Wachstumsfeld für Zulieferer

Nicht nur Automatisierungsspezialisten werden es mit Interesse zur Kenntnis genommen haben. Im kürzlich veröffentlichten neuen Fünfjahresplan für die Robotik-Industrie hat das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) in Peking erklärt, Innovationen gezielt zu fördern und das Reich der Mitte zu einem weltweit führenden Standort für Roboter-Technologie zu machen.

"China ist der mit Abstand größte Robotermarkt weltweit. Das zeigt sich am jährlichen Absatz ebenso wie am operativen Bestand", erklärt Milton Guerry, Präsident der International Federation of Robotics (IFR). Einen nützlichen Indikator, die dynamische Entwicklung Chinas nachzuvollziehen, liefere zudem die IFR-Statistik zur Roboterdichte. Gemessen an der Anzahl von Industrie-Robotern pro 10.000 Beschäftigte liege Chinas Roboterdichte in der verarbeitenden Industrie derzeit weltweit auf Platz 9 (246 Einheiten) - verglichen mit Platz 25 (49 Einheiten), den das Land noch vor fünf Jahren innehatte.

Bislang bezieht die chinesische Industrie die Roboter hauptsächlich von ausländischen Lieferanten. Die Installationen von ausländischen Robotern – vor allem aus Japan, Korea und Europa – stiegen 2020 um 24 Prozent auf 123.030 Einheiten stark an. Diese Zahl umfasst auch Roboter, die in China von nicht-chinesischen Anbietern produziert werden. Chinesische Roboterhersteller liefern hauptsächlich an den heimischen Markt, wo sie im Jahr 2020 mit 45.347 Einheiten einen Marktanteil von 27 Prozent erzielten.

Vom wachsenden Robotikmarkt profitierern wollen auch die Zulieferer. Einer von ihnen ist der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler. Gleichzeitig will das Unternehmen damit sein Industriegeschäft stärken. Ende Januar hatte der Zulieferer aus Herzogenaurach angekündigt, Melior Motion zu übernehmen, einen Anbieter von Präzisionsgetrieben für die Robotik und andere Automatisierungsanwendungen. Im Zuge der fortschreitenden Automatisierung, sowohl für einfache repetitive Aufgaben wie auch für komplexe Montage- und Fertigungsprozesse, baut die Schaeffler-Sparte Industrial ihre Position als Zulieferer für Komponenten und Systeme von Robotern aus. Im ersten Schritt wurde ein Wellgetriebe mit Elektromotor und Sensorik für die Anwendung in kollaborativen Robotern (Cobots) zur Serienreife entwickelt. Im zweiten Schritt erweitert das Unternehmen nun sein Portfolio um leistungsstärkere Getriebe für höhere Traglasten in Industrieanwendungen.

Melior Motion aus dem nordrhein-westfälischen Hameln hatte 2021 rund 23 Millionen Euro Umsatz erzielt und beschäftigt mehr als 100 Mitarbeiter. Ein weiterer Produktionsstandort in China ist in Planung. Derzeitige Hauptabsatzmärkte von Melior Motion sind Europa und China. Das Unternehmen hat in der Vergangenheit auch mit dem Augsburger Roboterhersteller Kuka zusammengearbeitet.

Stefan Spindler, Vorstand Industrial bei Schaeffler, will mit der Übernahme das noch junge Portfolio für die Aktorik in Robotern ergänzen. "Die besonderen Eigenschaften dieses Portfolios werden wir auch als Anwender von Robotern in unseren 75 Schaeffler-Produktionsstätten zur Steigerung der Effektivität nutzen", so der Vorstand.

Doch auch im Automobilbau gibt es noch Möglichkeiten für weitere Automatisierung. Die größten Potenziale liegen nach Einschätzung von Werner Kraus, Abteilungsleiter Roboter- und Assistenzsysteme beim Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in der Unterstützung der Engineering-Tätigkeiten. "Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz ermöglichen föderiertes und selbstverstärkendes Lernen und Selbstkonfiguration die Übertragung von Prozesswissen auf neue Anwendungsfälle", erklärt er auf Anfrage der Automobilwoche.

Auch Anlagenbauer Kuka sieht noch Reserven in der Automatisierung. "Potenziale liegen hauptsächlich im Bereich der Endmontage", erklärt Gerald Mies, CEO Kuka Systems. Er stellt fest, dass die Fahrzeughersteller aktuell nach Lösungen suchen, um die Effizienz bei der Montage am Fließband zu steigern. "Wir haben dafür beispielsweise eine Lösung mit einem sensitiven Kuka Roboter entwickelt, der sich den Arbeitsplatz mit den Werkerinnen und Werkern entlang der Fließmontage teilt", erläutert der Manager.

Und Andreas Hohmann, Leiter Dürr Consulting registriet ein steigendes Interesse an innovativen Lösungen, um die Automatisierung in der Produktion weiter voranzutreiben. Das gelte vor allem für die Endmontage mit einem gegenwärtigen durchschnittlichen Automatisierungsgrad zwischen acht und zwölf Prozent. Für ihn hängt die Automatisierungsmöglichkeit im Wesentlichen vom Prozess "Design for Assembly/Manufacturing" ab. "Speziell in der Endmontage erleben wir durch sich verändernde Fahrzeugarchitekturen eine höhere Modularität im Fahrzeugaufbau mit einem einhergehend höheren Vormontageanteil", so Hohmann. Zudem würden neue Aufbaureihenfolgen die Möglichkeit eröffnen, das Thema Automatisierung in der Endmontage wieder neu zu betrachten.

Lesen Sie auch:

Weltweite Roboterdichte in fünf Jahren verdoppelt: Roboterdichte in deutscher Industrie auf Rekordhoch

Roboterbauer: Kuka verlässt die Börse

Modulare Produktion: Jungheinrich übernimmt Robotik-Start-up Arculus

Dazu aus dem Datencenter:

Steigerungspotenzial durch Industrie 4.0