In der Fabrik für feine Textilien im Norden der Stadt orderte Hubert Waltl einst seinen Hochzeitsanzug. Seit 2015 lässt der Produktionsvorstand von Audi in dem historischen Backsteingebäude die nächste industrielle Revolution vorbereiten.
Das in Ingolstadt ansässige Start-up Arculus, gegründet mit dem Kapital des Autoherstellers, soll eine Endmontage ohne Fließband ermöglichen. „Heute soll jeder Audi so individuell sein wie ein Maßanzug“, sagt Waltl. Dem Wandel zu immer größerer Varianten- und Ausstattungsvielfalt steht das Fließband als Taktgeber entgegen. Es kennt keine Überholspur, und so müssen weniger gut ausgestattete Varianten auf die arbeitsintensiveren Karossen warten.Die Alternative zum Fließband hat Fabian Rusitschka, Geschäftsführer von Arculus, schon während seiner Zeit bei Audi entwickelt: eine modulare Fertigung, bei der die Montageschritte an nicht miteinander verketteten Stationen durchgeführt werden. Die Karosserie, montiert auf einem autonomen Transportsystem, findet ihren Weg zur nächsten Station allein. Wohin der Werkstückträger fährt, bestimmt ein Zentralrechner. Hindernisse erkennt er mithilfe von Lasersensoren, die auch der aktuellen Positionsbestimmung dienen.
Die modulare Fertigung soll nach Aussage Rusitschkas einen Produktivitätsgewinn von rund 20 Prozent bringen. „Je größer die Variantenvielfalt ist, desto ausgeprägter ist der Vorteil.“ Ein Teil des Zuwachses stammt daraus, dass Umrüstungen und Wartungsarbeiten an einer Station nicht die gesamte Produktion stilllegen. Die klassischen Umbau-Ferien zum Modellwechsel im Sommer könnten damit eines Tages entfallen.