Mit dem Q6 e-tron wird Audi im März erstmals seit Jahren wieder ein komplett neues Modell vorstellen. Das Elektroauto auf der mit Porsche entwickelten Plattform PPE kommt deutlich verspätet. Der Premiumhersteller kämpft wie der gesamte VW-Konzern mit der Software, die offenbar nur schwer in den Griff zu bekommen ist.
Dirk Linzmeier, CEO des österreichischen Software-Spezialisten TTTech Auto, sind solche Probleme auch von anderen Herstellern bekannt. „Das passiert, wenn das System nicht von vornherein sauber definiert wurde“, sagt er. Das Programmieren stehe erst am Ende des Prozesses. „Ich muss vor allem die Sicherheit von Anbeginn mitdenken als Teil der Architektur“, sagt Linzmeier. Sonst komme dies einem Hausbau gleich, bei dem das Fundament nicht ordentlich gegossen sei. Korrekturen seien dann später nur noch schwer möglich.
Die vier großen S
Das Softwarehaus TTTech Auto plädiert für einen neuen Ansatz bei Elektronik-Architekturen. Dafür stehen die vier großen S. Die Hersteller zögern aber noch bei der Umsetzung.
Software aus Europa
TTTech Auto wurde 2018 als Spin-off aus der TTTech-Gruppe herausgelöst. Neben Audi sind Infineon und Samsung beteiligt. Dazu kommen ein Joint Venture mit SAIC in China und eine Entwicklungspartnerschaft mit Hyundai. 2022 erhielt TTTech Auto 285 Millionen Dollar von Aptiv und Audi.
Der Umsatz der Firma lag zuletzt bei über 100 Millionen Euro. Mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde Dollar zählt TTTech Auto zu den wenigen Tech-Einhörnern aus Europa. Am Hauptsitz in Wien sowie an mehr als zehn Standorten in Europa, den USA und Asien sind gut 1200 Mitarbeiter beschäftigt.
System, Safety, Security und Software – diese vier S bilden für Linzmeier letztlich gemeinsam das Software-defined Vehicle. „Bei der Software geht es darum, dass ich eine geeignete Systemarchitektur definiere und die Testphase automatisiere.“
Bei teilweise mehr als 100 Lieferanten für ein Fahrerassistenzsystem sei die schnelle Integration in eine Elektronik-Architektur von größter Bedeutung. Die Änderung einer einzigen Funktion könne sonst lange Verzögerungen mit sich bringen. „Das muss heute über Nacht funktionieren“, sagt Linzmeier. Dafür sei es aber notwendig, dass das Fahrzeug in der Cloud möglichst realistisch abgebildet werde.
Früher habe der Hersteller die verschiedenen Steuergeräte der Zulieferer in seine Fahrzeuge integriert. Beim Software-defined Vehicle dagegen komme es darauf an, diese im Zweifel auf einem einzigen Chip oder Zentralrechner zu vereinen. Dabei gehe es allein bei Fahrerassistenz um über 100 verschiedene Funktionsblöcke mit 400 Aufgaben. Diese müssten praktisch in Echtzeit verarbeitet werden, damit das Auto im Zweifel vor dem Fußgänger zum Stehen kommt. „Das ist der Schlüsselprozess, mit dem wir uns bei TTTech Auto beschäftigen“, ergänzt Entwicklungschef Stefan Poledna.
Noch komplexer wird die Aufgabe, wenn auf den höheren Stufen des automatisierten Fahrens beispielsweise redundante Systeme notwendig werden. Hier müssten die Hersteller heute immer noch an sehr vielen Stellschrauben drehen, um eine Elektronik-Architektur entsprechend anzupassen, zumal die Chips immer leistungsfähiger werden. In Zukunft komme es aber darauf an, den Aufwand weiter zu verringern.
Ein Weg dorthin sei die Abstraktion von Funktionen von der Hardware auf eine Middleware. Auf diese Mittelschicht könne der OEM dann all seine Funktionen wie Parken, Abstandsregelung oder Spurhalteassistent integrieren. Die Plattform MotionWise von TTTech garantiere dabei die schnelle Ausführung und Kommunikation der Funktionen untereinander auf einem Chip.
Noch aber zögerten die Autohersteller, eine solche Mittelschicht von einem externen Lieferanten im Fahrzeug einzuziehen. Große Hersteller wie Mercedes oder VW wollen möglichst viel Wertschöpfung beim Betriebssystem und der Software im Haus halten. Linzmeier: „Wir haben daher unsere Plattform modularisiert, um den Herstellern den Zugang zu erleichtern.“
Aus dem Datencenter: