des dritten Quartals 2025 geschlossen werden soll. Rund 1050 Beschäftigte sind davon betroffen. Zudem soll die Reifenproduktion im Werk in Fürstenwalde in Brandenburg bis Ende 2027 beendet werden, was weitere 700 Stellen kosten wird. Zur Begründung verwies das Unternehmen auf die schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen.

Dazu aus dem Datencenter:

Die 100 umsatzstärksten Automobilzulieferer weltweit 2022