Moosburg. Der Spezialchemieanbieter Clariant will mit neuen Materialien die Batterien von Elektro- und Hybridautos sicherer machen und investiert dafür einen dreistelligen Millionenbetrag in Forschung und Produktion. „Inhärent sicher“, so Entwicklungschef Norbert Schall, sei das Kathodenmaterial Lithium-Eisenphosphat. Die heute meist verwendeten Cobalt-Nickel-Verbindungen enthalten Sauerstoff, der bei stark steigenden Temperaturen dazu führen kann, dass sich die Batterie von selbst entzündet. Nach zwölfjähriger Entwicklungszeit hat Clariant 2012 in Quebec eine Anlage in Betrieb genommen, mit der pro Jahr 2500 Tonnen batterietaugliches Eisenphosphat produziert werden können. Derzeit ist eine Vollauslastung der 80-Millionen-Dollar-Investition aber noch nicht in Sicht: Bislang setzen die meisten Autohersteller auf klassische Technik. Lediglich einige asiatische Kunden, darunter die durch einen spektakulären Unfall mit einem Elektrotaxi in Verruf geratene Marke BYD, setzen auf das neue Material. Für den Wettbewerber BASF ist Lithium- Eisenphosphat trotzdem so interessant, dass der Zulieferer im März 2012 eine Lizenzvereinbarung mit Clariant getroffen hat.
Clariant steigt ins Batteriegeschäft ein
Ein Grund für die Zurückhaltung europäischer Kunden dürfte das etwas geringere Spannungsniveau sein, das mit Eisenphosphat in der einzelnen Batteriezelle zu erreichen ist. Da Zellspannung und Ladekapazität bei sonst unveränderter Bauweise direkt voneinander abhängig sind, sinkt die Reichweite. „Allerdings können wir bei einer Eisenphosphat-Batterie auch nach 8000 Entladezyklen noch 80 Prozent des theoretischen Energieinhalts tatsächlich nutzen“, so Schall. Zudem sei das Material besonders rasch mit Elektronen zu beladen, die Leistungsausbeute sei daher absolut wettbewerbsfähig, vor allem bei Hybridfahrzeugen. An der nächsten Kathodengeneration arbeitet Schall dennoch schon: In einigen Jahren sollen Spinelle (Kristalle) auf Basis von Magnesium und Eisen das Lithium einlagern. Die Zellspannung stiege dann deutlich über den Wert heutiger Lithium- Ionen-Batterien. Für die Anode hat Clariant ebenfalls neue Ideen. Lithium-Titanat heißt das Wunschmaterial, das sich weniger leicht entzündet als Graphit und dabei Entladegeschwindigkeiten „in der Nähe von Ultra-Caps“, auch bekannt als Superkondensatoren, bietet. 2013 soll die erste Pilotanlage in Betrieb gehen.