Das sind die wichtigsten Auto-Innovationen

Die Nachbarn haben im Dezember ein neues Auto gekauft – das erste seit fast 15 Jahren. Sie wechselten von einem 2007er Citroën C4 Picasso auf ein 2021er Tesla Model 3. Der Ehemann hat sich ins Bordbuch verbissen und geht jetzt akribisch einen Menüpunkt nach dem anderen durch. Die Ehefrau aber zuckt mit den Schultern. "Das ist doch kein Auto mehr, das ist ein Computer", sagt sie. Und fügt hinzu: "Das brauche ich doch alles nicht." Der Sohn solle sich das einmal anschauen.

Automobilmanager sind oft hochzufrieden, wenn sie Innovationen ins Fahrzeug bringen. Doch viele Verbraucher, die nur alle paar Jahre ein neues Auto kaufen, nehmen die Neuerungen als Revolution wahr. Und fühlen sich teils überfordert.

Was im Automobilgeschäft deshalb am Ende zählt, ist die breite Akzeptanz der Innovationen. Hier skizzieren wir die wichtigsten Errungenschaften rund ums Automobil der vergangenen 20 Jahre – ohne Gewähr auf Vollständigkeit.

Als breit angerkannte Innovation gilt das überaus nützliche LED-Licht, am besten gekoppelt mit intelligenter Lichtsteuerung, die ihrerseits gekoppelt ist an dieAssistenzsysteme des Fahrzeugs. So kann ein smarter Lichtstrahl beispielsweise Navigationshinweise auf die Fahrbahn "pinseln".

Der Zulieferer Hella verwendet dafür den Begriff "360° Digital". Im Jahr 2002 dagegen war gerade das Xenon-Licht entwickelt worden. Die allermeisten Autofahrer stierten damals noch dank uralter Halogen-Funzeln ins Trübe.

Nahezu keine Innovation der vergangenen Jahre ist ohne diesen Rohstoff denkbar: Software. Sie regiert auch das Fahrzeug. All die vielen Funktionen und Automatismen, die unverzichtbare gesamte Konnektivität mit den Werkzeugen des Digitalzeitalters: Ohne eine intelligente Software ist das moderne Auto nicht mehr denkbar und nicht mehr verkäuflich.

Technologien aus der Luftfahrt ziehen damit ins Auto ein, wie die Radartechnik (Lidar) und auch "Fly-by-Wire"-Lösungen, alles zentral gesteuert von einer immer komplexeren Bordelektronik.

Das Ziel des gigantischen Aufwands: mehr Komfort und Sicherheit für die Nutzer. Die modernen Assistenten für das Notbremsen, Lenken und Überwachen basieren auf Software. Deshalb tobt in der Branche ein Kampf um Programmierer. Deshalb geben Autokonzerne Milliardenbeträge für Partnerschaften mit großen Technologiekonzernen aus.

2002 steckte bei den meisten Modellen der größte Teil der Software noch in der Entertainment-Einheit. Zur Bedienung des mit möglichst vielen Rundinstrumenten ausgestatteten Cockpits reichten ein paar Dreh- und Kippschalter. Zur Erinnerung: Das von Bosch entwickelte Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) kam 1995 im S-Klasse Coupé von Mercedes erstmals auf den Markt und war im Gründungsjahr der Automobilwoche noch kein Standard in allen Fahrzeugklassen.

So offensichtlich wie der Antrieb ist wohl keine automobile Neuerung. Der Verbrenner stirbt aus, zumindest sofern er von fossilen Brennstoffen befeuert wird. E-Fuels werden eine Nische bleiben. In Europa wird das noch früher geschehen als in anderen Weltregionen wie Amerika oder Asien. Das hat die EU-Politik in Brüssel längst beschlossen.

Alle Automobilbauer – von einigen wenigen Nischenherstellern abgesehen – haben deshalb ihre Elektro-Pläne weiter beschleunigt und entwickeln ihre Verbrennermotoren praktisch nicht mehr weiter. Doch das bedeutet nicht das Aus für Innovationen. Die Verbraucher werden auch beim Elektroauto stärker auf den realen Verbrauch achten und nicht mehr nur auf die theoretische Reichweite. Sie werden einfache Abrechnungssysteme bevorzugen und einfach zu bedienende Ladesysteme. So weit ist der Markt aber noch nicht.

