Offiziell: Northvolt stellt Insolvenzantrag nach US-Recht

Die Ambitionen sind gewaltig: Northvolt soll zum europäischen Gegengewicht zu den asiatischen Elektroauto-Batterieherstellern werden. Entsprechend hoch ist der Druck auf das schwedische Unternehmen, Abnehmer in den benötigen hohen Stückzahlen zu beliefern. Doch genau dabei gibt es Probleme, die offenbar größer sind als bisher bekannt.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters mit Bezug auf anonyme Informanten berichtet, verfehlt Northvolt in seiner Fabrik in Skellefteå fast durchgehend die eigenen Produktionsziele. Demnach gibt es interne Dokumente, die das für den Zeitraum von Anfang September bis zum 10. November belegen.

So lieferte Northvolt in der Woche ab dem 21. Oktober nur 22.000 Zellen aus, die als versandfähig eingestuft wurden. Das Ziel lag bei 30.000 Stück. Vom Ziel, bis zum Jahresende 100.000 Zellen pro Woche ausliefern zu können, ist das Unternehmen demzufolge weit entfernt.

Erst im Sommer hatte Northvolt wegen der Schwierigkeiten beim Hochlauf der Produktion einen Großauftrag von BMW verloren. Der Volkswagen-Konzern als größter Anteilseigner hat nach Informationen der Automobilwoche daraufhin eine interne Task Force gegründet.

Dem Bericht zufolge haben die Produktionsprobleme mit fehlerhaften Maschinen, unerfahrenem Personal und unrealistischen Erwartungen zu tun. Northvolt widersprach dieser Darstellung auf Anfrage von Reuters.

Wohl aber hatte Northvolt-Chef Peter Carlsson der schwedischen Publikation "Dagens industri" im Juli gesagt, dass die Expansionspläne des Unternehmens zu aggressiv gewesen seien. Im September kündigte Northvolt daraufhin an, 1600 Mitarbeitende in Schweden zu entlassen – rund ein Viertel der dortigen Belegschaft.

Um die Qualität der produzierten Batteriezellen zu verbessern, drosselt Northvolt das Produktionstempo zusätzlich. So gibt es Berichte, wonach die Produktion in einem der beiden Fabrikgebäude in Skellefteå seit Ende Oktober ruht.

Das Unternehmen bestätigte Informationen, wonach der Betrieb am Standort aktuell in weniger Schichten läuft. Experten zufolge kann eine langsamere Fertigung die Qualität der hergestellten Batterien verbessern und dadurch den Ausschuss verringern.

Doch die Krise geht so tief, dass Northvolt nun sogar eine Sanierung nach amerikanischem Insolvenzrecht beantragt hat – eine sogenannte Chapter 11 Bankruptcy. Entsprechende Medienberichte hat das Unternehmen mittlerweile bestätigt.

"Northvolt wird während der Reorganisation wie gewohnt weiterarbeiten, ähnlich wie andere internationale Unternehmen, die das Chapter-11-Verfahren zur Reorganisation ihrer finanziellen Verpflichtungen genutzt haben", hieß es in einer Mitteilung. Dazu genügt eine Niederlassung in den USA.

Eine Chapter-11-Insolvenz gilt als Reorganisationskonkurs, der es den betroffenen Unternehmen ermöglicht, ihren Betrieb aufrechtzuerhalten und gleichzeitig einen Plan zur Rückzahlung an die Gläubiger zu erstellen.

Northvolt verspricht sich davon den Zugang zu neuen Finanzierungsquellen, einschließlich etwa 145 Millionen US-Dollar an Barsicherheiten. Den Angaben zufolge hat sich zudem einer der bestehenden Kunden verpflichtet, eine Finanzierung in Höhe von 100 Millionen Dollar bereitzustellen, um den Geschäftsbetrieb von Northvolt in Form einer Debtor-in-Possession-Finanzierung (DIP) zu unterstützen.

Die Restrukturierung soll im ersten Quartal 2025 abgeschlossen werden. Bis dahin sollen Vereinbarungen mit strategischen und finanziellen Investoren geschlossen werden.

Trotz der Probleme geht der Bau der neuen Fabrik im norddeutschen Heide weiter. Der Standort ist demnach "separat finanziert". Dort sollen etwa 3000 Arbeitsplätze entstehen. (mer)

Dieser Artikel ist am 19. November veröffentlicht worden. Northvolt hat die US-Insolvenz am 21. November bestätigt. Wir haben den Artikel entsprechend aktualisiert.