Chapeau, sagen die Franzosen, wenn sie vor einer menschlichen Leistung den Hut ziehen. Wir ziehen den Hut vor Michael Lohscheller, der Opel nach vier arbeitsreichen Jahren überraschend verlässt. Der großgewachsene Gentleman der deutschen Autobranche hat die Größe, sich auf ein und demselben Foto gemeinsam mit seinem Nachfolger und Opel-Aufsichtsratchef Xavier Chéreau ablichten zu lassen.
Das Bild soll Einvernehmlichkeit ausstrahlen, denn eines kann Opel gewiss nicht gebrauchen: Ärger in und Zweifel an der Führung. Ob der am Dienstag angekündigte Wechsel aber tatsächlich am Ende einer harmonischen Entwicklung steht, kann bezweifelt werden.
Während Lohscheller im früheren PSA-Konzern noch Mitglied des aus nur vier Personen bestehenden Konzernvorstands und des 18 Mitglieder zählenden Executive Committee war, wurde er mit der Gründung des neuen Stellantis-Konzerns Anfang des Jahres zum bloßen Markenchef gestutzt.
Schon zuvor hatte Opel die Hoheit über seine Produktionswerke verloren. Sie wurden 2019 vollständig in den damaligen PSA-Konzern integriert und sind seither Multi-Marken-Standorte - ebenso freilich wie alle übrigen PSA-Standorte.
Der entscheidende Machtschwund in Rüsselsheim kam durch die Fusion von PSA und FCA. Opel wurde und wird in der Stellantis-Gruppe noch enger in die Konzernstruktur integriert, die Ämter des Vertriebschefs und des Finanzvorstandes wurden schlichtweg gestrichen. Opel auf einer Stufe mit DS, Lancia und RAM? Für Lohscheller offenbar keine verlockende Perspektive.