Europas Autobranche steht vor gewaltigen Herausforderungen. Doch die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, Hildegard Müller, vermisst in Brüssel Strategien, um die Wettbewerbsfähigkeit im globalen Konkurrenzkampf zu erhalten.
Frau Müller, so viele politische Themen zur gleichen Zeit, so viel Umbruch. Können Sie sich als VDA-Präsidentin erinnern, dass sich die Ereignisse schon einmal derart überschlagen haben?
In der Tat, das ist in der Summe eine Lage, die ihresgleichen sucht.
Beginnen wir einmal mit den politischen Wendungen der jüngsten Zeit. Etwa das Thema E-Fuels…
Mir ist unverständlich, warum die Gegenwehr hier in Teilen so groß ist. Das ist weder weitsichtig noch strategisch klug. Technologieoffenheit ist entscheidend, um Klimaneutralität nicht nur in Europa, sondern weltweit zu ermöglichen. Berlin und Brüssel müssen Technologien ermöglichen, statt sie auszuschließen – und aufhören, zunehmend mit Regulierungen und Verboten Politik zu machen. Es ist unsere Aufgabe für Deutschland und den Weltmarkt, Innovationen zu entwickeln, die dem Klima helfen. E‑Fuels können eine zusätzliche Option darstellen. Zentral für die Autoindustrie bleibt aber weiter der Hochlauf der E-Mobilität.
Warum ist die E-Fuels-Frage so wichtig?
Zum Beispiel, weil wir 1,5 Milliarden Verbrenner-Fahrzeuge weltweit im Bestand haben, von denen viele auch nach 2035 noch unterwegs sein werden – hier sind E‑Fuels unverzichtbar.
Aber E-Fuels, so die Kritik, seien ineffizient und teuer.
E-Fuels sind eine wichtige Option. Es ist fahrlässig, sich heute darauf festzulegen, dass die Erzeugung von E-Fuels nicht wirtschaftlich sein kann. Mit steigender Produktion und entsprechenden Skaleneffekten sinken die Produktionskosten, Entwicklungssprünge können zu mehr Effizienz führen. Wir stehen noch am Anfang einer Entwicklung. Weltweit wird der Verbrennungsmotor mit Sicherheit auch nach 2035 noch eine große Rolle spielen. Und die besten, klimafreundlichsten, effizientesten Verbrennungsmotoren sollen dann weiter von denen gebaut werden können, die ihn perfektioniert haben, die es am besten können – von uns. Wie die Hersteller hier aber letztlich jeweils agieren, ist eine Frage der jeweiligen Unternehmensstrategie.