Mittelständler setzt auf Produktion in Deutschland

Wenn deutsche Zulieferer oder Automobilhersteller neue Produktionen aufbauen, dann tun sie das meist östlich von Deutschland oder in neuen Märkten. Immer wieder werden auch Produktionen aus Deutschland ausgelagert. Nicht so beim Mittelständler baier & michels. Der Spezialist für Kaltumformteile steckt gerade rund 20 Millionen Euro in eine neue Produktionshalle, um seine Fertigung in Ober-Ramstadt am Rande des Odenwalds erheblich auszubauen. Mittelfristig rechnet das 500-Mitarbeiter-Unternehmen mit mehreren hundert neuen Jobs in Deutschland.

Das Unternehmen, seit 1973 unter dem Dach der Würth-Gruppe, ist als Schraubenhersteller auf die Kaltumformung, also Pressen und Walzen von Teilen, spezialisiert und erzielt etwa 90 Prozent von zuletzt 180 Millionen Euro Umsatz mit Automobilzulieferern und -herstellern. Etwa die Hälfte der rund 500 Mitarbeitenden ist in Deutschland tätig.

Dafür, dass Deutschland als Standort für die neue Fertigung nicht nur sinnvoll, sondern fast schon zwingend ist, nennt Geschäftsführer Jörg Pohl im Gespräch mit Automobilwoche vor allem zwei Gründe: innovative Produkte und innovative Prozesse.

„Wir haben in den vergangenen Jahren Produkte entwickelt, die praktisch konkurrenzlos sind und den Kunden so hohen Nutzen bieten, dass etwa die Lohnkosten nicht die zentrale Rolle spielen.“ Das seien vor allem Schrauben für Metalle und andere Werkstoffe, die beim Eindrehen selbst ein Gewinde in das jeweilige Bauteil pressen, sodass der separate Prozess des Gewindeschneidens beim Kunden entfallen kann.

Möglich ist die Herstellung solcher Produkte Pohl zufolge nur durch selbst entwickelte innovative und komplett durchdigitalisierte Fertigungsprozesse. Die Anlagen sind nicht nur teuer, sondern in ihnen steckt so viel selbst entwickelte Technologie, dass Pohl sie schon aus Gründen des Know-how-Schutzes nicht im Ausland aufstellen möchte. Schon der Aufbau solcher Anlagen erfordere Wissen, das im Ausland eher nicht zu finden ist.

Auch mit der Erweiterung des Werks in Ober-Ramstadt setzt das Unternehmen eine Fertigungsinnovation um, die neue Produkte ermöglicht. „Mit unserem Ecco Tec genannten Prozess können wir klassische Langdrehteile die üblicherweise per Drehen oder Fräsen, also spanend, gefertigt werden, per Kaltumformung herstellen“, erläutert Pohl. Das seien zum Beispiel Wellen für Elektromotoren, aber auch wesentlich komplexere Bauteile.

Statt fünf oder sechs Teilen pro Minute mit den klassischen Produktionsverfahren fertige baier & michels 60 Stück pro Minute mit hoher Präzision und ohne dass dabei Abfall in Form von Spänen entstehe. „Die Produktionstechnologie, die wir in der neuen Halle realisieren, bietet so große Vorteile, dass wir mit Sicherheit weiter in diese Technologie investieren und mittelfristig einige hundert weitere Arbeitsplätze in Deutschland schaffen werden“, ist Pohl überzeugt.

Von den Strompreisen hat sich das Unternehmen durch Eigenerzeugung weitgehend abgekoppelt. „Wir haben praktisch alle verfügbaren Flächen mit Fotovoltaikanlagen belegt, sodass wir jährlich rund eine Million Kilowattstunden Strom erzeugen. Das entspricht fast unserem kompletten Bedarf“, erläutert der Geschäftsführer.

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