Software noch zu wenig verinnerlicht

"Software ist der Gamechanger", sagt Ralf Hofmann, CEO und Gründer der Management- und IT-Beratung MHP. Sowohl für Automobilhersteller wie auch für Zulieferer werde Software zum differenzierenden Kriterium, ist sich der Manager sicher. Doch die Automobilbranche sei heute noch nicht so weit, dass Software im Unternehmen gelebt wird. Doch die Zeit drängt. Er geht davon aus, dass im Jahr 2030 der Anteil elektronischer Bauteile an den Gesamtkosten eines Fahrzeugs bei 50 Prozent liegen wird.

Ein Fingerzeig für künftige Entwicklungen ist für ihn die Entwicklung des Börsenkurses von Tesla. Nach dem Bekanntwerden eines Großauftrags des Autovermieters Hertz war der Börsenwert des Elektroautobauers Ende Oktober auf einen Wert von einer Billion Dollar gestiegen. Für Hofmann zeige diese Entwicklung klar wo die Börse die Zukunft der Automobilindustrie sieht. Und zwar in der Software. Hier hat Tesla einer seiner Kernkompetenzen.

Für Hofmann ist es offensichtlich, dass für die Industrie eine Umstellung auf die E-Mobilität alleine nicht ausreicht. Die Menschen wollen ihre Mobilität flexibel und komfortabel. So wünschen sich laut einer Untersuchung 70 Prozent der Befragten eine Kombination unterschiedlicher Verkehrsmittel über eine zentrale App. Bei einer Befragung von Konsumenten dazu, welche Mobilitätsprodukte für sie im Vordergrund stehen, seien die Aspekte "schnell von A nach B kommen, günstige Konditionen, einfache Nutzbarkeit und Nachhaltigkeit" vorrangig genannt worden. Eine Automarke sei dabei von den Befragten nicht genannt worden, stellt Hofmann fest.

Der Kapitalmarkt und die Kunden würden jedenfalls davon ausgehen, dass die neuen Fahrzeughersteller – vorneweg Tesla – die Zukunft der Automobilindustrie dominieren. Als Beleg dafür verweist er auf die Anzahl produzierter Autos pro Mitarbeiter. 2019 hatte dieser Wert für Tesla zwar nur bei 7,1 Fahrzeugen gelegen, während Daimler auf einen Wert von 15,7, BMW auf 20,3 und VW auf 30,0 Fahrzeuge gekommen ist. Doch das könnte sich ändern. So wird für das künftige Tesla-Werk in Grünheide ein Ausstoß von 41,6 Fahrzeugen pro Mitarbeiter prognostiziert.

Vor allem würden die neuen Fahrzeughersteller einen direkteren Kontakt zu den Kunden und direkteren Vertriebswegen suchen. Allerdings sei noch nicht entschieden, ob sie sich mit ihren Konzepten gegen die etablierten Hersteller mit ihren Vertriebsnetzen durchsetzen.

Für Hofmann ist es höchste Zeit für einen Reality Check zum digitalen Mindset in den Unternehmen. "Haben wir die Software als Teil unserer DNA?", fragt der MHP-Manager. Dass dem so ist, daran hat Hofmann erhebliche Zweifel. Für ihn muss die Entwicklung von Software zu einem industrialisierten Prozess werden. Es gelte noch etliche Probleme zu überwinden. Derzeit seien Software-Aktivitäten in der Regel noch zu sehr über die Organisation verteilt.

Doch selbst wenn sich die Unternehmen dazu entscheiden, Software selbst zu entwickeln und sich so vom Wettbewerber zu differenzieren, bleibe die Frage, ob sie auch die Voraussetzungen dafür haben. Hofmann spielt dabei auf den Fachkräftemangel an.

So lag die Zahl der offenen Stellen für IT-Spezialisten auf demdeutschen Arbeitsmarkt2020 bei rund 86.000. Etwa 14.000 Studienabschlüssen hätten im Jahr 2019 rund 124.000 offene Stellen gegenübergestanden. "Wir bilden eindeutig zu wenig aus", so Hofmann. Es gebe einen großen Kampf, erfahrene Leute aus der IT zu bekommen.

Zwar hätten die großen Unternehmen die Möglichkeit schicke gute Standorte zu wählen, oder Labs in Barcelona, im Silicon Valley oder Schanghai zu unterhalten und sind es gewohnt, mit Zulieferern in Indien zu arbeiten. Aber: der gehobene Mittelstand, der kleinere Mittelstand, der brauche genauso viel IT, für ihn ist es Neuland, so seine Analyse.

Mittlerweile seien auch in Ländern wie Rumänien oder Indien kaum noch entsprechende Mitarbeiter zu bekommen. Weiterhin kritisiert er, dass unrealistisch hohe Anforderungen an Mitarbeiter aus dem IT-Bereich gestellt würden. Es sei daher wohl mehr Kultur einer Softwarecompany gefordert.

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