Im Jahr 2002 dagegen war die Antriebswelt noch ausnahmslos beherrscht vom Verbrenner. In Europa und in Deutschland besaß dabei der Dieselmotor auch imPkw-Segment eine führende Rolle. Es herrschte der Kampf um Leistung. Das Prestigeduell in der Motorentechnik trugen die Sechszylinder gegen die Achtzylinder aus – herrliche Zeiten für so manchen Auto-Enthusiasten. Doch aus und vorbei. Politik und Gesellschaft wollen den Umstieg.

Mit dem batterieelektrischen und dem vorwiegend im Nutzfahrzeugbereich angesiedelten wasserstoffbasierten Antrieb geht jetzt der Umbau des Ökosystems Tankstelle einher. Neue Partnerschaften mit der Energiebranche, mit Kommunen und smarten Dienstleistern etablieren sich. Die Verbraucher müssen gewaltig umdenken und das Einmaleins des Lademanagements beherrschen. Wie einfach war das doch noch 2002 – an die nächste Tanke ranfahren und einmal volltanken, bitte.

Selbst Volvo spricht nicht mehr nur vom soliden "Schwedenstahl", sondern von der Notwendigkeit, die schweren E-Antriebe in möglichst leichten Karosserien unterzubringen. Jedes Gramm zählt bei dem Ziel, die CO2-Emissionen zu senken. Deshalb hat sich das Angebot auf dem Markt der Materialien seit 2002 vervielfacht.

Vor 20 Jahren gab es dagegen nur Stahl und ein wenig Aluminium. Diese Traditionsmaterialien müssen sich heute mit Hightech-Kunststoffen, Hybridmaterialien und raffinierten Leichtbau-Konstruktionen messen. Für den Stahl spricht derzeit vor allem noch der Preis und nicht zuletzt die gute Recyclingfähigkeit. Doch die Entwicklung geht weiter. "Grüne" Materialien sind gefragt und lassen noch reichlich Raum für weitere Innovationen.

Die wahre Revolution der modernen Mobilität komme nicht mit dem Schwenk zum E-Antrieb, sondern mit der Entwicklung des Roboter-Autos. Das meinen zumindest manche Auguren. Einer von ihnen ist Toyota-Präsident Akio Toyoda. Er will in der künftigen Modellstadt "Woven City" austesten, was das voll vernetzte und voll autonom fahrende Fahrzeug mit dem Menschen und seinem Leben macht.

Rein technisch gesehen ist das Roboterauto "nur" eine Verknüpfung von solider Sensortechnik mit kluger Software. Doch noch kaum abzuschätzen sind die Möglichkeiten des voll oder nahezu voll autonom fahrenden Autos fürdie Mobilität der Bevölkerung. Kinder und gebrechliche Menschen könnten dann ohne fremde Hilfe weite Strecken überwinden. Eine Vielzahl neuer Dienstleistungen ist vorstellbar. Die Städte könnten völlig anders organisiert werden – ohne Parkplatz-Ödnis und Tiefgaragen-Bunker, ohne vielspurige Pendler-Rennstrecken. Manche Stadt würde erst dann wieder ihren eigentlichen Charakter wiederbekommen.

Aber es gilt auch, eine riesige Herausforderung im Bereich Logistik zu meistern. Und es kommen erhebliche soziale Probleme, wenn Millionen von Bus-, Taxi- und Lkw-Fahrern nicht mehr gebraucht werden.

Für den Kunden nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind dieVorteile der modernen Plattformstrategie im Automobilbau. Doch nur durch die Verwendung von ganzen Plattformen, am besten mitsamt wesentlichen Antriebs- und Lenkungskomponenten (Skateboard-Plattformen), wird das Automobil bezahlbar, vielseitig und interessant bleiben.

Erst eine konsequente Gleichteile-Strategie macht es Autobauern möglich, trotz der milliardenschweren Entwicklungskosten für die Transformation des Automobils die notwendigen Erträge zu erwirtschaften. Volkswagen hat es vorgemacht.

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