Herr Napolitano, Sie haben angekündigt, ab 2024 wieder neue Modelle auf den Markt zu bringen und sie auch außerhalb Italiens zu verkaufen. Was kommt 2024?
Wir gehen voller Enthusiasmus an den Relaunch unserer fantastischen Marke. 2024 werden wir den neuen Ypsilon bringen, der aber weit mehr als nur die fünfte neue Generation dieses Kleinwagens sein wird. Er wird die Marke neu definieren. Es wird eine voll-elektrische Version geben, außerdem eine 48-Volt-Mild-Hybrid-Version.
Künftig wird Lancia aber rein elektrisch sein?
Ja. Wir haben gesagt, dass wir alle zwei Jahre ein neues Modell bringen werden. 2026 kommt ein kompakter Crossover, den wird es nur noch elektrisch geben. Der Arbeitstitel dafür lautet Aurelia, in Erinnerung an die Ikone aus den 50er Jahren. Nochmals zwei Jahre später werden wir 2028 ein Flaggschiff-Modell präsentieren. Mit diesem Kompaktwagen wollen wir den klangvollen Namen Delta wiederbeleben.
Sie werden für alle diese Modelle die aktuellen Stellantis-Plattformen verwenden. Was wird bei Lancia dann noch rein italienisch sein?
Das, was Lancia schon immer gekennzeichnet hat: Design und Innovation. Alle neuen Modelle werden in dem ehemaligen Fiat-Zentrale in Mirafiori im Stellantis Centro Stile in Turin designt und entwickelt. Für Lancia ist es extrem wichtig, in diesem Punkt glaubwürdig zu sein. Unser Ziel ist es, wieder eine respektierte und etablierte Premiummarke in Europa zu werden.
Ab wann muss Lancia profitabel sein?
Ich kann Ihnen natürlich nicht unsere Business-Pläne offenlegen. Aber als mich Stellantis-CEO Carlos Tavares vor ziemlich genau einem Jahr fragte, ob ich Lancia leiten wolle, hat er genau das verlangt: Lancia soll eine respektierte und glaubwürdige Premiummarke in Europa werden. Er hat mir gesagt, Luca, mach es nicht ‚quick and dirty‘, nimm Dir Zeit, mach es gründlich. Deshalb habe ich einen umfassenden Zehn-Jahresplan entwickelt, den wir nun Punkt für Punkt voranschreiten. Stellantis hat diesen Plan angenommen genehmigt und mit dem notwendigen Budget hinterlegt.
Sie sagen, Lancia werde wieder europäisch aufgestellt sein. In welche Märkte werden sie zunächst gehen?
Wir starten Anfang 2024 in den größeren Märkten, neben zuerst in Italien sind das und danach in Frankreich, Deutschland und Großbritannien Spanien. Danach wollen wir schnell in weiteren Märkten präsent sein. Ende 2024 sollten wir in den wesentlichen europäischen Märkten aktiv sein.
Wollen Sie irgendwann auch außerhalb Europas Fuß fassen?
Das hat im Verlauf der nächsten zehn Jahre wohl keine Priorität. Dann müssen wir sehen, wo wir stehen.
Wo werden die Lancia-Modelle künftig produziert? Im früheren Opel-Werk in Eisenach macht man sich Hoffnungen auf mindestens ein zweites Modell.
Das ist eine Entscheidung, die auf Ebene der Stellantis-Gruppe getroffen wird. Dazu kann ich heute nichts sagen.
Mit welchen Volumina rechnen Sie mittelfristig? 2014 sollte die Marke - damals noch gemeinsam mit Chrysler - in Europa 295.000 Einheiten verkaufen, erreicht wurden damals aber nur 74.000.
Bei Stellantis lautet die Antwort darauf immer: Das ist eine Frage der Profitabilität. Wir werden mit den drei neuen Modellen in den drei wachstumsstärksten größten Segmenten in Europa vertreten sein. Seien Sie versichert, Lancia wird keine kleine Nischenmarke bleiben.
Ein wichtiger Aspekt für Lancia war schon immer das Design, wenn man an den Aurelia, an das Fulvia Coupé oder auch an den Delta denkt. Welchen Charakter solle die neuen Lancia-Modelle beim Design haben?
Bei Lancia ging es stets um ein innovatives, und gleichzeitig zeitloses Design. Wir stehen für italienisches Design, im Außen- wie im Innenbereich. Sie kennen sicher die Rolle des italienischen Möbelbaus, eine solche prägende Rolle streben wir im Automobilsektor an. Dabei unterstützt uns sehr Stellantis-Chefdesigner Jean-Pierre Ploue, der der Marke Lancia besonders verbunden ist. Er überwacht die Arbeit an allen neuen Lancia-Modellen.
Lancia ist in der neuen Stallantis-Markengruppe eingereiht in die Premium-Gruppe, zu der auch Alfa Romeo und DS gehören. Was soll sich Lancia in diesem Trio auszeichnen?
Lancia wird für italienisches Design, italienische Eleganz und höchste handwerkliche Qualität stehen. Unsere Zielgruppe ist urban und modern, ich würde sogar sagen progressiv.
Wird Lancia im Vertrieb klassisch arbeiten mit selbständigen Händlernbetrieben, oder setzen Sie stark auf den Online-Direktvertrieb?
Wir rechnen damit, etwa die Hälfte unserer Verkäufe über das Internet zu machen. Künftig wird es mehr und mehr Kunden geben, die vom Sofa aus bestellen. Ebenso wichtig sind aber die Showrooms. Wir peilen rund 100 Standorte in 60 europäischen Städten an. Die werden nicht sehr groß sein, aber sehr schön. Starten wollen wir mit unseren Vertriebsaktivitäten außerhalb Italiens ab 2024 im Juni nächsten Jahres. Dabei setzen wir auf ein Agentur-System.
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