Emil Frey bringt chinesische Great-Wall-Gruppe nach Europa

15 Jahre nach dem desaströsen Startversuch der chinesischen Marke Brilliance in Europa schlägt einer der sechs größten chinesischen Autokonzerne in Europa ein neues Kapitel auf. Die Great Wall-Gruppe schloss mit Europas größter Autohandelsgruppe Emil Frey eine weit reichende strategische Partnerschaft, wie die Automobilwoche vorab aus den beteiligten Unternehmen erfuhr.

Emil Frey wird als Generalimporteur die beiden Great Wall-Marken Ora und Wey in allen europäischen Ländern vermarkten, in denen Emil Frey derzeit präsent ist. Die Schweizer Autohandelsgruppe werde damit für den Import, die Distribution, die Logistik und das Aftersales-Geschäft von Ora und Wey verantwortlich sein, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung, die der Automobilwoche vorliegt.

Als ersten und wohl auch größten Einzelmarkt in Europa haben die neuen Partner Deutschland auserkoren. Dort soll noch im vierten Quartal diesen Jahres der Verkauf des schicken, rein elektrischen Kompaktwagens Ora "Funky Cat" starten. Im Premiumland Deutschland soll außerdem die Premiummarke von Great Wall starten: Emil Frey wird das Plug-in-Hybrid-SUV Coffee 01 der Marke Wey in den Markt einführen. Beide Modelle hatte Great Wall im vergangenen Herbst auf der IAA Mobility in München vorgestellt.

Die neuen Partner sind zuversichtlich, dauerhaft in Europa Fuß fassen zu können. Denn seit den ersten Gehversuchen chinesischer Hersteller in Europa mit unausgereiften Fahrzeugen haben Chinas Autobauer schnell und viel dazugelernt. "Für Great Wall Motors ist dies ein Meilenstein auf dem Weg nach Europa, dieses Kooperationsprojekt mit Emil Frey stellt die Weichen für unseren Markteintritt und für den Weg zu unseren Kunden, die unsere Fahrzeuge erwarten", erklärte Great-Wall-Europachef Xiangjun Meng.

"In den letzten Monaten haben wir sehr intensive und vertrauensvolle Gespräche mit GWM geführt und dabei sehr schnell festgestellt, dass es viele Schnittmengen zwischen den beiden Unternehmen gibt" sagte seinerseits der Vorstandschef von Emil Frey, Gerhard Schürmann. Tatsächlich musste Emil Frey die Chinesen in rund zweieinhalb Jahre lang geführten Gesprächen überzeugen, welche Vorteile die Vergabe an einen Generalimporteur für die Einführung zweier in Europa völlig unbekannter Marken haben könnte.

"Als wir uns Anfang 2020 für ein erstes Gespräch mit dem GWM-Top-Management getroffen haben, war ich sofort von der technischen Reife und Qualität der Fahrzeuge überzeugt", berichtet Wolfgang Kopplin, Mitglied der Geschäftsführung von Emil Frey und früherer Ford-Vertriebschef in Deutschland. "Die Reaktionen der Fachbesucher und Interessenten auf der IAA Mobility 2021 in München haben gezeigt, dass die Fahrzeuge von GWM sehr innovativ und attraktiv wahrgenommen werden", so Kopplin.

Wie aus dem Umfeld der beiden Partner zu hören ist, zählte für Great Wall letztlich die Erkenntnis, dass eine Partnerschaft mit Emil Frey dem chinesischen Europa-Newcomer erhebliche Vorteile bietet gegenüber dem Aufbau eines eigenen Vertriebs- und Servicenetzes. So erhalten die Chinesen quasi über Nacht und dazu noch kostenlos ein nahezu flächendeckendes Vertriebs-, Service- und Ersatzteilgeschäft in Europa.

Nicht zuletzt bringen die Schweizer einen großen Kundenstamm ein, der künftig womöglich auch einen Blick auf die neuen Marken Ora und Wey werfen wird. Hinzu kommt ein breit aufgestelltes Flottenkundengeschäft, das für die beiden chinesischen Marken perspektivisch auch interessant werden könnte.

In Deutschland bietet Emil Frey derzeit 28 Marken an, von Abarth bis Volvo Cars ist fast jede namhafte Marke im Portfolio vertreten. Mit der Einführung neuer Marken haben die Schweizer seit Jahrzehnten Erfahrung, so übernahmen sie einst den Vertriebsstart von Toyota, Hyundai und Mitsubishi in mehreren europäischen Ländern.

Trotz der aktuellen Ungewissheiten am Automarkt ist man bei Emil Frey sicher, rasch nennenswerte Verkaufszahlen zu erreichen. So sollen noch in diesem Jahr in Deutschland rund 3000 Einheiten verkauft werden, im kommenden Jahr bereits rund 15.000. Sobald weitere Länder in den Vertrieb von Ora und Wey einbezogen werden, dürften diese Zahlen schnell steigen, hofft man.

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