FEV Consulting-Principal Thomas Lüdiger: “Die Kraftstoffkosten sind entscheidend“

Die EU-Regierung und die Fahrzeughersteller haben ehrgeizige Ziele für die Einführung von emissionsfreien Lkw, aber Lieferketten- und Energiekrisen könnten diese Pläne gefährden, befürchtet Thomas Lüdiger, Principal, Head of Propulsion System Strategies FEV Consulting, Tochterunternehmen des Entwicklungsdienstleisters FEV. Für ihn ist das Rennen zwischen batterieelektrischen und Wasserstoff-Antriebssträngen beim schweren Lkw noch nicht für alle Anwendungsfälle entschieden.

Lüdiger macht darauf aufmerksam, dass die tatsächlichen Zellkosten variieren, da die Hersteller die Rohstoffe nicht nur auf dem Spotmarkt, sondern über individuelle Verträge kaufen, beispielsweise im Fall von Lithium, das meistens über Einzelverträge gehandelt werde.

Um die Auswirkungen volatiler Energie- und Rohstoffpreise auf schweres Nutzfahrzeug zu analysieren, hat FEV Consulting einen Anwendungsfall für den Fernverkehr und vier konkurrierende Antriebsarten definiert: Neben dem klassischen Diesel ist das der batterieelektrisch angetriebene Lkw (BEV), der Brennstoffzellen-Truck (FCEV) sowie der Wasserstoff-Verbrennungsmotor (H2-ICE). Ausgangslage bildet dabei ein 40-Sattelzug mit Anhänger, der im Langestreckenverkehr eingesetzt wird. Vorausgesetzt wird dabei eine jährliche Fahrleistung von 120.000 Kilometer bei einer Haltedauer von fünf Jahren.

Ein Ergebnis der Untersuchung: Die Energiekosten von Brennstoffzellen-Lkw und solchen mit Wasserstoff-Verbrennungsmotor könnten bis zum Jahr 2030 mit dem Diesel konkurrieren. Lüdiger geht davon aus, dass BEVs mit hohem Anteil an Depotladung schon bald wettbewerbsfähig zum Diesel sein werden. Dann folgen FCEV und H2-ICE.

Die Wettbewerbsfähigkeit von BEVs bei den Gesamtkosten (Total Cost of Ownership) hänge extrem vom Strompreis ab; das Szenario mit hohen Preisen verzögere die Parität bei den Gesamtkosten über das Jahr 2030 hinaus, wenn überhaupt, so seine Einschätzung. Ähnlich können sich Verschiebungen beim Wasserstoffpreis ergeben. Auch FCEV und H2-ICE seien vergleichbar stark vom Preis des Wasserstoffs abhängig, seien aber etwas weniger empfindlich als die Energieszenarien der FEV für BEVs. Derzeit herrsche „eine große Unsicherheit, welcher Lkw für den Kunden der Richtige ist“, so Lüdiger. „Die Kraftstoffkosten sind entscheidend.“ Aber auch Unwägbarkeiten wie eine funktionierende Ladeinfrastruktur oder die Möglichkeit zur Betankung mit Wasserstoff würden eine Rolle spielen.

Für Lüdiger ist die Umsetzung robuster Strategien sowohl für Fahrzeughersteller wie auch Zulieferer zwingend erforderlich. Zudem müsse ein Gleichgewicht zwischen Widerstandsfähigkeit (das heißt Multitechnologie-Strategie) und erforderlichen Investitionen geschaffen werden. Weitreichende Entscheidungen über das Antriebsstrangportfolio müssen bald getroffen werden, ist er überzeugt.

Wichtige Aspekte sieht er darin, die Abhängigkeit von den Batterie-Rohstoffpreisen zu verringern, eine Diversifizierung der Zellchemien, die Sicherung langfristiger Verträge für Rohstoffe oder einen geschlossenen Wiederverwendungs-/Recyclingkreislauf einzuführen.

Zudem plädiert er für einen Aufbau von Partnerschaften zwischen Fahrzeugherstellern und/oder OEMs und Zulieferern, um sich Investments zu teilen.+

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